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  • · Fachbeitrag · Widerrufsrecht

    Grober Undank: BGH gibt Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    • 1. Das Widerrufsrecht des Schenkers wegen groben Undanks des Beschenkten knüpft an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers an, die dieser erwarten darf. Ob der Beschenkte diesen Erwartungen in nicht mehr hinnehmbarer Weise nicht genügt hat, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände zu beurteilen.
    • 2. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können dabei neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung für die Vertragsparteien auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben.

    (BGH 13.11.12, X ZR 80/11, Abruf-Nr. 130051)

    Sachverhalt

    Der Beklagte übertrug seiner Lebensgefährtin (Klägerin) ein unentgeltliches unbefristetes Wohnrecht an seinem gesamten Wohnhaus, ausdrücklich auch für den Fall, dass die Lebensgemeinschaft zwischen den Parteien aufgegeben wird. Die Klägerin war, als der Beklagte sie kennenlernte, als Prostituierte tätig. Als der Vertrag geschlossen wurde, lebten die Parteien in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Sie heirateten im Jahre 2005, die Ehe wurde im Jahre 2008 geschieden.

     

    Der Beklagte hat Ende 2007 den Widerruf der Schenkung erklärt, da die Klägerin ohne sein Wissen und entgegen ihrem 1999 gegebenen Versprechen seit 2001 wieder als Prostituierte tätig gewesen sei und zudem ein ehewidriges Verhältnis unterhalten habe.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 530 Abs. 1 BGB kann der Schenker die Schenkung widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht. Dieses Recht knüpft an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers an, die dieser vom Beschenkten erwarten kann. Entscheidend für die Annahme groben Undanks ist, ob der Beschenkte diesen Erwartungen in nicht mehr hinnehmbarer Weise nicht genügt hat. Der Widerruf setzt deshalb nicht nur objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus, sondern es ist ferner erforderlich, dass die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf.

     

    Die Klägerin hatte versprochen, die Prostitution aufgeben zu wollen. Auf der Grundlage dieses Versprechens übertrug der Beklagte der Klägerin das Wohnrecht, das ihr eine gesicherte neue Lebensgrundlage verschaffen sollte. Darauf sollte sich die Klägerin auch im Falle des Scheiterns ihrer Beziehung zum Beklagten verlassen können. Damit erhielt die Klägerin eine Schenkung, durch die zeitlebens, unabhängig vom Fortbestand ihrer Beziehung zum Beklagten, ihr Wohnbedarf gesichert war und die damit einen erheblichen wirtschaftlichen Wert verkörperte. Für diese Zuwendung gab es keine andere Veranlassung des Beklagten als die gemeinsame Vorstellung der Parteien, die Klägerin werde, wie sie es zugesagt hatte, die Prostitution aufgeben.

     

    Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände, die zu der Schenkung geführt haben, widersprach es objektiv einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Beklagten, wenn sich die Klägerin alsbald nach Abschluss des sie begünstigenden notariellen Vertrages über ihr Versprechen hinwegsetzte und die Prostitution wieder aufnahm. Es liegt nahe, diese Verfehlung auch subjektiv als Ausdruck einer Gesinnung der Klägerin zu werten, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten durfte.

     

    Praxishinweis

    Näher hätte hier gelegen zu prüfen, ob es sich bei der Schenkung nicht sogar um eine Zweckschenkung gehandelt hat. Bei einer Zweckschenkung kommt ein Rückforderungsrecht nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wegen Zweckverfehlung in Betracht. Zweck der Schenkung war hier, der Klägerin mit der Schenkung dauerhaft stabile Lebensverhältnisse außerhalb der Prostitution zu schaffen. Dieser Zweck wurde verfehlt, nachdem die Klägerin wieder der Prostitution nachging.

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 36 | ID 37478670