Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 27.09.2010 | Betreuungsunterhalt

    So wird der Betreuungsunterhalt für ein volljähriges behindertes Kind richtig bemessen

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Auch im Fall der Betreuung eines volljährigen behinderten Kindes kommt ein Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB nur in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Sind die Eltern allerdings übereinstimmend der Auffassung, dass eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes erforderlich ist, ist für die Bemessung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB von der Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung auszugehen. Der Umfang der danach notwendigen persönlichen Betreuung ist bei der Bemessung der Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen (BGH 17.3.10, XII ZR 204/08, FamRZ 10, 802, Abruf-Nr. 101242).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten um Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Betreuungsunterhalt. Ihre Ehe wurde im Jahr 98 geschieden. Seit der Trennung lebt der gemeinsame volljährige Sohn bei der Beklagten. Er ist schwerbehindert und bedarf ständiger Pflege. Wegen dessen Betreuung erzielt die Beklagte kein Erwerbseinkommen. Der Kläger bezieht monatliche Nettoeinkünfte von rund 1.900 EUR. Er lebt in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, aus der drei Kinder hervorgegangen sind, die im Jahr 98, 01 und 03 geboren sind. Für den Kindesunterhalt musste er im Jahr 08 monatlich 692 EUR zahlen. Das AG hat den Unterhalt auf monatlich 233 EUR herabgesetzt. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG den Unterhalt auf 334 EUR erhöht. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hat zur Herabsetzung auf 233 EUR ab Januar 10 geführt.  

     

    Entscheidungsgründe

    § 1570 BGB ist nicht nur auf die Pflege oder Erziehung eines minderjährigen Kindes anwendbar, sondern auch bei Betreuung eines behinderten volljährigen Kindes als Anspruchsgrundlage einschlägig. Die Beurteilung richtet sich allerdings auch hier nach Billigkeitsgesichtspunkten. Wenn jedoch die Eltern übereinstimmend der Ansicht sind, dass eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes erforderlich ist, ist auch im Rahmen des § 1570 BGB von dieser Notwendigkeit auszugehen.  

     

    Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten darf nach der Bildung des Quotenunterhalts (3/7-Quote) kein geringerer Unterhaltsbedarf als das Existenzminimum von zurzeit 770 EUR zustehen. Durch die Zubilligung eines Mindestbedarfs ist der Halbteilungsgrundsatz nicht in Frage gestellt. Denn dem Unterhaltspflichtigen muss der Selbstbehalt verbleiben, der im Regelfall über dem Existenzminimum und damit über dem Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten liegt. Grund: Bei der Bemessung des notwendigen Selbstbehalts ist ein Erwerbsanreiz für die Erwerbstätigkeit enthalten.