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  • 24.02.2011 | Ehegattenunterhalt

    Bei konkreter Bedarfsermittlung kein Abzug des Erwerbstätigenbonus

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ihn eine entsprechende Obliegenheit trifft. Vermag der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit nicht zu erlangen, ergibt sich der Anspruch zum Teil aus § 1573 Abs. 1 BGB - Erwerbslosigkeitsunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 16.12.87, FamRZ 88, 265).  
    2. Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbstätigenbonus, sondern im vollen Umfang auf den Bedarf anzurechnen.  
    3. Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und damit verbundene Erwerbsnachteile erlangt hätte (im Anschluss an Senatsurteile vom 20.10.10, und vom 4.8.10, FamRZ 10, 1633). Die besseren Verhältnisse des anderen Ehegatten sind für den sich nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bemessenden Bedarf ohne Bedeutung.  
    (BGH 10.11.10, XII ZR 197/08, FamRZ 11, 192, Abruf-Nr. 110037)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt. Aus der 1982 geschlossenen Ehe sind zwei in den Jahren 1985 und 1987 geborene Kinder hervorgegangen. Die Eheleute trennten sich im August 03. Das Verbundurteil ist hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit dem 23.8.08 rechtskräftig. Der Antragsteller ist Laborarzt in einer Gemeinschaftspraxis. Die Antragsgegnerin ist ausgebildete MTA. Sie ist in der Praxis des Antragstellers angestellt, ohne tatsächlich dort zu arbeiten, bezieht aber ein Nettoeinkommen von etwa 1.000 EUR monatlich. Die Antragsgegnerin bewohnt die ehemalige Ehewohnung. Seinen Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhausgrundstück hat ihr der Antragsteller nach der Trennung übertragen. Die Antragsgegnerin macht nachehelichen Unterhalt geltend und hat ihren Bedarf konkret berechnet. Der Antragsteller hat seine Leistungsfähigkeit nicht in Frage gestellt, aber die Höhe des Bedarfs bestritten und eine Unterhaltsbegrenzung geltend gemacht. Das AG hat den Antragsteller zu monatlichem Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt verurteilt und den Unterhalt bis 31.8.13 befristet. Das OLG hat den Elementarunterhalt sowie den Altersvorsorgeunterhalt herabgesetzt und den Unterhalt für die Folgezeit bis September 18 stufenweise herabgesetzt und schließlich bis 31.8.23 befristet. Dagegen richtet sich die Revision des Antragstellers, der eine Befristung des Unterhalts bis 31.8.18 begehrt. Diese führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.  

    Entscheidungsgründe

    Das OLG hat den Anspruch zu Unrecht auf § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) gestützt. Als Anspruchsgrundlage kommt vielmehr § 1573 Abs. 1 BGB in Betracht. Denn die Antragsgegnerin kann nur über eine geringfügige Beschäftigung einen beruflichen Wiedereinstieg erreichen. Im Übrigen hat sie keine Erwerbsobliegenheit.  

     

    Allerdings ist eine exakte Festlegung der Anspruchsgrundlagen auch für spätere Abänderungsverfahren noch nicht erforderlich. Es muss aber klargestellt werden, dass das von dem Antragsteller an die Antragsgegnerin ohne eine Erwerbstätigkeit gezahlte Arbeitsentgelt noch keine nachhaltig gesicherte Tätigkeit im Sinne des § 1573 Abs. 4 BGB begründet.