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  • 24.03.2011 | Ehegattenunterhalt

    BVerfG kippt Dreiteilungsmethode des BGH

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ unter Anwendung der Berechnungsmethode der sog. Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfG 25.1.11, 1 BvR 918/10, FamRZ 11, 437, Abruf-Nr. 110775).

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BVerfG hat gravierende Konsequenzen für die Praxis. Denn ab sofort muss der Nachscheidungsunterhalt neu berechnet werden. Viele Titel werden abgeändert werden müssen. Zu den Konsequenzen im Überblick:  

     

    Übersicht: Konsequenzen der Entscheidung des BVerfG für die Praxis
    • Unterhaltspflicht gegenüber neuem Ehegatten prägt die ehelichen Lebensverhältnisse nicht: Es ist nicht mehr zulässig, Unterhaltspflichten gegenüber dem neuen Ehegatten des unterhaltspflichtigen Ehegatten als bedarfsprägend für die Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe anzusehen. Der Bedarf der geschiedenen Ehe ist damit ohne Berücksichtigung derartiger Unterhaltspflichten zu bemessen. Damit verlagert sich die Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten auf die Stufe der Leistungsfähigkeit. Folge: Es rückt nun § 1581 BGB in den Mittelpunkt der Unterhaltsberechnung. Welche Auswirkungen danach eine derartige Unterhaltspflicht auf die Unterhaltsberechnung hat, hängt davon ab, ob der neue Ehegatte dem geschiedenen gegenüber nachrangig, vorrangig oder gleichrangig ist.

     

    • Entscheidung lässt Fragen offen: Unklar ist, ob nun auch die Berücksichtigung nach der Scheidung entstandener Unterhaltspflichten gegenüber Kindern die Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe nicht zu prägen vermag. Das BVerfG hat sich damit nicht befasst. Seine Ausführungen dazu sind nicht eindeutig. Der Senat hat ausgeführt, dass die ehelichen Lebensverhältnisse auch durch unvorhersehbare nacheheliche Einkommensverringerungen aufseiten des Unterhaltspflichtigen bestimmt werden können, soweit sie nicht vorwerfbar herbeigeführt wurden und bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten.

     

    Damit knüpft das BVerfG an die frühere Argumentation des BGH an, dass nach der Scheidung entstandene Unterhaltspflichten gegenüber Kindern zum einen nicht vorwerfbar sind und zum anderen die ehelichen Lebensverhältnisse deswegen prägen, weil der geschiedene Ehegatte diese Unterhaltspflichten auch gegen sich gelten lassen müsste, wenn die Ehe fortbestehen würde. Diese Annahme ist allerdings zweifelhaft, wenn das Kind aus einer Beziehung hervorgegangen ist, die gerade wegen des Scheiterns der Ehe eingegangen worden ist.

     

    Gleiches könnte im Übrigen auch für die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten gelten. Müsste der geschiedene Ehegatte die Verbindlichkeiten auch bei Fortbestand der Ehe gegen sich gelten lassen, spricht vieles dafür, sie als eheprägend zu behandeln. Sind sie aber gerade erst durch die Scheidung verursacht, kommt eine Beeinflussung der ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe nicht in Betracht.
     

     

    Lesen Sie dazu unsere ausführliche Sonderausgabe mit umfangreichen Berechnungsbeispielen.