26.06.2008 | Ehegattenunterhalt
Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse
a. Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung aufseiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. |
b. Das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber z.B. ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs. |
c. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich leichtfertigem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen. |
(BGH 6.2.08, XII ZR 14/06, FamRZ 08, 968, Abruf-Nr. 081283) |
Sachverhalt
Der Kläger und die Beklagte zu 1) sind geschieden. Aus ihrer Ehe sind die Beklagten zu 2) und zu 3) hervorgegangen. Diese leben bei der Beklagten zu 1). Der Kläger und die Beklagte zu 1) schlossen einen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt. Der Kindesunterhalt ist durch Jugendamtsurkunde tituliert. Später hat der Kläger wieder geheiratet. Aus dieser Ehe ist eine weitere Tochter hervorgegangen. Der Kläger wohnt mit seiner neuen Ehefrau und seiner jüngsten Tochter mietfrei im Haus der neuen Ehefrau. Es wurden auf den nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1) monatliche Teilbeträge beigetrieben. Einen Teil hinterlegte der Kläger auf die Unterhaltsansprüche der Beklagten bei deren Prozessbevollmächtigtem. Mit der Klage verlangt der Kläger Wegfall des nachehelichen Unterhalts, Herabsetzung des Unterhalts gegenüber den Kindern, Rückzahlung des beigetriebenen nachehelichen Unterhalts und Kindesunterhalts sowie die Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung. AG und OLG haben der Klage teilweise stattgegeben. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Splittingvorteil aufgrund der Wiederheirat des Klägers bleibt unberücksichtigt. Dies gilt auch für die Leistungsfähigkeit. Das begrenzte Realsplitting ist nur bei freiwilligen Unterhaltszahlungen, anerkanntem oder tituliertem Unterhalt möglich. Letzteres einschränkend insoweit, als der titulierte Unterhalt nicht mit der Abänderungsklage angegriffen sein darf. Soweit hier die Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings möglich war, ist er aufgrund des nach Steuerklasse I umgerechneten Einkommens des Klägers und nicht nach dem tatsächlich erzielten Einkommen gemäß Steuerklasse III zu berechnen. Die Steuerrückzahlung des Klägers ist in voller Höhe in die Bedarfsberechnung einzustellen.
Der Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder ist aufgrund des nach Steuerklasse I berechneten Einkommens fiktiv zu ermitteln und als Vorwegabzug beim Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen. Denn der eheprägende Kindesunterhalt darf auch nur aufgrund des eheprägenden Einkommens ermittelt werden. Ferner ist auch das nach der Scheidung geborene Kind eheprägend. Dafür ist ebenfalls ein fiktiver Kindesunterhalt aufgrund des eheprägenden Einkommens zu ermitteln. Nacheheliche Einkommensminderungen sind nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit oder auf einer leichtfertigen Vermögensdisposition des Unterhaltspflichtigen beruhen.
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