27.09.2010 | Ehegattenunterhalt
Prozessvergleiche doch weiterhin abänderbar
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
1. Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen Unterhaltsbefristung kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung ist jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offen halten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs ist insoweit auch ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich möglich. |
2. § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.07 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor dem 1.1.08 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das nicht der Fall (im Anschluss an Senatsurteil FK 09, 56, Abruf-Nr. 094089 = FamRZ 10, 111). |
(BGH 26.5.10, XII ZR 143/08, FamRZ 10, 1238, Abruf-Nr. 102160) |
Sachverhalt
Der Kläger ist leitender Oberarzt. Die Beklagte hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitet wie schon zum Zeitpunkt der Scheidung nach einer Weiterbildung als Kulturmanagerin. Die Parteien schlossen einen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt. Dessen Grundlage waren die beiderseitigen Nettoeinkommen. Außerdem vereinbarten sie eine Abänderungsmöglichkeit für den Fall, dass ihre Einkommen sich um mehr als 10 Prozent veränderten. Der Kläger begehrt die Abänderung des Unterhalts und hat sich neben einer Verringerung seiner Einkünfte auf eine Befristung des Unterhalts berufen. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat den Unterhalt befristet. Die Revision blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Anwendbar ist das bis zum 1.9.09 geltende Recht, da das Verfahren vorher eingeleitet wurde. Grundlage für die Abänderung ist § 323 ZPO a.F. Für Prozessvergleiche ist die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO (a.F.) unanwendbar. Wurde die Unterhaltsbegrenzung nicht abschließend geprüft, ist ähnlich wie bei Urteilen eine nachträgliche Berufung darauf möglich.
Der Wortlaut des Vergleichs schließt den Befristungseinwand nicht aus. Die genannten Abänderungsgründe bedeuten nicht, dass im Übrigen Unabänderbarkeit besteht. Unerheblich ist, dass die Unterhaltsbegrenzung bei Abschluss des Vergleichs umstritten war und nach dem Beklagtenvortrag im Hinblick darauf ein niedrigerer Unterhalt festgesetzt worden ist. Denn dieses Nachgeben hat im Vergleich keinen Niederschlag gefunden. Ferner ist unerheblich, dass der Kläger seinen Einwand der Unterhaltsbegrenzung bei Vergleichsabschluss fallen gelassen hat. Dem lässt sich nicht entnehmen, dass dies für die Zukunft gelten sollte.
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