01.06.2006 | Ehegattenunterhalt
Selbstbehalt und Billigkeitsunterhalt
1. Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt kann nicht generell mit dem Betrag bemessen werden, der als notwendiger Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder gilt. |
2. Einer zusätzlichen Grenze der Leistungsfähigkeit nach den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht mehr. |
(BGH 15.3.06, XII ZR 30/04, FamRZ 06, 686, Abruf-Nr. 061201) |
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Der Beklagte bezieht eine monatliche Rente. Die Klägerin ist aushilfsweise tätig und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte. Das AG hat den Beklagten zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts verurteilt. Die Berufung blieb erfolglos. Die dagegen gerichtete Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidungsgründe
Es ist auf der einen Seite nicht zu billigen, dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Die darin zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung des Unterhaltsanspruchs von Ehegatten mit demjenigen minderjähriger Kinder, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 S. 2 BGB angeordnet ist, lässt die gesteigerte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB außer Betracht. Der Regelungshintergrund dieser Vorschrift ist darin zu sehen, dass minderjährige Kinder wegen ihres Alters nicht durch eigene Anstrengung zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beitragen können. Dies gilt für den geschiedenen und getrennt lebenden Ehegatten nicht im gleichen Maße.
Auf der anderen Seite kann auch nicht der angemessene Selbstbehalt gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern gelten, da hier die schlechtere Rangstellung zu berücksichtigen ist. Nach dieser gesetzlichen Wertung ist es geboten, den Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem notwendigen, aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liegt. Es wird nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter für diesen – pauschalen – Ehegattenselbstbehalt im Regelfall von einem etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Beträgen liegenden Betrag ausgeht, wie der Senat es schon für den Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB entschieden hat. Das gilt auch für den Trennungsunterhalt, obwohl eine dem § 1581 BGB entsprechende Regelung hier fehlt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, diese Vorschrift entsprechend anzuwenden.
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