26.01.2011 | Ehegattenunterhalt
So bestimmen Sie ehebedingte Nachteile richtig
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
1. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten i.S. des § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt grundsätzlich den ehebedingten Nachteil. |
2. Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind. |
3. Bei feststehenden Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig. Die Tatsachengerichte können sich bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihrer Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angeben. Bei den in § 1578b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich um objektive Umstände, denen kein Unwertgehalt bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578b BGB keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfindet. |
(BGH 20.10.10, XII ZR 53/09, FamRZ 10, 2059, Abruf-Nr. 103752) |
Sachverhalt
Der Kläger begehrt die Abänderung eines Urteils über die Zahlung von Aufstockungsunterhalt. Die Ehe der Parteien wurde rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind 3 in den Jahren 1974, 1977 und 1981 geborene Kinder hervorgegangen. Die 1951 geborene Beklagte lernte nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin und übte diese Tätigkeit bis nach der Eheschließung aus. Die folgenden 24 Jahre war die Beklagte Hausfrau und Mutter ohne eigene Berufstätigkeit. Danach arbeitete sie stundenweise als Hausaufgabenbetreuerin. Kurz vor der Scheidung nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als Erzieherin auf, die sie später aufstockte. Aus betriebsbedingten Gründen wurde ihr jedoch gekündigt. Anschließend war sie befristet vollschichtig und später befristet teilschichtig als Erzieherin tätig. Das AG hat den Kläger verurteilt, an die Beklagte monatlichen Unterhalt zu zahlen. Auf die Abänderungsklage des Klägers hat das AG den Aufstockungsunterhalt befristet. Die dagegen gerichtete Berufung führte zur Abweisung der Klage. Die dagegen vom Kläger eingelegte Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Im vorliegenden Fall hat der BGH sich insbesondere mit der Berechnung des ehebedingten Nachteils befasst. Dazu folgende Checkliste:
Checkliste: Ermittlung ehebedingter Nachteile gemäß BGH |
Es dürfen aber keine überspannten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er sich auf übliche Gehaltssteigerungen durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und zunehmende Berufserfahrung beruft.
Ausnahme: Bei einem behaupteten beruflichen Aufstieg muss der Unterhaltsberechtigte weiteren Vortrag zur Befähigung, Neigung, Talent etc. bringen.
Hat der Unterhaltsberechtigte einen hypothetischen Karriereverlauf substanziiert dargelegt, müssen die ehebedingten Nachteile nicht exakt festgestellt werden. Vielmehr kann das Gericht die Einkünfte und damit auch das ungefähre Ausmaß der Einbußen gegenüber den jetzigen Einkünften schätzen. |
Praxishinweis
Zutreffend geht der BGH davon aus, dass sich der ehebedingte Nachteil aus einem Vergleich des tatsächlich erzielten oder fiktiv zugerechneten Einkommens mit dem ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Einkommen ergibt. Die Darlegungslast beurteilt der BGH unterschiedlich:
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