01.12.2009 | Ehegattenunterhalt
Unterhaltsberechnung bei mehreren Berechtigten
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
Es bestehen Bedenken dagegen, in Fällen des Zusammentreffens des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten mit dem eines mit dem Unterhaltspflichtigen in intakter Ehe zusammenlebenden Ehegatten diesem bei der Bedarfsbemessung im Wege der Drittelmethode ein fiktives Einkommen zuzurechnen, wenn er aufgrund der mit dem Unterhaltspflichtigen vereinbarten Rollenverteilung in der Ehe eine Erwerbstätigkeit nicht oder in geringerem Umfang ausübt, als es ihm im Fall des Getrenntlebens obläge (OLG Bremen 15.5.09, 4 WF 50/09, Abruf-Nr. 093701). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die Ehe der Parteien wurde im Dezember 2006 geschieden. Außerdem wurde der Kläger verurteilt, an die Beklagte ab Rechtskraft der Ehescheidung monatlich Unterhalt von 328 EUR einschließlich Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Der Kläger hat erneut geheiratet. Seine neue 1956 geborene Ehefrau, die gelernte Frisörin ist und ein achtjähriges Kind aus einer anderen Beziehung hat, ist nicht erwerbstätig. Bis zur Eingehung der Ehe mit dem Kläger bezog sie eine Witwenrente. Aufgrund der Eheschließung hat sie eine Abfindung von 6.180 EUR erhalten. Mit seiner im November 2008 eingereichten Klage begehrt der Kläger, der zur Zeit eine Tätigkeit als Bauhelfer ausübt, Abänderung des Verbundurteils betreffend den nachehelichen Unterhalt und beruft sich insoweit auf reduzierte Einkünfte und die Berücksichtigung der zweiten Ehefrau als weiterer Unterhaltsberechtigten. Die Beklagte hat Abweisung und PKH beantragt. Das AG hat ihr PKH versagt, soweit sie sich gegen einen geringeren monatlichen Unterhalt als 109 EUR zur Wehr setzt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beklagten hat teilweise Erfolg.
Bei der Unterhaltsberechnung ist von einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen des Klägers von 1.542 EUR und der Beklagten von 850 EUR auszugehen. Nicht zu beanstanden ist, dass das AG die Kapitalisierung der Witwenrente auf zwei Jahre umgelegt und monatlich 258 EUR als Einkommen bei der zweiten Ehefrau des Klägers angerechnet hat. Es stellt sich die Frage, ob im Rahmen der Bedarfsermittlung dem mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten ein fiktives Einkommen zuzurechnen ist. Allerdings ist zweifelhaft, ob eine zwischen dem Pflichtigen und seiner mit ihm zusammenlebenden Ehefrau vereinbarte Rollenverteilung als unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten qualifiziert werden kann.
Im Hinblick auf die summarische Prüfung im PKH-Verfahren wird ein fiktives Einkommen von 500 EUR auf Seiten der zweiten Ehefrau zugrunde gelegt und dann die Dreiteilung durchgeführt. Diese führt zu einem Anspruch der geschiedenen Frau von 249 EUR. Es wird erwogen, ob das Ergebnis im Hinblick darauf zu korrigieren ist, dass die geschiedene Ehefrau durch die Wiederheirat des Beklagten nicht besser stehen darf, als wenn dieser unverheiratet wäre. Daher wird die Berechnung erneut mit einem nach Steuerklasse I umgerechneten Einkommen ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber der zweiten Ehefrau durchgeführt. Es kommt so zu einem geringeren Unterhaltsbetrag.
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