01.08.2006 | Eheverträge
Salvatorische Klausel schützt nicht vor Gesamtnichtigkeit des Ehevertrags
Ergibt bereits die Gesamtwürdigung eines Ehevertrags, dessen Inhalt für eine Partei ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, dessen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB), erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag. Für eine Teilnichtigkeit bleibt in einem solchen Fall kein Raum. Insbesondere lässt sich die Nichtigkeit des vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht deshalb verneinen, weil bereits der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts seinerseits nichtig sei und die benachteiligte Partei deshalb mit Hilfe des Altersvorsorgeunterhalts eine eigene Altersvorsorge aufbauen könne (BGH 17.5.06, XII ZB 250/03, n.v., Abruf-Nr. 061856). |
Sachverhalt
Die Parteien sind rechtskräftig geschieden. Die Antragsgegnerin ist brasilianische Staatsangehörige, die bei der Eheschließung 23 Jahre alt war. Der Antragsteller, ein Arzt im öffentlichen Dienst, ist 11 Jahre älter als sie und deutscher Staatsangehöriger. Mit notariellem Ehevertrag vereinbarten sie vor der Eheschließung die Geltung deutschen Rechts sowie Gütertrennung. Sie schlossen u.a. jegliche Ausgleichsansprüche sowie den Versorgungsausgleich (VA) aus und verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme des Betreuungsunterhalts. Die etwaige Ungültigkeit einzelner Bestimmungen sollte auf die Wirksamkeit der übrigen keinen Einfluss haben. Direkt nach der Eheschließung verzichteten sie auch auf den Betreuungsunterhalt. Bei Vertragsschluss wurde jeweils eine Dolmetscherin hinzugezogen, da die Antragsgegnerin der deutschen Sprache nicht mächtig war. Seit der Trennung lebten die gemeinsamen Kinder bei ihr. Das AG hat festgestellt, dass kein VA stattfindet. Die Beschwerde der Antragsgegnerin blieb erfolglos, ihre Rechtsbeschwerde hatte dagegen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Weder die Regelung über den nachehelichen Unterhalt noch die über den Ausschluss des VA halten der Wirksamkeitskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB stand. Die Antragsgegnerin war bei Vertragsschluss in einer schwächeren Verhandlungsposition als der Antragsteller. Sie war deutlich jünger als er und der deutschen Sprache nicht mächtig. Ohne Eheschließung verfügte sie weder über eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis. Dagegen war der Antragsteller im öffentlichen Dienst abgesichert. Diese Disparität stellt eine evident einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragsgegnerin dar. Ihre Schutzlosigkeit war bei Vertragsschluss vorhersehbar. Denn die Parteien sind davon ausgegangen, dass aus der Ehe Kinder hervorgehen würden.
An der Nichtigkeit ändert auch die salvatorische Klausel nichts. Für eine Teilnichtigkeit bleibt hier kein Raum (Brambring, FPR 05, 130). Auch wenn der nacheheliche Unterhalt nicht wirksam ausgeschlossen werden konnte und die Antragsgegnerin mit dem Altersvorsorgeunterhalt für ihr Alter sorgen kann, ändert dies an der Nichtigkeit des Ausschlusses des VA nichts. Dies würde nur zur beliebigen Austauschbarkeit der Nichtigkeit einzelner Vertragsteile führen. Außerdem kann der VA den Altersvorsorgeunterhalt nicht ersetzen, weil der eine für den zukünftigen Versorgungsaufbau bestimmt ist, während der andere den Versorgungsaufbau für die Vergangenheit ausgleichen soll.
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