26.07.2010 | Elterliche Sorge
Anwaltsbeiordnung bei VKH-Bewilligung (§ 78 Abs. 2 FamFG)
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
1. Die vom Gesetzgeber geforderte Feststellung, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, weil die Sach- und Rechtslage schwierig ist, lässt sich nicht generell, sondern nur nach einer Abwägung im Einzelfall treffen. |
2. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist dabei nicht der Kenntnisstand eines erfahrenen Familienrichters, sondern die Perspektive eines juristischen Laien, der ohne besondere Vorkenntnisse um Rechtsschutz nachsucht und sich unter Umständen nach Trennung oder Scheidung in einer schwierigen Lebensphase befindet. |
3. Ausreichend ist, dass die Sach- oder Rechtslage schwierig ist. |
(OLG Düsseldorf 10.12.09, II-8 WF 204/09, FamRZ 10, 580, Abruf-Nr. 102085) |
Sachverhalt
Die Antragstellerin beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge für ihre 14-jährige Tochter auf sich, deren Vater der Antragsgegner ist. Das Kind hat mehrfach zwischen den Haushalten der Eltern gewechselt. Vermittlungsbemühungen des Jugendamts sind fehlgeschlagen. Das Mädchen hat möglicherweise psychische Störungen entwickelt. Nach seinem Umzug zum Vater hat es massiv zugenommen. Der Antragsgegner wollte seine Tochter einem Psychologen vorstellen, womit die Antragstellerin nicht einverstanden war. Der Antragsgegner betreibt als Vertreter der Tochter gegen die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung aus einer Jugendamtsurkunde. Es ist nicht auszuschließen, dass die Unterhaltsfrage den Streit um das Sorgerecht beeinflusst. Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten. Das AG hat die Beiordnung abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat Erfolg.
Entscheidungsgründe
Aus der grundrechtsrelevanten Bedeutung der Kindschaftssachen kann nicht zwingend geschlossen werden, dass die Sach- und Rechtslage generell schwierig ist. Auch bei Sorgerechtssachen gibt es eindeutige Fälle.
Nach ersten Veröffentlichungen zum FamFG wird ein Regel-Ausnahmeverhältnis vorgeschlagen, wobei die Autoren von gegensätzlichen Annahmen ausgehen. So soll die Beiordnung nur noch in Ausnahmefällen (Götsche, FamRZ 09, 383) oder wie bisher im Regelfall (Geißler, in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 09, Rn. XVI 222) vorzunehmen sein.
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