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  • 23.12.2009 | Kurz informiert

    Aktuelle Entscheidungen im Überblick

    von RA Thurid Neumann, FA Familienrecht, Konstanz

    Im Folgenden lesen Sie die Kernaussagen wichtiger Entscheidungen.  

     

    Aktuelle Entscheidungen zum Familienrecht

    Kindesanhörung und Dokumentation, OLG Naumburg, 5.3.09, 8 UF 218/08, Abruf-Nr. 094024  

    Das AG ist gemäß § 50b Abs. 1 FGG (jetzt: § 159 Abs. 2 FamFG) verpflichtet, vor Erlass der angefochtenen Hauptsacheentscheidung das betroffene minderjährige Kind persönlich anzuhören. Auch bei kleineren Kindern im Alter von etwa drei Jahren muss sich das AG einen unmittelbaren Eindruck verschaffen. Nur aus schwerwiegenden Gründen gemäß § 50b Abs. 3 S. 1 FGG (jetzt: § 159 Abs. 3 FamFG) kann das AG von einer Anhörung des Kindes absehen. Auch muss das AG das Ergebnis der Anhörung der Kindeseltern gemäß § 50a Abs. 1 S. 1 FGG (jetzt: § 160 FamFG) im Zusammenhang dokumentieren. Andernfalls leidet das Verfahren an schwerwiegenden Fehlern.  

     

    Auskunftsanspruch des Scheinvaters, OLG Schleswig, 23.6.09, 8 UF 16/09, Abruf-Nr. 094025  

    Nach Treu und Glauben besteht eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn der unstreitige Scheinvater nicht weiß und er ohne die Beklagte nicht wissen kann, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit (§ 1600d Abs. 3 S. 1 BGB) beigewohnt hat und gegen wen er nach § 1607 Abs. 3 S. 2 und 1, § 1601, § 1602 Abs. 1, § 1610 Abs. 1, § 1615l Abs. 3 S. 1 und Abs. 1 und 2 BGB möglicherweise übergegangene Ansprüche geltend machen kann. Voraussetzung ist, dass die Beklagte diese Auskunft unschwer geben kann (Anmerkung: Die Revision wurde zugelassen.)  

     

    Gewaltschutzgesetz, OLG Celle, 6.2.09, 15 UF 154/08, Abruf-Nr. 094026  

    Aufgrund des präventiven Charakters von Gewaltschutzmaßnahmen wird die Wiederholungsgefahr für Rechtsgutverletzungen vermutet. Daher obliegt es dem Täter, die Vermutung aufgrund eines vorangegangenen rechtswidrigen Verhaltens zu widerlegen. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt, dass die Maßnahme zu wählen ist, die eine Wiederholungsgefahr am ehesten ausschließt und zugleich in die Rechte des Täters am wenigsten eingreift. Daher sind die Schutzmaßnahmen gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG grundsätzlich zu befristen. Nach 1 ½ jähriger Verfahrensdauer kann aus länger zurückliegenden Verletzungshandlungen nicht ohne Weiteres auf eine fortbestehende Wiederholungsgefahr geschlossen werden, wenn tätliche Auseinandersetzungen oder Belästigungen während des laufenden Verfahrens nicht geltend gemacht werden.  

     

    Kindesunterhalt, OLG Naumburg, 3.6.09, 3 WF 121/09, Abruf-Nr. 093780  

    Erwerbsobliegenheit: Dem Unterhaltspflichtigen obliegt eine gesetzliche Pflicht zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber seinen minderjährigen unterhaltsbedürftigen Kindern. Er muss zusätzlich zu seiner entgeltlichen Arbeit eine entgeltliche Nebentätigkeit aufnehmen, soweit sein Haupterwerbseinkommen nicht ausreicht, den unterhalb des gesetzlichen Mindestunterhalts liegenden titulierten Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit nach dem Arbeitsvertrag 40 Stunden, besteht für den Unterhaltspflichtigen die Möglichkeit, wöchentlich, z.B. am Wochenende einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung nachzugehen, da die regelmäßige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz 48 Stunden wöchentlich beträgt. Ist die Aufnahme einer Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag nicht generell ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber vor dem Hintergrund von Art. 12 GG verpflichtet, diese zu genehmigen, wenn sie den Firmeninteressen nicht zuwiderläuft.  

     

    Berufsbedingte Aufwendungen: Bei einem Mangelfall ist vor Anerkennung von berufsbedingten Fahrten zu überprüfen, ob es dem Unterhaltspflichtigen zumutbar ist, an seinen Arbeitsort zu ziehen, kostengünstigere öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder mit Arbeitskollegen Fahrgemeinschaften zu bilden. Insoweit ist der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweispflichtig.  

     

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2010 | Seite 18 | ID 132415