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  • 23.12.2009 | Scheidungsverfahren

    Familiengerichte müssen auf Streitpotenzial reagieren

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht und Erbrecht, Düsseldorf

    Der Scheidungsverbund und wesentliche Verfahrensgrundsätze sind vom FamFG unangetastet geblieben, die Abtrennungsmöglichkeiten wurden hingegen erweitert. Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören. Die gemeinsame Anhörung gilt weiterhin als Regelfall für den Scheidungsprozess (§ 128 FamFG). Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 128 Abs. 1 S. 2 FamFG (§ 613 ZPO a.F.) auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert. Drohen Gewalttaten oder liegen sonstige besondere Umstände vor, muss das Gericht nach seinem Ermessen die Terminierung situationsadäquat gestalten und die Ehegatten ggf. getrennt anhören.  

     

    Zur Sachaufklärung soll die Anhörung in einem Termin erfolgen, sodass es zu einer Gegenüberstellung der Ehegatten kommt. Die gemeinschaftliche Anhörung ist weiterhin nicht zwingend, da auch die Anhörung durch einen ersuchten Richter möglich ist, § 128 Abs. 3 FamFG. Demzufolge können Ehegatten im Einzelfall geltend machen, dass eine gemeinschaftliche Anhörung unvertretbar ist. Hier kommt die besondere psychische Beeinträchtigung wegen des persönlichen Verhältnisses zum anderen Ehegatten in Betracht, soweit diese durch ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht werden kann (OLG Brandenburg FamRZ 00, 898). Als Extremfall wird Suizidgefahr angesehen, der Folge der ehelichen Zerrüttung und Auseinandersetzungen sein kann. Dann ist es für den betroffenen Ehegatten unzumutbar, dem anderen gegenüberstehen zu müssen (Schulte-Bunert, Das neue FamFG, 09, 266).  

     

    Mit § 128 FamFG besteht nunmehr die Möglichkeit, die Anhörung eines Ehegatten in Abwesenheit des anderen stattfinden zu lassen, wenn dies zum Schutz des anzuhörenden Ehegatten oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Nach dem Wortlaut wird nicht klar, welche Fälle konkret in den Anwendungsbereich dieser Norm fallen. Allein der Hinweis auf den Schutz lässt zunächst nur darauf schließen, dass durch getrennte Anhörung - z.B. wegen Gefährdung eines Ehegatten - Gewaltanwendung vermieden werden soll.