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  • 27.05.2010 | Sorgerecht

    Beteiligtenfähigkeit des Kindes

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Die Beteiligtenstellung Minderjähriger in Kindschaftssachen führt nicht notwendig zur Bestellung eines Ergänzungspflegers.  
    2. Bei erheblichen Interessengegensätzen zwischen vertretungsberechtigten Eltern kann die Bestellung eines Verfahrensbeistands zur Sicherung des Verfahrensrechts des Kindes ausreichen.  
    (OLG Stuttgart 26.10.09, 18 WF 229/09, ZFE 10, 75, Abruf-Nr. 101551)

     

    Sachverhalt

    Die Eltern des 02 geborenen Kindes sind nicht verheiratet. Nachdem der Vater die Vaterschaft anerkannt hat, wurden keine Sorgerechtserklärungen abgegeben. Im Jahre 08 fand eine Fremdbetreuung statt, weil die Mutter aufgrund erheblicher Probleme des Kindes und wegen eigener Probleme nicht in der Lage gewesen ist, das Kind angemessen zu versorgen. Nachdem weitere medizinische Untersuchungen für das Kind angezeigt waren, beantragte das Jugendamt, der Mutter einen Teil der elterlichen Sorge zu entziehen und dem Jugendamt als Pfleger zu übertragen. Durch Beschluss hat das Familiengericht einen Termin zur Anhörung der Beteiligten bestimmt und für das Kind das Kreisjugendamt zum Ergänzungspfleger bestimmt. Dagegen legte der Ergänzungspfleger als Vertreter des Kindes Beschwerde ein. Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Kind ist in Verfahren, die die Entziehung der elterlichen Sorge betreffen, Verfahrensbeteiligter i.S. des § 7 FamFG. Denn es sind seine Rechte auf Ausübung der elterlichen Sorge durch die dazu vom Gesetz vorgesehenen Personen betroffen.  

     

    Als Verfahrensbeteiligter bedarf das Kind, das nicht verfahrensfähig ist, gemäß § 9 FamFG der gesetzlichen Vertretung. Diese steht, da keine Sorgeerklärungen abgegeben wurden, gemäß § 1626a Abs. 2 BGB der Mutter allein zu. Diese ist allerdings befugt, das Kind auch in den Sorgerechtsverfahren zu vertreten, da kein Ausschluss von der gesetzlichen Vertretung gemäß §§ 1629, 1795 BGB gegeben ist. In Betracht kommt deswegen allenfalls eine Entziehung der Vertretungsmacht gemäß § 1796 BGB. Da die Mutter allerdings der teilweisen Sorgerechtsentziehung nicht entgegengetreten ist, unterstützt sie die Interessen des Kindes, weshalb Interessenkonflikte nicht ersichtlich sind. Erst bei erheblichen Interessengegensätzen würde sich die Frage stellen, ob zur Vertretung in Kindschaftsverfahren ein Eingriff in das Sorgerecht und die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich sind. Dies ist notwendig, wenn der Interessenkonflikt die Wahrnehmung von Verfahrensrechten erfasst und dementsprechend die Verfahrensfähigkeit i.S. des § 9 FamFG sicherzustellen ist. Unter Beachtung dieser Grundsätze dürfte es nur in wenigen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, in Sorgerechtsverfahren einen Entzug der Vertretungsmacht und die Bestellung eines Ergänzungspflegers vorzunehmen. Dies könnte in Betracht kommen, wenn die vertretungsberechtigten Elternteile keine Rechtsmittel im Interesse des Kindes einlegen können. In solchen Fällen dürfte ferner zu prüfen sein, ob ein Eingriff in das Sorgerecht durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands nach § 158 FamFG verhindert werden kann. Denn auch in der Gesetzesbegründung sind keine Hinweise darauf zu erkennen, dass die Neuregelung zur erheblichen Verringerung der Bestellung von Verfahrensbeiständen zugunsten von Eingriffen in das Sorgerecht führen sollte.