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  • 02.10.2008 | Unterhalt

    Erwerbsobliegenheit
    des selbstständigen Apothekers

    von RA Michael Nickel, FA Familienrecht, Hagen

    Der auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres weiterhin selbstständig tätige Apotheker muss sein Einkommen in vollem Umfang für Unterhaltszwecke verwenden (OLG Brandenburg 29.4.08, 10 UF 124/07, n.v., nrk., Abruf-Nr. 082846).

     

    Sachverhalt

    Die 51 Jahre alte Ehefrau nahm ihren Mann, den 68 Jahre alten selbstständig tätigen Apotheker, auf Trennungs- und – nach Rechtskraft der Scheidung – auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Aus der Ehe ist ein 18 Jahre alter Sohn hervorgegangen, der ebenfalls Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten verfolgt. Das maßgebliche Durchschnittseinkommen des Beklagten ermittelte das OLG aus dem Gewinn dreier aufeinander folgender Jahre. Dazu bezieht er seit dem 1.2.05 eine Altersrente. Die Klägerin – gelernte Sekretärin – war während des ehelichen Zusammenlebens im Betrieb des Beklagten tätig. Ihr Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 31.10.04. Das OLG zog zur Unterhaltsbemessung die Einkünfte des Beklagten aus selbstständiger Tätigkeit und aus Rente kumulativ heran.  

     

    Entscheidungsgründe

    Grundsätzlich gilt, dass jedenfalls abhängig Beschäftigte nach Erreichen des 65. Lebensjahres nicht verpflichtet sind, weiter erwerbstätig zu sein (BGH FamRZ 99, 708; OLG Düsseldorf FamRZ 07, 1817). Derjenige, der eine solche Tätigkeit über diese Altersgrenze hinaus ausübt, handelt überobligatorisch und ist unterhaltsrechtlich nicht gehindert, sie jederzeit zu beenden. Das daraus erzielte Einkommen ist nach allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls anzurechnen (BGH FamRZ 03, 848, 851).  

     

    Anders ist dies bei Freiberuflern, wie Ärzten, Anwälten und Kaufleuten (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Hamburg FamRZ 85, 394, 396). Bei Selbstständigen, die üblicherweise über das 65. Lebensjahr hinaus tätig sind, ist das erzielte Einkommen regelmäßig voll für Unterhaltszwecke zu verwenden. Es ist davon auszugehen, dass die selbstständige Tätigkeit wahrscheinlich in demselben Umfang ausgeübt worden wäre, wenn die Ehe fortgesetzt worden wäre. Hinzu kommt, dass der Pflichtige meist einverständlich mit dem Ehepartner noch keine hinreichende Alterssicherung auf den Zeitpunkt des Ruhestandsalters, sondern eine Berufstätigkeit bis zum höheren Alter geplant hat. Die so erzielten Einkünfte sind nach Treu und Glauben und unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls anzurechnen.