26.10.2010 | Vermögensauseinandersetzung
Der Klassiker: Streit um das Gemeinschaftskonto nach der Trennung
von RA Thurid Neumann, FA Familienrecht, Konstanz
Der Streit um Gemeinschaftskonten nach der Trennung der Ehegatten bleibt ein Dauerbrenner. Daher informieren Sie die folgenden Checklisten über das Wichtigste zu Und- und Oder-Konten (dazu auch Büte, FK 07, 138).
Gemeinschaftskonten als Und- oder Oder-Konten
Beim Und-Konto können die Inhaber nur gemeinsam über das Konto verfügen. Bei einem Oder-Konto steht jedem Inhaber eine alleinige Verfügungsbefugnis über das Konto zu. Wegen der „Schwerfälligkeit“ der Und-Konten kommen diese in der Praxis unter Ehegatten selten vor. Oder-Konten kommen dagegen in der Praxis unter Ehegatten häufig vor, da sie ein besonders enges Vertrauensverhältnis zwischen den Inhabern voraussetzen (BGH FamRZ 90, 370).
Checkliste: Oder-Konto |
Regel: Gem. § 428 BGB sind die Ehegatten als Inhaber von Oder-Konten Gesamtgläubiger (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 428, Rn. 3). Dies bedeutet, dass gem. § 430 BGB in der Regel eine Ausgleichspflicht besteht, sofern einer der Kontoinhaber über mehr als die Hälfte des Guthabens verfügt hat. Dasselbe Ergebnis erzielt man über § 742 BGB. Unerheblich ist dabei die Herkunft des Geldes oder aus welchem Grund das Gemeinschaftskonto errichtet wurde (BGH FamRZ 90, 370). Verfügt z.B. nur ein Ehegatte über Einkommen, reicht dies nicht aus, um die Vermutung, dass den Ehegatten gleiche Anteile zustehen, zu entkräften (OLG Köln FamRZ 87, 1139).
Ausnahme: Die Kontoinhaber können etwas anderes bestimmt haben. Dies kann zwischen ihnen ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden sein, sich aus den Vorschriften über die eheliche Lebensgemeinschaft, etwa aus § 1357 BGB, oder aus dem Zweck und der Handhabung des Kontos ergeben (BGH, a.a.O.). Wer behauptet, dass etwas anderes vereinbart wurde, muss dies darlegen und beweisen (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 5. Aufl., 10. Kap. Rn. 85). In der Regel verzichten die Ehegatten bei einer intakten Ehe konkludent auf einen Ausgleich, da das Konto dem Zweck dient, ihr gemeinsames Leben zu finanzieren (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 629).
Sonderfall: Missbraucht ein Ehegatte das dem Oder-Konto zugrunde liegende Vertrauensverhältnis, indem er sich über die Zweckbestimmung hinwegsetzt, erfolgt ein Ausgleich nach § 430 BGB.
Beispiel: Hebt ein Ehegatte vor der Trennung praktisch das ganze Geld ab und überweist es auf ein Konto, über das er die alleinige Verfügungsgewalt hat, missbraucht er das Vertrauensverhältnis und ist dem anderen Ehegatten gegenüber ausgleichsverpflichtet (OLG Düsseldorf FamRZ 99, 1504).
Ausnahme: Hat ein Ehegatte nach der Trennung mehr als die Hälfte vom Guthaben abgehoben und für den Unterhalt der restlichen Familienmitglieder verwendet, kann ausnahmsweise „etwas anderes bestimmt“ sein und dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entsprechen (Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 3. Aufl., Kap. 6 Rn. 260).
Geldeingang nach der Trennung: Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gem. § 157 BGB ist davon auszugehen, dass Geldeingänge nach der Trennung dem Ehegatten zustehen sollen, dessen Schuldner bezahlt hat.
Regel: Ist das Konto überzogen, führt dies grundsätzlich dazu, dass beide Kontoinhaber im Außenverhältnis gegenüber der kontoführenden Bank als Gesamtschuldner i.S. des § 421 BGB haften, die der jeweils andere durch Verfügungen zulasten des Kontos verursacht hat (z.B. die geduldete Überziehung eines Kontos, das als „Familienkonto“ genutzt wird und ständig weiter ins Minus geführt wird, vgl. LG Coburg FamRZ 08, 60).
Ausnahme: Wurde der Saldo allein oder zum großen Teil von einem Ehegatten verursacht und hatte der andere hiervon keine Kenntnis, gilt Folgendes: Eine Mitverpflichtung in voller Höhe kann nach der Rechtsprechung nicht über Formularklauseln der Bank herbeigeführt werden. Das OLG Nürnberg zog die Grenze für eine uneingeschränkte Mithaftung des Mitinhabers bei einem Drei-Monats-Einkommen (ZIP 90, 1558). Das OLG Köln geht zugunsten des nichthandelnden Kontomitinhabers davon aus, dass dieser nur in Höhe von 10 % des nach den Umständen möglichen Überziehungskredits vom anderen Kontoinhaber mitverpflichtet werden kann (OLG Köln WM 99, 1003). Hier liegt die Erwägung zugrunde, dass auch bei einem Oder-Konto ein Kontoinhaber nicht damit rechnen muss, dass er durch Handlungen des anderen Kontoinhabers, von denen er keine Kenntnis hatte, in einer Höhe gegenüber dem Kreditinstitut verpflichtet wird, die sich außerhalb eines üblichen und von seiner mutmaßlichen Einwilligung gedeckten Rahmens bewegt (LG Coburg, a.a.O). Ein Kontoinhaber, der behauptet, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass der andere ein Saldo herbeiführt, muss diese Behauptung beweisen (LG Coburg, a.a.O.). |
Checkliste: Und-Konto |
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Quelle: Ausgabe 11 / 2010 | Seite 193 | ID 139594