01.07.2007 | Vermögensauseinandersetzung
Streit um das Einzelkonto
Bei Trennung der Ehegatten steht ein Streit um Konten oft im Mittelpunkt. Ein Ehegatte „räumt“ kurz zuvor oder danach vom gemeinsamen Konto oder vom Konto des anderen, für das er Vollmacht hat, Geld ab. Insoweit stellt sich die Frage nach Ausgleichs- oder Schadenersatzansprüchen. Entscheidend ist die Art der Konten, ob es sich um Einzelkonten (dazu dieser Beitrag) oder um Gemeinschaftskonten (dazu in der nächsten Ausgabe von FK) handelt.
Checkliste: Einzelkonten nach Trennung und Scheidung |
Berechtigung am Konto: Eröffnet ein Ehegatte ein Einzelkonto und erteilt er dem anderen eine Kontovollmacht, ist er alleiniger Gläubiger der Guthabenforderung gegen die Bank, aber auch alleiniger Schuldner bei Kontoüberziehung. Im Innenverhältnis zum anderen Ehegatten steht ihm i.d.R. das Guthaben alleine zu (BGH FamRZ 00, 948; 02, 1696; FuR 03, 40). Unerheblich ist, von wem die Einzahlungen stammen (OLG Karlsruhe FamRZ 03, 607).
Zahlt ein Ehegatte eigene Mittel auf das Einzelkonto des anderen ein und steht somit dem Kontoinhaber das Guthaben alleine zu, kann eine unbenannte Zuwendung vorliegen, wenn die Leistungen nicht als Beiträge zur gemeinsamen Lebenshaltung der Ehegatten anzusehen sind und kein Ausgleich im Ehegüterrecht möglich ist (BGH FamRZ 89, 147; OLG Celle EzFamR aktuell 01, 162).
Ausnahme: Der Kontoinhaber hat den anderen Ehegatten im Innenverhältnis durch Abtretung an der Kontoforderung in der Weise beteiligt, dass eine Bruchteilsgemeinschaft besteht (BGH FamRZ 02, 1696). Eine solche Vereinbarung kann grundsätzlich auch konkludent erfolgen. Im Zweifel ist jedoch anzunehmen, dass das Guthaben dem Kontoinhaber allein zusteht (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 4. Aufl., Rn. 698). Deshalb reicht allein eine Vollmacht und eine ständige Abwicklung des Zahlungsverkehrs über das Konto selbst bei eigenen Einzahlungen nicht für eine Mitberechtigung am Kontoguthaben im Innenverhältnis aus (OLG Karlsruhe FamRZ 03, 607).
Der BGH hat in drei Entscheidungen eine Bruchteilsgemeinschaft angenommen:
Weitere Fälle, in denen die Gerichte eine Bruchteilsgemeinschaft angenommen haben (OLG Brandenburg FamRZ 97, 363; OLG Köln OLGR 02, 406 [Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens am gemeinsamen Grundstück]; OLG Bremen NJW-RR 05, 1667 [bei Gütertrennung]).
Die Bruchteilsberechtigung begründet allerdings keine Haftung gegenüber der Bank für einen Überziehungskredit (Wever, a.a.O., Rn. 699).
Bruchteilsgemeinschaft: Beiden Ehegatten steht die Forderung gegen die Bank im Innenverhältnis im Zweifel zu gleichen Teilen zu (§ 742 BGB), unabhängig von der Höhe der jeweils geleisteten Zahlungen (BGH FamRZ 02, 1696). Realisiert wird der Anspruch auf hälftige Teilhabe durch das Verlangen nach Aufhebung der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB) und Teilung des Guthabens, § 752 BGB. Dieser Anspruch ist nicht durch Zugewinnausgleichsansprüche ausgeschlossen. Es besteht – anders als bei unbenannten Ehe bezogenen Zuwendungen – kein Vorrang des Zugewinnausgleichs (Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 3. Aufl., Rn. 428; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Aufl., Kap. 6 Rn. 229 a; offen gelassen von BGH FamRZ 00, 948; 02, 1696).
Darlegungs- u. Beweislast für Bruchteilsgemeinschaft: Die Beweislast dafür trägt der, der sich auf die Abtretung im Innenverhältnis beruft (Wever, a.a.O., Rn. 699). Der Beweis ist möglich durch den Nachweis der Verwendung der Gelder für gemeinsame Zwecke (Haußleiter/Schulz, a.a.O., Rn. 231). Ausnahme: Alle Verdienste eines Ehegatten wurden auf das Einzelkonto des anderen gezahlt. Hier hat der Kontoinhaber die Beweislast dafür, dass ihm die Gelder zugewandt wurden (BGH FamRZ 02, 1696).
Ausgleichsansprüche und Schadenersatzforderungen wegen unberechtigter Abhebung: Bei Einzelkonten werden oft für den anderen Ehegatten Kontovollmachten erteilt. Diese ermächtigen für die Dauer des Bestehens im Außenverhältnis auch zu Abhebungen oder Überweisungen, die nicht im Einverständnis mit dem Kontoinhaber erfolgen. Die Vollmacht besteht grundsätzlich bis zum förmlichen Widerruf und damit auch über die Trennung hinaus. Ist die Vollmacht – wie i.d.R. üblich – gegenüber der Bank erteilt worden (§ 170 BGB), ist ihr Widerruf gegenüber der Bank zu erklären, § 171 Abs. 2 BGB. Gemäß § 172 Abs. 2 BGB bedarf es grundsätzlich der Rückgabe oder Kraftloserklärung der Vollmachtsurkunde, wenn die Vollmacht durch Aushändigung einer Urkunde an den vertretenden Ehegatten erteilt wurde.
Es ist jedoch möglich, dass die interne Berechtigung zur Abhebung auch über die Trennung hinaus fortbesteht (BGH FamRZ 89, 834), z.B. wenn die Verfügung mit den früheren gemeinsamen Vorstellungen im Einklang steht und auch nach der Trennung dem mutmaßlichen Willen des Kontoinhabers entspricht. Der Ehegatte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, die Verfügungsbefugnis nicht zu verlieren, wenn er sich im Einvernehmen mit dem Ehepartner darauf eingerichtet und bei gerechtfertigtem Vertrauen auf den Fortbestand Dispositionen getroffen hat, die er nicht ohne Weiteres wieder rückgängig machen kann. Maßvolle Abhebungen, die z.B. dem Unterhalt der Restfamilie dienen, können daher dem mutmaßlichen Willen des Kontoinhabers entsprechen. Die Abhebung ist ggf. im Innenverhältnis als zulässig anzusehen (BGH, a.a.O.).
In allen Fällen kann der unberechtigt Verfügende nicht einwenden, er habe einen Anspruch auf das Guthaben (BGH FamRZ 88, 476; FamRZ 89, 834).
Praxishinweis: Die Praxis billigt die sog. unterhaltsrechtliche Lösung: Der Kontoinhaber genehmigt die (unberechtigte) Abhebung, die auf den Unterhaltsbedarf angerechnet wird, sodass sich eine gesonderte Verfolgung der Zahlungsansprüche erübrigt (Wever, a.a.O., Rn. 711).
Strategische Hinweise: Beim Einzelkonto ist stets zu prüfen, ob eine Bruchteilsgemeinschaft vorliegt. Ist das der Fall, kommt kein Zugewinnausgleich in Betracht, da den Ehegatten das Guthaben zu gleichen Teilen zusteht. Die Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft hat zudem folgende Vorteile:
Ausgleichsansprüche – auch bei Gemeinschaftskonten neutralisieren sich beim Zugewinnausgleich i.d.R., da sie als Aktiva bzw. Passiva in die Ausgleichsbilanz einzustellen sind (BGH FamRZ 02, 1694), es sei denn, es ergibt sich trotz der Einstellung kein Zugewinn (v. Münch, FPR 06, 483). |