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  • 26.02.2008 | Vermögensauseinandersetzung

    Vermögensrechtliche Ansprüche außerhalb des Zugewinnausgleichs richtig geltend machen

    von RA Thomas Herr, FA Familienrecht und Arbeitsrecht, Kassel

    Vermögensrechtliche Ansprüche fristen noch immer ein Schattendasein, soweit sie sich nicht unmittelbar aus dem ehelichen Güterrecht ergeben. Oft ist unbekannt, dass Ausgleichsansprüche bestehen können, auch wenn ein Zugewinnausgleich ausscheidet. Es besteht die Gefahr, dass schon in der Erstberatung die Erfolgsaussicht verneint wird, wenn der Mandant seinem Ehegatten zwar erhebliche, oft Jahrzehnte lange unentgeltliche Arbeitsleistungen, insbesondere in dessen Unternehmen erbracht und/oder ihm erhebliche Geldbeträge „geschenkt“ hat, das Anfangsvermögen aber das Endvermögen übersteigt oder Gütertrennung vereinbart ist. Die wirtschaftlichen Folgen der Verkennung der Rechtslage sind für die Partei gravierend, das Haftungsrisiko ist enorm. Die FGG-Reform wird diese Ansprüche in die Zuständigkeit der Familiengerichte überführen. Allein wegen der dann aufkommenden Konkurrenzfragen ist damit zu rechnen, dass die Kenntnis von Tatbeständen und Rechtsfolgen stärker abgefragt werden wird als bisher. Der folgende Beitrag zeigt daher die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen und die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung.  

     

    Übersicht: Anspruchsgrundlagen für vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche

    Zugewinnausgleich, § 1378 BGB:  

    • Struktur: Vertiefende Ausführungen zu Grund und Höhe des Anspruchs erübrigen sich.
    • Besonderheiten: Ergibt die Ausgleichsforderung, dass der Betrag hinsichtlich der von der Partei geleisteten Mitarbeit oder des Vermögenstransfers zu niedrig erscheint oder der Mandant ganz ausfällt, ist auf Folgendes zu achten:
    • Es sind weitere Ansprüche außerhalb des Zugewinnausgleichs zu prüfen,
    • es ist ferner zu prüfen, in welchem Konkurrenzverhältnis sie zum Zugewinnausgleich stehen, also ob und wie sie sich dort auswirken.

     

    Arbeits-, Dienst-, Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 611, 675 BGB: Solche Verträge scheiden in der Praxis meist aus, weil sie einem objektiven Drittvergleich mit anderen Arbeitnehmern nicht standhalten. Ein Arbeitsverhältnis ist nur anzunehmen bei echter, tatsächlich praktizierter Weisungsgebundenheit, Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen usw.  

     

    Bereicherungsrechtliche Ansprüche, § 812 BGB: Sie haben den praktischen Nachteil, dass ein Ausgleich von Leistungen nur nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ erfolgen könnte und werden vom BGH i.d.R. abgelehnt, weil weder der rechtliche Grund später weggefallen sei noch eine Zweckverfehlung vorliege, § 812 Abs. 1 S. 2 BGB (BGHZ 65, 320; 82, 227; FamRZ 82, 778).  

     

    Schenkung, § 516 BGB: Das Schenkungsrecht ermöglicht zwar Rückforderungen nach den §§ 527, 528und 530 BGB, jedoch wird es meist an den Voraussetzungen einer Schenkung fehlen. Diese verlangt, dass die Zuwendung aus echter Freigiebigkeit erfolgt. Demgegenüber wird ein Ehegatte, der dem anderen etwas zuwendet, dies i.d.R. auf der Geschäftsgrundlage tun, dass die Ehe fortbesteht. Hätte er von dem Umstand einer späteren Trennung schon zum Zeitpunkt der Zuwendung Kenntnis, ist anzunehmen, dass diese nicht erfolgen würde.  

     

    Auftrag, § 662 BGB: Dieser ist – vereinfacht gesagt – als das Gegenstück zur Schenkung anzusehen, weshalb die dortigen Überlegungen hier entsprechend greifen. Die Schenkung betrifft gegenleistungslose (fremdnützige) Sachzuwendungen, der Auftrag gegenleistungslose (fremdnützige) Tätigkeiten. Auftragsrecht kann in Sonderfällen anwendbar sein, etwa bei der Stellung von Sicherheiten zur Ermöglichung einer Kreditaufnahme für das Unternehmen des anderen Ehegatten (BGH FamRZ 89, 835).  

     

    Konkludente Ehegatteninnengesellschaft, § 705 BGB: Sie ist seit Jahrzehnten der klassische Ausgleichstatbestand bei Mitarbeitsfällen und ist inzwischen auch für Vermögenstransfers anerkannt.  

     

    Familienrechtlicher Vertrag sui generis: Der BGH geht davon aus, dass Wertschöpfungen zugunsten des anderen Ehegatten weder rechtsgrundlos erfolgen noch von der inneren Willensrichtung her gesehen gegenleistungslos sind. Vielmehr werden sie getätigt zur Verwirklichung, Ausgestaltung, zum Erhalt oder zur Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Dies stellt die Geschäftsgrundlage eines solchen Vertrags dar. Entfällt sie durch die Trennung, ist § 313 BGB anwendbar. Es kann ein finanzieller Ausgleich verlangt werden. Der familienrechtliche Vertrag sui generis kommt in zwei Fallgruppen vor:  

     

    • Ehebezogene Zuwendung: Gegenstand des Vertrags ist eine Sachzuwendung. Beispiel: Ehemann M finanziert den Kauf des Familienheims allein, lässt jedoch auch die Ehefrau F als Miteigentümerin zu ½ im Grundbuch eintragen.
    • Familienrechtlicher Kooperationsvertrag: Vertragsgegenstand ist die Mitarbeit, soweit sie im Einzelfall aus rechtlichen Gründen nicht über eine Ehegatteninnengesellschaft ausgeglichen werden kann. Beispiel: F ist Eigentümerin des Grundstücks, auf welchem das Familienheim errichtet wird. Dies erfolgt in Eigenleistung durch M, der Bauhandwerker ist.
     

    Praxishinweis: Diese Übersicht zeigt, dass die wichtigsten Anspruchsgrundlagen die konkludente Ehegatteninnengesellschaft, die ehebezogene Zuwendung und der familienrechtliche Kooperationsvertrag sind.  

     

    Entwicklung der BGH Rechtsprechung

    Der BGH hat zu dem Thema vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche außerhalb des Zugewinnausgeichsverfahrens einige Grundsatzentscheidungen gefällt. In all diesen Fällen scheiterte ein güterrechtlicher Ausgleich an rechtlichen oder tatsächlichen Umständen, i.d.R. war Gütertrennung vereinbart.