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  • 26.08.2010 | Versorgungsausgleich

    Anwaltsregress wegen eines unterbliebenen vertraglichen Ausschlusses des VA

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle

    1. Verschuldet der Anwalt, dass der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung über den Ausschluss von Ansprüchen auf Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich unterbleibt, ist der in der Übertragung von Rentenanwartschaften liegende Schaden durch Zahlung desjenigen Betrags an den Versicherer auszugleichen, der erforderlich ist, um entsprechende Anwartschaften neu zu begründen.  
    2. Hat die Pflichtverletzung des Anwalts zur Folge, dass der Mandant Versorgungsanwartschaften verliert, aber einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns behält, ist der Rechtsanwalt nur Zug um Zug gegen Abtretung dieses Anspruchs zum Schadenersatz verpflichtet.  
    3. Ist der Anwalt nur Zug um Zug gegen Abtretung eines Anspruchs gegen einen Dritten zum Schadenersatz verpflichtet, wird der Schadenersatzanspruch nicht dadurch berührt, dass der Anspruch gegen den Dritten zwischenzeitlich verjährt ist, wenn der Anwalt dem geschädigten Mandanten nicht angeboten hat, verjährungshemmende Schritte auf seine, des Anwalts, Kosten zu unternehmen.  
    (BGH 15.04.10, IX ZR 223/07, FamRZ 10, 1154, Abruf-Nr. 101785)

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin wurde in einem nach früherem Recht durchgeführten einverständlichen Scheidungsverfahren gegen ihren damaligen Ehemann von einem Mitgesellschafter der beklagten Rechtsanwaltsgesellschaft anwaltlich vertreten. Ihr Ehemann hatte im Scheidungsverfahren als Antragsgegner aus Kostengründen keinen Anwalt. Im Versorgungsausgleich (VA) ergab sich eine Ausgleichspflicht der Klägerin, während sie ihrerseits gegen den Ehemann Anspruch auf Zugewinnausgleich (ZGA) hatte. Die Ehegatten beabsichtigten einen vertraglichen Ausschluss sowohl des VA als auch des ZGA. Der Anwalt der Klägerin teilte ihr mit, dass dem Gericht eine notarielle Vereinbarung vorgelegt werden könne, um den VA auszuschließen. Die Klägerin nahm aufgrund der Beratung durch die Beklagte an, dass sich wegen § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. die Stellung des Scheidungsantrags um ein weiteres Jahr verzögern würde, wenn der VA durch notarielle Vereinbarung ausgeschlossen würde. Die Klägerin wollte jedoch eine schnelle Scheidung, weil sie ein Kind von einem anderen Mann erwartete. Sie nahm es deshalb hin, dass die Ehe unter Abtrennung des VA aus dem Verbund sogleich geschieden und der VA anschließend zu ihren Lasten durchgeführt wurde. Ihr Anwalt übersandte ihr die Entscheidung mit dem Bemerken, für ihn sei das Verfahren abgeschlossen. Die Entscheidung wurde rechtskräftig. Im Regressprozess gegen die Beklagte begehrte die Klägerin Schadenersatz in Form der Zahlung des Betrags, der zur Wiederauffüllung der im VA verlorenen Rentenanwartschaften erforderlich war, und zwar in erster Linie an sich selbst, hilfsweise auf ihr Rentenversicherungskonto. Das LG wies den Hauptantrag ab und gab dem Hilfsantrag statt. Auf die Berufung der Beklagten stellte das OLG unter Abweisung der weiter gehenden Klage fest, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin ab ihrer Rentenberechtigung fortlaufend die Beträge zu zahlen, die erforderlich sind, um die Klägerin so zu stellen, als wäre kein VA durchgeführt worden. Mit ihrer Revision begehrte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, die Beklagte erstrebte mit ihrem Anschlussrechtsmittel die vollständige Abweisung der Klage. Beide Rechtsmittel hatten teilweise Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beklagte haftet der Klägerin aufgrund einer Pflichtverletzung ihres Mitgesellschafters auf Schadenersatz. Der Anwalt der Klägerin hatte den Auftrag, für einen Ausschluss des VA zu sorgen. Er war der Klägerin verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Parteien des Scheidungsverfahrens eine notarielle Vereinbarung über diesen Punkt schlossen, die er dem Gericht zur Genehmigung nach § 1587o Abs. 2 S. 3 und 4 BGB a.F. hätte vorlegen müssen. Die nach § 1587o Abs. 2 S. 2 BGB a.F. mögliche alternative Vertragsform eines gerichtlichen Vergleichs kam hier nicht in Betracht, weil der Ehemann sich nicht anwaltlich vertreten lassen wollte. Der schlichte Hinweis des Anwalts der Klägerin auf die Möglichkeit einer notariellen Vereinbarung war nicht ausreichend. Denn die Klägerin konnte daraus nicht entnehmen, dass eine solche Vereinbarung abgeschlossen werden musste, um einen Ausschluss des VA zu erreichen. Außerdem konnte sie nicht erkennen, dass eine im Zusammenhang mit der Scheidung geschlossene Vereinbarung nur der - zu erwartenden - Genehmigung des Familiengerichts bedurfte und nicht wie eine ehevertragliche Regelung nach § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. durch Stellung eines Scheidungsantrags innerhalb eines Jahres unwirksam werden konnte.  

     

    Infolge der Pflichtverletzung des Anwalts unterblieb ein vertraglicher Ausschluss des VA, und das Gericht übertrug gemäß § 1587b Abs. 1 BGB a.F. gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 134,37 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit, vom Versicherungskonto der Klägerin auf das ihres Ehemannes. Zwar sind die materiellen Folgen dieses Verlusts für sie vor Eintritt des Rentenfalls noch nicht fühlbar. Daraus folgt aber nicht, dass sich die Ersatzpflicht der Beklagten nach dem Rechtsgedanken des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB darauf beschränkt, der Klägerin nach Eintritt des Versicherungsfalls monatlich die Beträge zu zahlen, die ihr an ihrer Rente fehlen, weil der VA durchgeführt worden ist. Seine entgegenstehende frühere Rechtsprechung (WM 07, 1425) gibt der BGH auf.