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  • 01.05.2007 | Versorgungsausgleich

    Anwaltsregress wegen Fehlers im VA-Verfahren

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
    1. Zu den Pflichten des Rechtsanwalts bei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärten Rechtsfragen (hier: unterschiedliche Behandlung von Renten im Anwartschafts- und Leistungsstadium).  
    2. Vor Eintritt des Versorgungsfalls entsteht dem Mandanten noch kein bezifferbarer Rentenschaden; es ist vielmehr nur ein entsprechender Feststellungsausspruch möglich.  
    (OLG Düsseldorf 9.5.06, 1-24 U 147/05, FamRZ 07, 397, Abruf-Nr. 071223)  

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin wurde von den beklagten Anwälten im Scheidungsverfahren vertreten. Es erging ein Verbundurteil, mit dem auch der Versorgungsausgleich (VA) durchgeführt wurde. Dabei wurde auf Seiten des Ehemanns der Klägerin eine Anwartschaft aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes als sowohl in der Anwartschafts- als auch in der Leistungsphase statisch behandelt und demgemäß nach § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V. mit der BarwertVO in ein volldynamisches Anrecht umgewertet (abgezinst). Gegen diese Entscheidung zum VA legten die Beklagten Beschwerde ein, versäumten aber die Rechtsmittelfrist. Daher wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch genommen, der ihr infolge eines Anwaltsverschuldens entstanden ist. Sie hat die Zahlung des Betrags verlangt, den sie ihrer Meinung nach in die Rentenkasse einzahlen muss, um die Rentenanwartschaft zu begründen, die ihr infolge der Verfristung des Rechtsmittels entgangen ist. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter und stellt nun hilfsweise auch einen Feststellungsantrag.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beklagten haften der Klägerin als Gesamtschuldner für den Schaden, der ihr dadurch entstanden ist, dass die Beschwerde aufgrund eines Verschuldens der Beklagten nicht fristgemäß eingelegt worden ist. Es ist davon auszugehen, dass im Fall eines zulässigen Rechtsmittels die Anwartschaft des Ehemanns aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes höher bewertet und damit ein höherer Ausgleichsanspruch für die Klägerin errechnet worden wäre. Nach der Rechtsprechung des BGH (FK 04, 165, Abruf-Nr. 042130) sind die Anrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes seit der zum 1.1.02 wirksam gewordenen Strukturreform im Leistungsstadium volldynamisch. Deshalb muss bei der Umwertung der Anrechte der Umrechnungsfaktor aus der BarwertVO erhöht werden (Anmerkung 2 zur Tabelle 1). Zwar war die Grundsatzentscheidung des BGH noch nicht ergangen, als die Beschwerdefrist in dem vorliegenden Verfahren ablief. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das OLG bei einer auf zulässige Beschwerde ergangenen Entscheidung entweder bereits selbst eine Volldynamik im Leistungsstadium angenommen oder aber im Hinblick auf divergierende OLG-Entscheidungen die Rechtsbeschwerde zugelassen hätte, sodass die Klägerin spätestens in dritter Instanz mit ihrem Rechtsbegehren Erfolg gehabt hätte.  

     

    Der Schaden der Klägerin liegt darin, dass aufgrund der zu niedrigen Bewertung der Anwartschaft des Ehemanns aus der Zusatzversorgung im Wege des Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu geringe Rentenanwartschaften für sie begründet worden sind. Trotzdem hat ihr Zahlungsanspruch keinen Erfolg. Sie kann nicht verlangen, dass die beklagten Anwälte ihr einen Barbetrag zahlen. Sie hat vielmehr nur Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als hätten die Beklagten ihre Anwaltspflichten ordnungsgemäß erfüllt. In diesem Fall hätte die Klägerin lediglich höhere Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt, aber keinen Barbetrag. Aber selbst wenn man ihren Hauptantrag dahin verstehen wollte, dass die Beklagten durch Einzahlung eines Barbetrags auf ihr Rentenversicherungskonto ihre Rentenanwartschaften um den ihr entgangenen Wert auffüllen sollten, hätte der Antrag keinen Erfolg. Denn die Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung erlauben eine solche Begründung von Anwartschaften aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes nicht (BGH FamRZ 98, 89).