26.01.2010 | Versorgungsausgleich
Ausgleich einer privaten Berufsunfähigkeitsrente
von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
1. Zum Ausgleich einer privaten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) im Versorgungsausgleich durch Realteilung (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 20.7.05, XII ZB 289/03, FamRZ 05, 1530, und vom 7.10.92, XII ZB 132/90, FamRZ 93, 299). |
2. Sieht der Geschäftsplan eines privaten Versicherungsträgers die Realteilung einer laufenden Berufsunfähigkeitsrente vor, so ist der Ausgleichspflichtige regelmäßig unangemessen benachteiligt, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte durch die Realteilung eine sofort fällige Zeitrente erhält, die unabhängig von einer Bedürftigkeit wegen Alters oder Invalidität ist. Von einer Realteilung ist in diesem Fall abzusehen. |
(BGH 2.9.09, XII ZB 92/07, FamRZ 09, 1901, Abruf-Nr. 093407) |
Sachverhalt
Der Ehemann bezog am Ende der Ehezeit (30.11.04) eine Rente aus einer privaten BUZ in Höhe von monatlich rund 2.850 EUR, die ihm bis längstens 1.1.26 gezahlt wird. Das OLG hat diese Versorgung in vollem Umfang in den Versorgungsausgleich (VA) einbezogen und auf der Grundlage des von der Versicherung mitgeteilten Deckungskapitals von rund 350.000 EUR in eine volldynamische Versorgung umgerechnet. Dabei hat es keinen Abschlag im Hinblick auf die Befristung der Rente vorgenommen, weil die Restlaufzeit des Vertrags mehr als 10 Jahre beträgt. Den dynamisierten Wert der Versorgung von monatlich rund 1.595 EUR bezog das OLG neben gesetzlichen Rentenanwartschaften des Ehemannes von monatlich rund 170 EUR und der Ehefrau von monatlich rund 412 EUR sowie Anwartschaften der Ehefrau aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von (dynamisiert) monatlich rund 12 EUR in eine Gesamtbilanz ein. Den sich danach ergebenden Gesamtausgleichsanspruch der Ehefrau von monatlich rund 670 EUR rechnete das OLG mit Hilfe der Rechengrößen zum VA in ein Deckungskapital von rund 147.400 EUR um. In Höhe dieses Deckungskapitals begründete es im Wege der (nach dem Geschäftsplan des Versicherers zugelassenen) Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG a.F. zu Lasten der Versorgung des Ehemannes für die Ehefrau ein Anrecht bei dem Versicherungsunternehmen. Die Ehefrau ist 47 Jahre alt und noch erwerbsfähig. Der Ehemann rügte mit seiner Rechtsbeschwerde vor allem, dass die befristete Berufsunfähigkeitsrente wie eine lebenslange Rente behandelt worden sei. Sein Rechtsmittel führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das OLG.
Entscheidungsgründe
Im Ansatz zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass eine bei Ende der Ehezeit wegen Eintritts des Versicherungsfalls bereits gezahlte private Berufsunfähigkeitsrente nach bisherigem Recht dem öffentlich-rechtlichen VA unterliegt (BGH FamRZ 93, 301; 05, 1530). Im Fall der - hier vom Versicherer zugelassenen - Realteilung wird zwar der Nominalwert der Versorgung ausgeglichen, sodass eine Umwertung grundsätzlich entbehrlich ist. Etwas anderes gilt aber, wenn - wie hier - im Rahmen der nach § 1587a Abs. 1 BGB (a.F.) gebotenen Gesamtsaldierung eine Verrechnung der Rente mit einem volldynamischen Anrecht erforderlich ist. Dann ist die real zu teilende Versorgung zu dynamisieren und der sich ergebende Gesamtausgleichsanspruch „rückzudynamisieren“. Die Rente ist hier jedoch nicht auf der Basis des Deckungskapitals in eine volldynamische Rente umzuwerten, sondern gemäß § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB (a.F.) auf der Grundlage des Barwerts der laufenden Versorgung. Denn die Berufsunfähigkeitsrente wird nicht aus einem „echten“ (d.h. vom Versicherten angesparten) Deckungskapital finanziert, sondern aus einem vom Versicherer erst nach Eintritt des Versicherungsfalls gebildeten Kapitalstock. Zutreffend hat das OLG den Kapitalisierungsfaktor aus der BarwertVO auch nicht im Hinblick auf die Befristung der Rente gekürzt, weil die Rentenlaufzeit mehr als 10 Jahre beträgt.
Dem Versorgungsträger, der eine Realteilung zulässt, steht bei deren Ausgestaltung ein Spielraum zu. Das Gericht muss aber prüfen, ob bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sind, die sich aus dem Zweck des öffentlich-rechtlichen VA und den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben. Die hier im Geschäftsplan des Versicherers vorgesehene Teilung des Deckungskapitals mit der Folge, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte unabhängig von einem eigenen Versorgungsbedarf eine sofort beginnende Rente für einen Zeitraum erhält, der mit der Restlaufzeit der auszugleichenden Versorgung übereinstimmt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (so schon OLG Koblenz FamRZ 01, 995; Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 210). Die Ehefrau erhielte aufgrund des Wertausgleichs keine eigene Versorgung für den Fall des Alters oder der Invalidität, sondern im Ergebnis im Alter von nur 47 Jahren zulasten des berufsunfähigen Ehemanns bedarfsunabhängige Zahlungen bis zu einem Zeitpunkt, in dem sie selbst noch nicht die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat.
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