27.01.2011 | Versorgungsausgleich
Verweisung der Zusatzversorgung in den schuldrechtlichen VA?
von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
1. Verfügt ein den rentenfernen Jahrgängen zugehöriger Ehegatte über ein Anrecht auf Leistungen aus der Pflichtversicherung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, dessen Ehezeitanteil eine zum 1.1.02 gutgebrachte, aber nach BGHZ 174, 127 gleichheitswidrige Startgutschrift enthält, ist das Verfahren zum Versorgungsausgleich nach der seit 1.9.09 geltenden Rechtslage nicht mehr grundsätzlich bis zu einer Neuregelung der Berechnungsgrundlage auszusetzen. |
2. Vielmehr kann dieses Anrecht als nicht ausgleichsreif vom Versorgungsausgleich bei der Scheidung ausgenommen werden, womit dem Ausgleichsberechtigten schuldrechtliche Ansprüche nach der Scheidung gemäß §§ 20 bis 26 VersAusglG vorbehalten werden. |
(OLG München 20.9.10, 33 UF 801/10, n.v., Abruf-Nr. 103993) |
Sachverhalt
Das AG hat die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich (VA) nach neuem Recht durchgeführt. Dabei hat es u.a. ein von der Ehefrau in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenes, teilweise auf einer sog. Startgutschrift für die Beschäftigungszeit vor 02 beruhendes Anrecht intern geteilt. Auf die Ehezeit entfielen 44,49 Versorgungspunkte. Das AG übertrug die nummerische Hälfte davon, also 22,245 Versorgungspunkte auf den Ehemann. Dagegen legte der Versorgungsträger Beschwerde ein mit dem Ziel, nur 17,33 Versorgungspunkte zu übertragen. Das OLG entschied, dass ein Wertausgleich dieses Anrechts bei der Scheidung nicht stattfindet. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.
Entscheidungsgründe
Zu Recht macht der Versorgungsträger geltend, dass nach den geltenden Satzungsbestimmungen nur 17,33 Versorgungspunkte auf den Ehemann übertragen werden dürfen. Der Ausgleichswert des Anrechts weicht aus zwei Gründen von der Hälfte der Versorgungspunkte ab, die die Ehefrau in der Ehezeit erworben hat. Zum einen durfte der Versorgungsträger Teilungskosten abziehen. Zum anderen waren die unterschiedlichen Barwertfaktoren für die Ehefrau und den Ehemann zu berücksichtigen.
Der Ausgleich kann jedoch derzeit nicht durchgeführt werden. Die Ehefrau gehört zu den sog. rentenfernen Versicherten. Nach der BGH-Rechtsprechung (BGHZ 174, 127 = FK 08, 52, Abruf-Nr. 073842) sind die bisherigen Satzungsbestimmungen, die die Berechnung der Startgutschrift für die vor 02 zurückgelegte Beschäftigungszeit für diesen Personenkreis regeln, verfassungswidrig. Deshalb musste das Verfahren über den Ausgleich eines solchen Anrechts nach früherem Recht entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt werden. Nach neuem Recht - maßgebend ist nun § 21 FamFG - ist eine Aussetzung nicht mehr erforderlich. Das Anrecht der Ehefrau ist als nicht ausgleichsreif i.S. des § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG anzusehen, weil es der Höhe nach noch nicht hinreichend verfestigt ist. Seine Höhe hängt von einer künftigen Einigung der Tarifparteien des öffentlichen Dienstes und einer entsprechenden Änderung der Satzung des Versorgungsträgers ab. Das Anrecht ist deshalb nicht in den Wertausgleich bei der Scheidung einzubeziehen. Vielmehr verbleiben dem Ehemann (schuldrechtliche) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 22 bis 26 VersAusglG.
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