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  • · Fachbeitrag · Änderung der BGH-Rechtsprechung

    Sämtliche Rechenmodelle zum Ansatz des Werts des Nießbrauchs sind obsolet

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    • 1. Ist Vermögen, das ein Ehegatte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zugunsten des Übergebers mit einem Nießbrauch belastet, unterliegt der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs für den dazwischenliegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht dem Zugewinnausgleich.
    • 2. Um diesen Wertzuwachs im Zugewinnausgleich rechnerisch zu erfassen, ist eine auf einzelne Zeitabschnitte aufgeteilte Bewertung des gleitenden Erwerbsvorgangs nicht erforderlich. Das gleiche Ergebnis kann vielmehr schon dadurch erreicht werden, dass bei der Berechnung des Zugewinns des Zuwendungsempfängers auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs- und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet wird.
    • 3. Ist hingegen der Wert des Nießbrauchs gestiegen, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum einen Wertzuwachs (hier: infolge gestiegener Grundstückspreise) erfahren hat, muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs- und Endvermögen eingestellt werden, ohne dass es weiterer Korrekturen des Anfangsvermögens bedarf.
     

    Sachverhalt

    Das AG hat der Ehefrau F einen Zugewinnausgleich (ZGA) zugesprochen. Gegenstand war u.a. ein der F von deren Mutter M übertragenes Hausgrundstück, das mit einem Nießbrauchrecht zugunsten der Eltern der F belastet war. Als der Scheidungsantrag zugestellt wurde, lebte nur noch die M. Der Entscheidung lag ein Sachverständigengutachten über den Verkehrswert des Anwesens zu dem Zeitpunkt zugrunde, als der Scheidungsantrag zugestellt und zu dem Zeitpunkt als das Grundstück übertragen wurde. Der Sachverständige hatte einen „negativen gleitenden Zuerwerb“ durch die Wertsteigerung des Nießbrauchs zum Ehezeitende ermittelt. Ehemann M und F haben sich mit der Bewertung mit Ausnahme des Betrags für den negativen gleitenden Zugewinnerwerb einverstanden erklärt. Das OLG hat der Beschwerde der F überwiegend stattgegeben, weil kein gleitender negativer Zuerwerb anzusetzen sei. Die zugelassene Rechtsbeschwerde des M blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Wertsteigerung, die gem. § 1374 Abs. 2 BGB privilegiertes Vermögen dadurch erfährt, dass der Wert eines vom Zuwendenden angeordneten oder ihm vorbehaltenen lebenslangen Nießbrauchs allmählich absinkt, stellt selbst einen privilegierten Vermögenserwerb dar. Dieser unterliegt nicht dem ZGA (BGH FamRZ 07, 978). Denn ein Ehegatte hat die Zuwendung mit der Aussicht erworben, dass spätestens mit dem Tod des Begünstigten das Grundstück nicht mehr belastet sein wird. Daher erstreckt sich der Erwerbsvorgang - hinsichtlich der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit - sowohl bei der Übertragung eines Grundstücks unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts als auch bei der Belastung durch ein Nießbrauchrecht zugunsten des Zuwendenden über den gesamten Zeitraum der zwischen der Grundstücksübertragung und dem Tod des Berechtigten liegt.