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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Lange Trennungszeit als Härtegrund

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    Allein eine ungewöhnlich lange Trennungszeit von Ehegatten rechtfertigt nicht gem. § 1381 BGB die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichspflicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Vielmehr müssen weitere Gründe hinzutreten, aus denen sich ein Leistungsverweigerungsrecht ergibt (BGH 9.10.13, XII ZR 125/12, FamRZ 13, 1954, Abruf-Nr. 133655).

     

    Sachverhalt

    Die Ehe der Parteien ist rechtskräftig geschieden worden. Im vorliegenden Verfahren streiten sie über den Zugewinnausgleich (ZGA) und dabei über die Höhe des dem Beklagten gem. § 1374 Abs. 2 BGB zuzurechnenden Anfangs- (AV) und Endvermögens (EV) und über die Bewertung von drei Grundstücken. Darüber hinaus streiten sie, ob ein ZGA gem. § 1381 BGB wegen unbilliger Härte auszuschließen ist. Das AG hat den Beklagten zur Zahlung verurteilt. Das OLG hat auf die Berufung des Beklagten hin den Zahlbetrag verringert. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Begehren erfolgreich weiterverfolgt.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision ist begründet. Die Entscheidung kann im Hinblick auf die Beweiswürdigung bezüglich des AV keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es hierzu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Das Urteil ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

     

    Nicht zu beanstanden ist, dass das OLG eine grobe Unbilligkeit gem. § 1381 BGB verneint hat. Die Vorschrift ermöglicht eine Korrektur grob unbilliger und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechender Ergebnisse. Diese können sich in besonders gelagerten Fällen aus der schematischen Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben. Beispiele dafür sind in § 1381 Abs. 2 BGB näher aufgeführt und betreffen Pflichten der Eheleute auf wirtschaftlichem Gebiet. Insoweit ist ein schuldhaftes Verhalten Voraussetzung, was jedoch bei Abs. 1 der Vorschrift nicht stets und ausnahmslos gilt. Deshalb hat der Senat in der Vergangenheit in einem Fall die Anwendbarkeit von § 1381 BGB erwogen, in dem die Ehegatten ungewöhnlich lange getrennt gelebt und der Ausgleichspflichtige sein EV erst nach der Trennung erwirtschaftet hat. Deshalb hat jede innere Beziehung dieses Vermögens zu der ehelichen Lebensgemeinschaft gefehlt (BGH FamRZ 02, 606, 608).

     

    Vorliegend ist der Sachverhalt vom OLG jedoch zutreffend anders beurteilt worden. Bereits aufgrund des Zeitpunkts des Erwerbs der Grundstücke, der etwa acht Jahre vor der Trennung gelegen hat, fehlt dem aus den Grundstücken bestehenden Teil des EV des Beklagten gerade nicht eine innere Beziehung zu der ehelichen Lebensgemeinschaft. Es kommt hinzu, dass das Haus noch während des Zusammenlebens der Parteien erweitert und renoviert worden ist. Auch die Zuwendung eines Nießbrauchs ist mehrere Jahre vor der Trennung erfolgt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Parteien keine vollständige wirtschaftliche Trennung herbeigeführt haben. Sie sind weiterhin steuerlich gemeinsam veranlagt worden. Der Beklagte hat die Klägerin weiterhin durch Zahlung von Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen teilhaben lassen.

     

    Allein die Tatsache, dass die Parteien ungewöhnlich lange keine eheliche Gemeinschaft mehr unterhalten haben, rechtfertigt nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichspflicht. Nach der gesetzlichen Regelung des § 1384 BGB fallen die Trennungszeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags in den Zeitraum, für den ein ZGA stattfindet, sodass Vermögensänderungen zwischen Trennung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags einzubeziehen sind.

     

    Ein Ausgleichspflichtiger, der von einer Scheidung absehen möchte, ist durch §§ 1385, 1386 BGB in die Lage versetzt, einem Ausgleich seines anwachsenden Zugewinns zu begegnen. Wenn er davon keinen Gebrauch macht, ist der Ausgleich - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht grob unbillig (so auch OLG Celle FamRZ 92, 1300, 1301).

     

    Praxishinweis

    Die Ausführungen des BGH zu § 1381 BGB sind eindeutig und zutreffend. Die Entscheidung verdeutlicht aber eine ggf. bestehende Notwendigkeit, eine Zugewinngemeinschaft nach einer langen Trennungszeit nach Maßgabe der § 1385 Abs. 1 Nr. 1, § 1386 BGB durch einen vorzeitigen ZGA zu beenden. Mit Rechtskraft der Entscheidung tritt gem. § 1388 BGB Gütertrennung ein.

     

    In der anwaltlichen Beratung ist deshalb diese Frage eingehend zu erörtern. Denn ein Verfahren auf vorzeitigen ZGA kann auch während des laufenden Scheidungsverfahrens selbst bei Anhängigkeit des ZGA durchgeführt werden (OLG Karlsruhe FamRZ 04, 466; Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 4. Aufl., Rn 358).

     

    Weiterführende Hinweise

    • BGH FamRZ 02, 606, zum ZGA der Witwe gegen die Erben des Ehemanns für den während einer langjährigen Trennung erzielten Zugewinn
    • Reinken, FamFR 13, 412, zu Einzelproblemen beim Leistungsverweigerungsrecht des Zugewinnausgleichspflichtigen nach § 1381 BGB
    • Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 4. Aufl.
    • KG FamRZ 01, 166, zum Verfahren des vorzeitigen Zugewinnausgleichs
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 28 | ID 42425528