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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Selbstständiger Handelsvertreter: i.d.R. kein Goodwill

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    Bei einer von einem Ehegatten als selbstständigem Handelsvertreter am Bewertungsstichtag noch betriebenen Versicherungsagentur sind grundsätzlich weder ein über den Substanzwert hinausgehender Goodwill der Agentur noch ein künftiger Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (BGH 4.12.13, XII ZB 534/12, MDR 14, 160 Abruf-Nr. 140242).

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich (ZGA). Bei Zustellung des Scheidungsantrags war der Antragsgegner Inhaber einer Generalagentur der A. Versicherung. Diese wird inzwischen von seinem Sohn geführt. Die Antragstellerin hatte im Wege des Stufenantrags u.a. Auskunft über das EV des Antragsgegners begehrt. Dieser hat die Jahresabschlüsse seiner Versicherungsagentur aus zwei Jahren vorgelegt. Das AG hat danach den Auskunftsanspruch als erfüllt angesehen und den Antrag durch Teilbeschluss abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde hat die Antragstellerin erfolglos eine ergänzende Auskunftserteilung durch Bezifferung des Goodwills bzw. durch eine Bezifferung des Werts des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB begehrt. Auch die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Für die Berechnung des EV ist auf den objektiven Verkehrswert des Vermögensgegenstands abzustellen. Daneben ist ein Geschäftswert (Goodwill) zu beachten. Dieser besteht darin, dass das Unternehmen im Verkehr höher eingeschätzt wird als es dem reinen Substanzwert der zum Unternehmen gehörenden Vermögensgegenstände entspricht (BGH FamRZ 11, 622; 77, 38, 39).

     

    Für den Gewerbebetrieb eines selbstständigen Handelsvertreters (HV) kommt jedoch nur ausnahmsweise ein Goodwill in Betracht (BGH FamRZ 77, 386; 11, 183; BFH VersR 08, 1110). Ein Unternehmer beauftragt einen HV nur, weil er ihm und dessen kaufmännischen Fähigkeiten vertraut. Die Beziehung zum Unternehmer hat für den HV einen erheblichen Wert, der nicht von seiner Person zu lösen ist. Es handelt sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der den HV im Zweifel gegenüber dem Unternehmer zu persönlichen Dienstleistungen verpflichtet. Ein HV kann seinen Gewerbebetrieb nicht einseitig auf einen Nachfolger übertragen. Der Unternehmer muss mitwirken und zustimmen. Dies ist nicht erzwingbar. Der vom HV aufgebaute Kundenstamm und die Aussicht auf weitere vorteilhafte Geschäftsbeziehungen zu den Kunden stellen zwar einen immateriellen Vermögenswert dar, der jedoch allein dem Unternehmer zusteht. Darauf beruht die ausschließliche Subjektbezogenheit des Unternehmenswerts. Auf der Grundlage des Geschäftsbesorgungsvertrags ist der Versicherungsvertreter gegenüber dem Versicherer verpflichtet, sich um den Abschluss von Versicherungsgeschäften zu bemühen und den Bestand an Versicherungsverträgen zu erhöhen. Rechtlich und wirtschaftlich ist der Versicherungsbestand allein dem Versicherer zugeordnet und muss bei Beendigung des Agenturvertrags an diesen zurückgegeben werden. Deshalb ist die Ansicht vertreten worden, die Agentur eines selbstständigen Versicherungsvertreters allein nach dem Substanzwert zu bewerten (OLG Stuttgart FamRZ 95, 1586; OLG Hamm NJW-RR 11, 1443). Soweit vertreten wird, dass es für den Verkauf von Versicherungsagenturen einen Markt gebe, sind keine Tatsachen vorgetragen, die dies rechtfertigten.

     

    Auch ein späterer Ausgleichsanspruch des Antragsgegners nach § 89b HGB gegen die Versicherung ist nicht zu berücksichtigen. Zwar sind alle objektiv bewertbaren Rechte im Anfangs- (AV) oder EV anzusetzen, soweit sie am Stichtag entstanden sind. Dazu gehören geschützte Anwartschaften mit dem gegenwärtigen Vermögenswert, vergleichbare Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig sind und nach wirtschaftlichen Maßstäben - notfalls durch Schenkung - bewertbar sind (BGH FamRZ 01, 278, 280). Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Anrechte, die noch nicht zur Anwartschaft erstarkt sind, bleiben unberücksichtigt (BGH FamRZ 07, 877). Ein möglicher Ausgleichsanspruch eines selbstständigen Versicherungsvertreters, dessen Vertragsverhältnis am Stichtag noch nicht beendet ist, ist ein in seiner Entstehung ungewisses Recht, das keine gesicherte Rechtsposition darstellt. Denn der Ausgleichsanspruch entsteht erst mit der rechtlichen Beendigung des Vertreterverhältnisses (BGH NJW-RR 12, 674). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Versicherungswirtschaft aufgestellten Grundsätzen, um einen Ausgleichsanspruch zu errechnen (a. A.: Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 4. Aufl., Rn. 217). Die Grundsätze stellen Berechnungsmethoden zur Verfügung, um die Höhe des Ausgleichsanspruchs zu ermitteln. Sie regeln jedoch nicht die allgemeinen Voraussetzungen dafür, wie ein Ausgleichsanspruch entsteht.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BGH regelt die streitige Problematik der Bewertung einer von einem selbstständigen HV betriebenen Versicherungsagentur. Dessen Bewertung richtet sich ausschließlich nach dem sog. Substanzwert.

     

    Etwas anderes dürfte jedoch für den Wert eines Versicherungsmaklerunternehmens gelten. Insoweit hat das OLG Köln das modifizierte Ertragswertverfahren angewandt (FamRZ 12, 1713). Versicherungsmaklerunternehmen sind veräußerlich. Im Internet kann ermittelt werden, ob es einen Markt für bestimmte Unternehmen gibt, z.B. www.biz-trade.de. Ist dies zu bejahen und enthält das Verkaufsangebot einen Kaufpreis, der über dem Substanzwert liegt, ist der Geschäftswert nach der Ertragswertmethode zu prüfen. Kommt es auf die persönliche Mitarbeit an, greift das modifizierte Ertragswertverfahren. Ob ein positiver Ertragswert gegeben ist, muss ein Sachverständiger klären. Im Beweisbeschluss ist die Bewertungsmethode anzugeben. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Richter entscheidet.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Fortführung von BGH FamRZ 77, 386, zur Bewertung eines HV-Unternehmens im ZGA
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 56 | ID 42539146