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  • · Fachbeitrag · Auskunftsverfahren

    Beschwerdewert für ein Rechtsmittel gegen eine den Auskunftsanspruch abweisende Entscheidung

    von VRiOLG a.D. Dr. Jürgen Soyka, Meerbusch

    | Wie bemisst sich der Beschwerdewert, wenn ein Auskunftsanspruch abgewiesen wurde? Die Frage ist bedeutsam, da sich danach auch die Anwaltsgebühren richten. Der BGH hat dazu Stellung genommen. |

     

    Sachverhalt

    Die Antragsgegnerin (F) begehrt von ihrem getrennt lebenden Ehemann, dem Antragsteller (M), im Rahmen des im Scheidungsverbund anhängigen Verfahrens über den Zugewinnausgleich (ZGA) Auskunft über den Bestand seines Endvermögens (EV). Die F ist italienische Staatsangehörige, der M schwedischer Staatsangehöriger. Der Scheidungsantrag ist der F zugestellt worden. Der M begehrt ZGA. In der Auskunftsstufe haben beide Auskunft über ihr Vermögen zum Stichtag erteilt. Daraufhin hat der M seinen Anspruch beziffert. Die F hat die Auffassung vertreten, die güterrechtlichen Wirkungen richteten sich nach italienischem Recht, da sie italienische Staatsangehörige sei. Sie hat gleichwohl für den Fall, dass deutsches Recht angewendet werde, vom M Auskunft über sein Vermögen zum Stichtag, dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt, verlangt sowie zum unter Berücksichtigung des Trennungsjahres errechneten (fiktiven) Stichtag. Die Auskunft über das Vermögen zu dem von F behaupteten Stichtag hat der M erteilt.

     

    Das AG hat den Antrag der F auf Auskunft über den Bestand ihres EV zum fiktiven Stichtag mit Teilbeschluss abgewiesen. Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe unterlägen deutschem Güterrecht, die Auskunftspflicht zu dem fiktiven Stichtag bestehe deswegen nicht. Mit ihrer Beschwerde hat die F beantragt, italienisches materielles Recht auf den Güterstand für anwendbar zu erklären und hilfsweise dem Auskunftsanspruch zum fiktiven Stichtag stattzugeben. Beschwerde und Rechtsbeschwerde wurden als unzulässig verworfen.

     

    • a) Legt der in erster Instanz unterlegene Anspruchsteller in einem Verfahren, das die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren betrifft, Rechtsmittel ein, so richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach seinem wirtschaftlichen Interesse an der Erteilung der Auskunft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12.11.11, XII ZB 127/11, FamRZ 11, 1929).
    • b) Zur Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei in erster Instanz abgewiesenem Auskunftsantrag in einem Güterrechtsverfahren.
     

    Entscheidungsgründe

    Die Beschwer richtet sich nur nach dem Wert des Auskunftsantrags, weil das AG nur darüber entschieden hat. Das AG sieht den Antrag als hilfsweise für den Fall gestellt, dass sich die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nach deutschem Güterrecht richten. Dies begründet jedoch kein Eventualverhältnis, weil der Antrag nicht von der Entscheidung über einen entsprechenden Hauptantrag abhängt. Der erst mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Feststellungsantrag zum anwendbaren Recht kann unabhängig davon, ob er zulässig ist, den Wert des Beschwerdegegenstands nicht erhöhen. Dieser bemisst sich nach der erstinstanzlichen Entscheidung und erhöht sich nicht um den Wert eines erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags.

     

    Hat das Gericht einen Auskunftsantrag abgewiesen, richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem wirtschaftlichen Interesse daran, die Auskunft zu erteilen. Dies ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Der Wert des Auskunftsanspruchs kann i. d. R. nur einen Bruchteil, also 1/10 bis 1/4 des Leistungsantrags betragen, weil die Auskunft es erst vorbereiten und erleichtern soll, den Leistungsanspruch geltend zu machen.

     

    Dieser Bruchteil ist umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des M von den maßgeblichen Tatsachen sind, um den Leistungsanspruch zu begründen. Daher bildet der Leistungsanspruch die Schätzungsgrundlage für den anzusetzenden Wert, der auch zu schätzen ist, § 3 ZPO. Dies geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des M danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er vom Wert des Leistungsanspruchs hat. Dabei ist auch zu beachten, ob ein solcher Anspruch nach den festgestellten Verhältnissen überhaupt oder nur in geringerer Höhe in Betracht kommt mit der Folge, dass das Interesse des Rechtsmittelklägers unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechend geringer zu bewerten ist. Auch insoweit ist die Beschwerdeeinlegung der maßgebliche Zeitpunkt dafür, den Wert zu bemessen. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt hier 600 EUR nicht.

     

    Hier besteht das wirtschaftliche Interesse der F an der Auskunft zum EV erkennbar nicht darin, einen eigenen Zahlungsanspruch vorzubereiten, sondern den ZGA-Anspruch des M so weit wie möglich zu reduzieren. Maßgeblich ist für die Wertbemessung daher, in welchem Umfang sie nach ihren Vorstellungen den gegen sie gerichteten Anspruch mittels der Auskunft der Höhe nach begrenzen kann. Das hinter dem Auskunftsanspruch stehende Leistungsinteresse ist mithin grundsätzlich mit dem Abwehrinteresse der F gegen den Zahlungsanspruch des M identisch.

     

    Der durch den Teilbeschluss abgewiesene Auskunftsanspruch hatte jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur zum Ziel, die zugunsten des M bestehende Zugewinndifferenz zu reduzieren, in dem vom M im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Mehrungen seines Vermögens aufgedeckt werden sollten. Denn die Auskunft zum Stichtag, der Zustellung des Scheidungsantrags, ist bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens erteilt worden. Dabei hat das Beschwerdegericht zu Recht darauf abgestellt, welche in diesem Zeitraum erfolgten Vermögenszuwächse des M sich die F vorstellte. Allerdings konnte sich eine Erhöhung des Vermögensbestands beim M nur zur Hälfte auf seinen Anspruch auswirken, weil der ZGA-Anspruch sich gem. § 1378 Abs. 1 BGB auf die Hälfte des Überschusses beläuft.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidungen der letzten Jahre befassen sich immer mit dem Fall, dass einem Auskunftsanspruch stattgegeben wurde und der Auskunftspflichtige sich dagegen mit einem Rechtsmittel wehren musste. In diesem Fall kommt es auf die Kosten an, die durch die Auskunftspflicht entstehen. Weiterhin zu berücksichtigen sind Geheimhaltungsinteressen, Kosten im Vollstreckungsverfahren, Angriff gegen den Titel, insbesondere bei Unbestimmtheit des Titels, oder dann, wenn dieser auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (vgl. Soyka, FuR 16, 51 zu BGH 2.9.15, XII ZB 132/15).

     

    Davon zu unterscheiden ist der Beschwerdewert für ein Rechtsmittel gegen eine den Auskunftsanspruch abweisende Entscheidung. In diesem Fall richtet sich die Beschwer nach dem Interesse des Antragstellers daran, dass der Antragsgegner die Auskunft erteilt. Der BGH hat klare Grundsätze vorgegeben, wie diese Beschwer zu berechnen ist:

     

    • Zu klären ist, welchen Zahlungsanspruch sich der Antragsteller vorstellt. Dies ist der Ausgangspunkt dafür, wie der Wert zu berechnen ist. Die Vorstellungen über die Höhe des Zahlungsanspruchs sind gerichtlich zu überprüfen, ggf. zu begrenzen, wenn ein solcher Anspruch ersichtlich nicht in Betracht kommt. Anderenfalls ist diese Vorstellung zugrunde zu legen.

     

    • Da dieser Leistungsanspruch durch die Auskunft nur vorbereitet werden soll, darf für die Auskunftspflicht nur ein Prozentsatz davon zugrunde gelegt werden, den der BGH mit 10 bis 25 Prozent bemisst. Die Höhe des Prozentsatzes in dieser Bandbreite richtet sich danach, inwieweit der Zahlungsanspruch schon vorbereitet ist und wie bedeutsam die Auskunft für die genaue Bezifferung ist. Je ungesicherter die vorhandenen Grundlagen dafür sind, den Leistungsanspruch zu bemessen, desto höher ist der Prozentsatz, der für die Wertbemessung zugrunde zu legen ist. Die Ausführungen betreffen also schon die Wertfestsetzung für den Verfahrenswert der ersten Instanz.

     

    Beachten Sie | Die Ausführungen zeigen, dass in vielen Fällen die AGe den Verfahrenswert viel zu niedrig ansetzen. Sie arbeiten mit Standardwerten von 500 oder 1.000 EUR. Maßgebend ist allerdings vielmehr, welchen Zahlungsanspruch sich der Antragsteller vorstellt. Davon ist der Prozentsatz zu ermitteln. Dies wird in sehr vielen Fällen, gerade im ZGA, dazu führen, dass die Verfahrenswerte für begehrte Auskünfte wesentlich höher zu bewerten sind. Folge ist, dass der Anwalt höhere Gebühren abrechnen kann.

     

    PRAXISHINWEIS | Um den Gerichten die Arbeit zu erleichtern, wenn sie den Verfahrenswert festsetzen, sollte der Anwalt schon in der Antragsschrift die Vorstellungen über die Höhe des Leistungsantrags mitteilen, damit das Gericht auf dieser Basis den Verfahrenswert festsetzen kann.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2017 | Seite 206 | ID 44098793