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  • · Fachbeitrag · Betreuungsrecht

    Entbehrlichkeit einer Anhörung des Betroffenen

    von Prof. Dr. Wolfgang Böh, FA Erbrecht und FA Steuerrecht, München

    | Entweder erstinstanzlich oder in der Beschwerdeinstanz ist eine persönliche Anhörung des Betroffenen im Betreuungsverfahren grundsätzlich zwingend. Ist eine betroffene Person offensichtlich nicht in der Lage, ihren Willen kundzutun, ist eine Anhörung nur entbehrlich, wenn sich dasBetreuungsgericht erstinstanzlich respektive das Beschwerdegericht hierüber einen persönlichen Eindruck verschafft hat. Dies wird weder durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers noch mit Blick auf die Gefahren der Coronapandemie obsolet. |

     

    Sachverhalt

    Die Betroffene (B) war gesundheitlich stark angeschlagen. Während des Verfahrens zu einer vorläufigen Betreuerbestellung war sie an einer Encephalitis erkrankt. Der Zustand besserte sich kurzzeitig. Monate später erlitt sie einen Herzstillstand und lag ab diesem Zeitpunkt im Wachkoma. Nach der Entscheidung des BGH ist die B zwischenzeitlich verstorben. Im Rahmen einer vorläufigen Betreuerbestellung wurden Ehemann und Sohn als vorläufige Betreuer bestellt. Dieser einstweiligen Anordnung lag eine Anhörung zugrunde. Nach dem Herzstillstand und während die B im Wachkoma lag, wurden die Aufgabenkreise von Ehemann und Sohn stark reduziert, im Wesentlichen auf den Bereich der Gesundheitssorge. Eine Anhörung der B fand nicht erneut statt. Weder das Betreuungsgericht noch das Beschwerdegericht haben sich einen persönlichen Eindruck verschafft. Für die übrigen Aufgabenkreise wurde eine Berufsbetreuerin eingesetzt. Das Betreuungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass der im Ausland befindliche Sohn, der wegen der Corona-Beschränkungen zeitweise nicht einreisen konnte, nicht vollumfänglich geeignet wäre. Hier hatte die hinzugezogene Betreuungsbehörde dem Betreuungsgericht gegenüber auch Vorbehalte gegenüber dem Sohn und dem Ehemann geäußert (BGH 4.11.20, XII ZB 344/20, Abruf-Nr. 219427).

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH hat mit folgenden Kernaussagen die Entscheidungen des Betreuungsgerichts und des Beschwerdegerichts nivelliert: