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  • · Nachricht · Einwand der Rechtshängigkeit

    Verfahren vor dem Scharia-Gericht führt zur Unzulässigkeit des Scheidungsverfahrens vor einem deutschen Gericht

    | Ehescheidungsverfahren können nicht gleichzeitig vor einem deutschen Familiengericht und vor einem Scharia-Gericht im Libanon betrieben werden (OLG Hamm 6.1.17, 3 UF 106/16). |

     

    Die Eheleute stammen aus dem Libanon. Sie schlossen die Ehe vor einem sunnitischen Scharia-Gericht im Libanon. Anschließend lebten sie in Deutschland. Nach der Trennung beantragte die Ehefrau (F) die Ehescheidung wegen nachgewiesenen Verschuldens des Ehemanns (M) („al tafreeq“) und die Leistung einer Abendgabe beim zuständigen Scharia-Gericht in Jiyeh (Libanon). Sie stellte zudem einen Scheidungsantrag beim Familiengericht (AG). In diesem Scheidungsverfahren hat der M beantragt, den Scheidungsantrag zurückzuweisen, weil er nicht geschieden werden wolle und im Libanon zu Unrecht auf Zahlung einer Abendgabe verklagt worden sei.

     

    Nachdem die F bei ihrer Anhörung durch das AG angegeben hatte, im Libanon laufe noch ein Verfahren auf „Trennung und Zahlung der Brautgabe“, hat das AG die beantragte Scheidung ausgesprochen und die Durchführung des Versorgungsausgleichs angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde des M war - vorläufig - erfolgreich.

     

    Begründung des OLG: Dem deutschen Ehescheidungsverfahren steht ein Verfahrenshindernis entgegen, der den angefochtenen Beschluss unzulässig macht. Die F ist beim Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem deutschen AG aus prozessualen Gründen daran gehindert gewesen, einen zulässigen und wirksamen Scheidungsantrag zu stellen. Zwar sind das deutsche AG und ihm folgend das OLG für Scheidungsverfahren wie das vorliegende grundsätzlich international zuständig und auch befugt, eine nach dem Scharia-Recht im Libanon geschlossene Ehe zu scheiden.

     

    Hieran sind das AG und der Senat aber hier aufgrund des parallelen, von der F im Libanon vor dem Scharia-Gericht anhängig und rechtshängig gemachten Ehescheidungs- und Morgengabeverfahrens gehindert. Die Überprüfung der zu diesem Verfahren vorgelegten Urkunden habe ergeben, dass die F in dem Verfahren ebenfalls die Scheidung begehrt und das Scheidungsverfahren vor dem Scharia-Gericht früher durch Zustellung des Antrags an den M rechtshängig geworden ist als das deutsche Scheidungsverfahren. Dem deutschen Ehescheidungsverfahren steht deswegen der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit entgegen. Es ist auszusetzen und kann erst nach dem Abschluss des Ehescheidungs- und Morgengabeverfahrens im Libanon fortgesetzt werden.

     

    Quelle: ID 44500817