16.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131273
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 27.02.2013 – XII ZB 90/11
a)Zur Anpassung eines ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse im Wege der Ausübungskontrolle.
b)Im Rahmen der Ausübungskontrolle kann dem ausgleichsberechtigten Ehegatten der unterlassene Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften in der Ehezeit nicht vorgehalten werden, wenn dies auf einer gemeinsamen Lebensplanung beruht oder von dem ausgleichspflichtigen Ehegatten während bestehender Lebensgemeinschaft geduldet oder gebilligt worden ist.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 7. Februar 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.000 €
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten im Scheidungsverbund über den Versorgungsausgleich und dabei insbesondere über die Wirksamkeit eines Ehevertrages.
2
Der 1948 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1950 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 18. Dezember 1981. Aus ihrer Verbindung waren bereits vor der Eheschließung ein 1979 geborener Sohn und eine 1981 geborene Tochter hervorgegangen.
3
Der Ehemann, der seiner geschiedenen Frau und zwei minderjährigen Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtig war, hatte sich im Jahre 1977 mit einem Konstruktionsbüro selbständig gemacht. Die Ehefrau hatte mit der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes im Jahre 1979 ihre bisherige Beschäftigung als Fabrikationshelferin aufgeben und war seit dem Jahre 1980 im Konstruktionsbüro des Ehemannes als Bürokraft angestellt. Am 2. September 1982 schlossen die Parteien einen notariellen Betriebsübertragungsvertrag, mit dem der Ehemann sein Unternehmen mit sämtlichen Aktiva und Passiva ohne Gegenleistung auf die Ehefrau übertrug. Im gleichen Notartermin beurkundeten die Parteien einen Ehevertrag, durch den sie Gütertrennung vereinbarten und den Versorgungsausgleich ausschlossen. Es wurde ferner übereinstimmend festgestellt, dass der gesamte Hausrat von der Ehefrau in die Ehe eingebracht worden und in ihrem Alleineigentum verblieben sei; Regelungen zum Unterhalt wurden nicht getroffen.
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In der Folgezeit erzielte der Ehemann Einkünfte als freier Mitarbeiter des Konstruktionsbüros, während der Ehefrau als Bürokraft unverändert ein sozialversicherungspflichtiges Bruttogehalt in monatlicher Höhe von rund 1.000 DM gezahlt wurde. Die Ehefrau führte daneben den Haushalt und betreute die gemeinsamen Kinder.
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Der Betrieb des Konstruktionsbüros wurde zum 15. März 1991 eingestellt. Der Ehemann nahm am 16. März 1991 eine abhängige Beschäftigung als Angestellter der Volkswagen AG auf und erwarb Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sowie betriebliche Versorgungsanrechte. Im Jahre 1992 endeten die aus der geschiedenen Ehe des Ehemannes herrührenden Unterhaltspflichten. Die Ehefrau war nach der Aufgabe des Konstruktionsbüros nur noch sporadisch und weitgehend im Rahmen sozialversicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse erwerbstätig. In der gesetzlichen Ehezeit (1. Dezember 1981 bis 30. Juni 2008) hat der Ehemann Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 816,39 € sowie volldynamische Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von monatlich 244,70 € erworben. Dem stehen aufseiten der Ehefrau ehezeitanteilige Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 144,44 € gegenüber.
6
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien durch Urteil vom 3. März 2009 geschieden und den Versorgungsausgleich nach altem Recht uneingeschränkt durchgeführt, indem es zulasten des Versicherungskontos des Ehemannes bei der DRV Bund auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Braunschweig-Hannover im Wege des Rentensplittings Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 335,98 € sowie im Wege des erweiterten Splittings weitere Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 49,70 € übertragen hat; im Übrigen hat es der Ehefrau den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich gerichtete Beschwerde des Ehemannes, mit der er im Wesentlichen geltend gemacht hat, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Korrektur des Ehevertrages unbillig sei, weil die Ehefrau in den 1990er Jahren in erheblichem Umfang Schwarzarbeit betrieben und sie deshalb den unzureichenden Aufbau einer eigenen Altersversorgung selbst zu vertreten habe, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs erstrebt.
II.
7
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
8
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verbundverfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 XII ZB 197/10 FamRZ 2011, 100 Rn. 10) und eine Endentscheidung im ersten Rechtszug bis zum 31. August 2010 erlassen worden ist (vgl. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG).
9
1. Das Beschwerdegericht hat die von dem Amtsgericht angeordnete Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach dem Maßstab der schematischen Halbteilung aller in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gebilligt und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
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Der Versorgungsausgleich sei nicht durch den Ehevertrag vom 2. September 1982 ausgeschlossen. Allerdings halte der Ehevertrag im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB einer Wirksamkeitskontrolle stand. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Jahre 1982 habe der vertraglich vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleiches keine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau begründet. Zwar seien die Kinder der Parteien noch sehr jung gewesen und die Ehefrau habe sich nach ihrem Vorbringen überwiegend um die Kindererziehung und den Haushalt gekümmert. Der Ehemann sei aber seit dem Jahre 1977 selbständig gewesen und habe während seiner Selbständigkeit keine gesetzlichen oder betrieblichen Versorgungsanwartschaften erworben, während die Ehefrau seit 1980 im Büro des Ehemannes mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Bürohilfe beschäftigt gewesen sei. Damit habe die Ehefrau gerade nicht benachteiligt werden, sondern der Ausschluss des Versorgungsausgleichs habe dazu führen sollen, ihr im Falle der Scheidung ihre Rentenanwartschaften zu erhalten.
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Allerdings verhalte sich der Ehemann mit der Berufung auf den Ehevertrag rechtsmissbräuchlich, weil die einvernehmliche Ausgestaltung des Ehelebens von den gemeinsamen Vorstellungen bei Vertragsschluss erheblich abgewichen sei und der Ehefrau daher ein Festhalten am Ehevertrag nicht mehr zugemutet werden könne. Der bereits einmal geschiedene Ehemann sei bei Vertragsschluss selbständig gewesen und habe was auch die formelle Übertragung seiner Firma auf die Ehefrau durch notarielle Urkunde vom gleichen Tage verdeutliche seiner "Altfamilie" möglichst wenige Zugriffsmöglichkeiten auf seine "Neufamilie" geben wollen. Diese Situation habe sich im Jahre 1991 grundlegend geändert, weil der Ehemann seine Selbständigkeit aufgegeben und eine abhängige Beschäftigung bei der Volkswagen AG aufgenommen habe. Anders als bei Abschluss des Ehevertrages vorhergesehen, habe der Ehemann noch in erheblichem Umfange gesetzliche Rentenanwartschaften und Anrechte auf betriebliche Altersversorgung erworben, während die Ehefrau mit Aufgabe der Selbständigkeit auch ihre Bürotätigkeit im Familienbetrieb verloren und seit dem Jahre 1991 kaum mehr Rentenanwartschaften erworben habe.
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Ein Festhalten am Ehevertrag sei der Ehefrau auch nicht deshalb zumutbar, weil sie angeblich in den Folgejahren in erheblichem Umfange als Küchenhilfe unbemerkt der Schwarzarbeit nachgegangen sei. Dieses Vorbringen des Ehemannes sei substanzlos, weil er weder dargelegt habe, zu welchen konkreten Zeitpunkten und mit welchem Lohn die Ehefrau eine solche Tätigkeit ausgeübt haben solle noch dazu vorgetragen habe, warum er in all den Jahren von der vermeintlich umfangreichen Schwarzarbeit der Ehefrau nichts bemerkt haben wolle. Selbst wenn man den Vorwurf der Schwarzarbeit aber als wahr unterstelle, h ätte auch der Ehemann selbst während der Ehe durch die Entlastung der Familienkasse von diesen Mehreinkünften der Ehefrau profitiert.
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Schließlich seien auch die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches nach § 1587 c BGB nicht gegeben. Die Ehefrau habe ihre Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, nicht gröblich verletzt. Der Umstand, dass sie nach dem Ende ihrer Beschäftigung im Familienbetrieb keine versicherungspflichtige Tätigkeit in größerem Umfange mehr ausgeübt habe, könne ihr nicht als illoyales Verhalten vorgeworfen werden, weil dies während bestehender Ehe so praktiziert worden und daher als gemeinsame Entscheidung von beiden Ehegatten zu tragen sei. Schließlich sei der Versorgungsausgleich auch nicht mit Blick auf die Versorgungslage der Parteien unbillig. Die Ehefrau habe Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 458,46 € erworben. Dem st ünden aufseiten des Ehemannes Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 1.083,43 € sowie eine Betriebsrente in Höhe von 245,78 € gegenüber. Die Durchführung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 335,98 € sowie weiteren 49,70 € auf das Versicherungskonto der Ehefrau könne daher nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht der Parteien führen.
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Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
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2. Zutreffend und insoweit für die Rechtsbeschwerde günstig ist das Beschwerdegericht zunächst davon ausgegangen, dass der Ehevertrag vom 2. September 1982 der Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB standhält.
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a) Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 XII ZR 129/10 FamRZ 2013, 195 Rn. 19 und vom 21. November 2012 XII ZR 48/11 FamRZ 2013, 269 Rn. 22).
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b) Nach diesen Maßstäben lässt sich schon in objektiver Hinsicht nicht feststellen, dass der Ehevertrag nach den Umständen bei Vertragsschluss in einem künftigen Scheidungsfall offenkundig zu einer einseitigen Belastung der Ehefrau geführt hätte. Der Verzicht auf den Versorgungsausgleich hätte sich angesichts der (später zunächst auch verwirklichten) Planungen der Eheleute bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung ihrer Mitarbeit im Konstruktionsbüro nur zugunsten der Ehefrau auswirken können, weil ausschließlich die gesetzlich rentenversicherte Ehefrau solche, dem Versorgungsausgleich unterfallenden Versorgungsanrechte erwerben sollte.
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Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Ehefrau aus der Sicht des Jahres 1982 durch die Vereinbarung der Gütertrennung vorhersehbar benachteiligt werden würde. Da die Ehefrau durch den parallel abgeschlossenen Betriebsübertragungsvertrag Alleininhaberin des Familienunternehmens geworden war, wäre ein möglicherweise in der Ehe erwirtschafteter Zuwachs des Unternehmenswertes ihrem eigenen Vermögen zugutegekommen und dieses Vermögen durch die vereinbarte Gütertrennung gegenüber güterrechtlichen Ansprüchen des Ehemannes abgesichert worden. Es mag zwar zutreffen, dass der Ehemann im Falle einer wirtschaftlich erfolgreichen Entwicklung des Familienbetriebs beim Scheitern der Ehe Teilhabeansprüche außerhalb des Güterrechts gegen die Ehefrau hätte geltend machen können; dies ändert aber nichts an der grundlegenden Beurteilung, dass sich die Vereinbarung der Gütertrennung bei Vertragsschluss jedenfalls nicht offenkundig für die Ehefrau nachteilig auswirken musste. Es ist auch nichts für die Annahme ersichtlich, dass die Parteien bei Vertragsschluss davon ausgegangen sind, dass der mit erheblichen Unterhaltspflichten belastete Ehemann bereit und in der Lage sein würde, aus seinen Einkünften als freier Mitarbeiter des Konstruktionsbüros eine private Vermögensbildung in nennenswertem Umfang zu betreiben. Vielmehr dürfte eher das Gegenteil der Fall gewesen sein, zumal die Gestaltung der beiden am 2. September 1982 geschlossenen notariellen Verträge offensichtlich darauf ausgerichtet war, die familiäre Vermögenssphäre zu Lasten des Ehemannes in einer Weise zu ordnen, dass sie gegenüber vermögens- oder erbrechtlichen Ansprüchen aus der geschiedenen Ehe des Ehemannes möglichst geringe Zugriffsmöglichkeiten bot. Aus diesem Grund wird man auch in subjektiver Hinsicht nicht davon ausgehen können, dass der Vertragsgestaltung aufseiten des Ehemannes eine verwerfliche Gesinnung gegenüber der Ehefrau zugrunde lag.
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3. Soweit ein Ehevertrag wie hier der Wirksamkeitskontrolle standhält, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können dabei auf Eheverträge Anwendung finden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von derjenigen ursprünglichen Lebensplanung abweicht, welche die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben.
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a) Richtig ist auch hier der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Ein zunächst wirksam vereinbarter völliger oder teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält einer Ausübungskontrolle nicht stand, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 XII ZB 57/03 FamRZ 2005, 185, 187). Unter den hier obwaltenden Umständen knüpft die Ausübungskontrolle an die Überlegung an, dass dem bei Vertragsschluss für die haushaltführende und kinderbetreuende Ehefrau beabsichtigten Versorgungskonzept einerseits Erwerb von gesetzlichen Rentenanwartschaften durch Erzielung von sozialversicherungspflichtigen Einkünften, andererseits Inhaberin des Familienbetriebes und des durch den Unternehmenswert repräsentierten Vermögens mit der Aufgabe des Konstruktionsbüros am 15. März 1991 die Grundlage entzogen war. Es käme im Scheidungsfall zu einer evident einseitigen und nach Treu und Glauben nicht hinnehmbaren Lastenverteilung, wenn die Ehefrau die Folgen der Entscheidung, sich nach der Aufgabe des Konstruktionsbüros unter Verzicht auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit ausschließlich der Familienarbeit zu widmen, ohne Kompensation allein tragen müsste, während der Ehemann einer abhängigen Beschäftigung nachgeht und dort Versorgungsanwartschaften erwirbt.
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b) Allerdings hat der Senat mehrfach betont, dass die richterliche Ausübungskontrolle weder ohne weiteres zur Unwirksamkeit des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolge noch dazu führt, dass die gesetzliche Regelung in Vollzug gesetzt wird. Vielmehr hat der Richter diejenige Rechtsfolge anzuordnen, welche die berechtigten Belange beider Parteien in der eingetretenen Situation in ausgewogener Weise berücksichtigt (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 XII ZR 129/10 FamRZ 2013, 195 Rn. 19 und vom 21. November 2012 XII ZR 48/11 FamRZ 2013, 269 Rn. 22). Diesen Maßstäben trägt die Entscheidung des Beschwerdegerichts, das ohne weiteres eine Halbteilung sämtlicher in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte für angemessen gehalten hat, nicht hinreichend Rechnung.
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aa) Durch die richterliche Anpassung von Eheverträgen im Wege der Ausübungskontrolle sollen ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Beruhen diese Nachteile wie letztlich auch hier darauf, dass ein Ehegatte aufgrund der ehelichen Rollenverteilung vollständig oder zeitweise auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit verzichtet hat, kann er durch die Anpassung des Ehevertrages nicht besser gestellt werden als er ohne die Ehe und den damit einhergehenden Erwerbsverzicht stünde (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2007 XII ZR 165/04 FamRZ 2007, 974 Rn. 28). Die richterliche Ausübungskontrolle hat sich daher im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Versorgungsanrechte die Ehefrau ohne die Ehe und die ehebedingte Rollenverteilung durch eigene Berufstätigkeit hätte erwerben können. Obere Grenze des Versorgungsausgleichs ist dabei allerdings immer dasjenige, was die Ehefrau bei Durchführung des Ausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften unter Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes erhalten hätte, wenn der Ausgleich nicht ehevertraglich ausgeschlossen worden wäre (Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 XII ZB 57/03 FamRZ 2005, 185, 187).
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bb) Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles erscheint es indessen nach Treu und Glauben nicht geboten, die Ehefrau auch für den Zeitraum bis März 1991 durch die Übertragung von Versorgungsanrechten zu Lasten des Ehemannes hinsichtlich ihrer Versorgungssituation so zu stellen, als hätte es die Ehe nicht gegeben.
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Es wird zwar durchaus davon auszugehen sein, dass der Ehefrau in dieser Zeit ehebedingte Versorgungsnachteile entstanden sind, weil sie in den 1980er Jahren bei Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung im erlernten oder vorehelich ausgeübten Beruf voraussichtlich höhere Rentenanwartschaften hätte aufbauen können als durch die sozialversicherungspflichtige Mitarbeit im Familienunternehmen; dort hat sie ausweislich der Versorgungsauskunft der DRV Braunschweig-Hannover vom 14. Januar 2009 im Kalenderjahr ohne die Berücksichtigung von Beitragszeiten für Kindererziehung (lediglich) Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einem Umfang von 0,3 bis 0,4 Entgeltpunkten erworben.
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Mit der Aufgabe des auf die Ehefrau übertragenen Familienunternehmens im März 1991 hat sich indessen lediglich ein von der Ehefrau mitzutragendes wirtschaftliches Risiko verwirklicht, welches dem ursprünglichen Versorgungskonzept der Parteien das für die Ehefrau nicht nur Risiken, sondern auch Chancen geboten hatte immanent war. Der Ehemann hat seinerseits zwischen der Eheschließung und der Aufgabe der Selbständigkeit überhaupt keine Versorgungsanrechte erworben, und das Beschwerdegericht hat auch nicht festgestellt, dass er in diesem Zeitraum ein privates Vermögen aufgebaut hat. Es ist deshalb nicht treuwidrig, wenn sich der Ehemann im Rahmen der Ausübungskontrolle darauf beruft, dass der Ehevertrag bis zum 15. März 1991 eine (sogar einseitige) wirtschaftliche Absicherung der Ehefrau gewährleistet und eine Anpassung des Vertrages insoweit zu unterbleiben habe.
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cc) Etwas anderes gilt für den Zeitraum seit dem 16. März 1991, weil sich die ehelichen Lebensumstände im Hinblick auf die beiderseitige Versorgungssituation rentenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit des Ehemannes, Familienarbeit der Ehefrau von diesem Zeitpunkt an einseitig und ausschließlich zu Lasten der Ehefrau geändert hatten.
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Aus der Versorgungsauskunft der DRV Braunschweig-Hannover vom 14. Januar 2009 ergibt sich, dass die Ehefrau zwischen dem 16. März 1991 und dem Ende der Ehezeit am 30. Juni 2008 tatsächlich insgesamt 1,6526 Entgeltpunkte erwerben konnte. Der vom Amtsgericht angeordnete öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch Rentensplitting in Höhe von 335,98 € und erweitertes Splitting in Höhe von 49,70 € würde auf dem Versicherungskonto der Ehefrau zu einem Zuschlag von 14,6814 Entgeltpunkten ([335,98 € + 49,70 €] / 26,27 € ARW am Ende der Ehezeit) führen. Rechnerisch wäre unter dem Gesichtspunkt des Nachteilsausgleichs eine Übertragung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Umfang gerechtfertigt, wenn die Ehefrau ohne Ehe und Kindererziehung im vorgenannten Zeitraum durch eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit (ebenfalls) mindestens 16,3340 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung oder andere wertgleiche Versorgungsanrechte hätte erwerben können. Die Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie und eines darauf beruhenden Versicherungsverlaufes ist Aufgabe des Tatrichters. Hierzu hat das Beschwerdegericht aus seiner Sicht folgerichtig bislang keine Feststellungen getroffen.
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4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf das Folgende hin:
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a) Die Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie kann im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres an die Überlegung anknüpfen, dass die Ehefrau ohne die Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1979 voraussichtlich bei ihrem damaligen Arbeitgeber weiter beschäftigt geblieben wäre. Berufliche Dispositionen, die wie hier die Aufgabe eines bestimmten Arbeitsplatzes bereits geraume Zeit vor der Eheschließung getroffen worden sind, haben keine ehebedingten Ursachen, auch wenn sie durch die voreheliche Betreuung gemeinsamer Kinder oder das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden sind (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 XII ZR 25/10 FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 XII ZR 148/10 zur Veröffentlichung bestimmt).
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b) Fiktive Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung werden in der Regel auf die Weise zu ermitteln sein, dass die gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Entgelte, die der berechtigte Ehegatte bei gedachter (vollschichtiger) Erwerbstätigkeit in den Jahren der ehebedingten Aufgabe oder Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hätte erzielen können, in das Verhältnis zum jeweils gegebenen Durchschnittsentgelt aller Versicherten gesetzt und die sich hieraus ergebende Summe an Entgeltpunkten ermittelt wird (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 XII ZR 129/10 FamRZ 2013, 195 Rn. 50 und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 XII ZB 57/03 FamRZ 2005, 185, 188). Bei einer längeren Aufgabe oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit kann zur Vereinfachung der Berechnung auch erwogen werden, der Berechnung einen durchschnittlichen Erwerb von Entgeltpunkten im Kalenderjahr zugrunde zu legen und diesen Durchschnittswert auf den gesamten Betrachtungszeitraum zu übertragen (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 XII ZR 129/10 FamRZ 2013, 195 Rn. 50); dabei kann gegebenenfalls auch das allgemeine Arbeitsmarktrisiko angemessen berücksichtigt werden. In jedem Falle hat der Tatrichter die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben, zumindest aber seine Hypothesen zur fiktiven Erwerbsbiographie anhand der aus Erfahrungen im jeweiligen Berufsfeld oder aus tariflichen Regelwerken gewonnenen Erkenntnisse einer nachvollziehbaren Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 XII ZR 129/10 FamRZ 2013, 195 Rn. 53).
31
c) Keinen rechtlichen Bedenken begegnen die Erwägungen, die das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit dem Vorbringen zur (vermeintlichen) Schwarzarbeit der Ehefrau angestellt hat.
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Zwar kann es auch im Rahmen der Ausübungskontrolle bei Eheverträgen eine Rolle spielen, wenn es der ausgleichsberechtigte Ehegatte, der sich auf eine unzumutbare Lastenverteilung als Folge des ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich beruft, in der Ehezeit vorwerfbar unterlassen hat, sich um den Aufbau einer eigenen Altersvorsorge zu bemühen, um damit seine ehebedingten Versorgungsnachteile zumindest teilweise selbst zu kompensieren. Wie nach den für die Anwendung der Härteklauseln (§ 1587 c BGB bzw. § 27 VersAusglG) geltenden Maßstäben kann dem ausgleichsberechtigten Ehegatten der unterlassene Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften in der Ehezeit allerdings nur dann vorgehalten werden, wenn sich dies als illoyales Verhalten gegenüber dem anderen Ehegatten darstellt, weil es nicht auf einer gemeinsamen Lebensplanung beruht (vgl. Johannsen/ Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 27 VersAusglG Rn. 49; FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 27 VersAusglG Rn. 21 mwN) oder von dem ausgleichspflichtigen Ehegatten während bestehender Lebensgemeinschaft nicht zumindest mit Nachsicht behandelt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 567, 568). Insoweit hat sich das Beschwerdegericht erkennbar schon keine Überzeugung davon verschaffen können, dass der Ehemann von der angeblich jahrelangen Ausübung einer vollschichtigen Schwarzarbeit durch die Ehefrau die
er selbst in das Wissen der seinerzeit minderjährigen Tochter gestellt hat während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft nichts bemerkt und dieses dann nicht zumindest stillschweigend geduldet oder gebilligt haben will. Gegen eine solche tatrichterliche Würdigung gibt es aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
Dose
Vézina
Klinkhammer
Günter
Botur