05.06.2013 · IWW-Abrufnummer 141274
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 24.04.2013 – XII ZB 172/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur
beschlossen:
Tenor:
1. | Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. September 2008 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. |
2. | Beschwerdewert: 2.000 € |
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
2
Die am 12. August 1964 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der am 2. März 1961 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) schlossen am 24. Februar 1984 die Ehe. Aus der Ehe gingen zwei gemeinsame (1993 und 1994 geborene) Kinder hervor. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 11. Januar 2007 zugestellt. Das Amtsgericht hat die Parteien mit Verbundurteil vom 7. April 2008 geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
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Beide Eheleute haben während der Ehezeit (1. Februar 1984 bis 31. Dezember 2006, § 1587 Abs. 2 BGB aF) Versorgungsanwartschaften erworben. Der Ehemann hat als Berufssoldat bei der Wehrbereichsverwaltung West Ansprüche auf Ruhegehalt in Höhe von monatlich 917,55 € erworben. Sein insgesamt seit seinem Dienstantritt am 1. Oktober 1981 erworbener Anspruch auf Ruhegehalt beläuft sich auf monatlich 1.112,48 €. Der Ehemann wurde während der Ehezeit im August 1999 im Alter von 38 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Wäre er nicht aus dem Dienst ausgeschieden, hätte er ausgehend von seiner besonderen Altersgrenze mit Vollendung des 54. Lebensjahres in der Ehezeit Anwartschaften in Höhe von 1.213,03 € erworben.
4
Der Ehemann bezieht ferner Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der HDI Gerling Lebensversicherung AG, die bereits zum Ende der Ehezeit in Höhe von monatlich 427,39 € geleistet wurde; die Laufzeit ist bis 1. November 2020 begrenzt. Seit seiner Pensionierung ist der Ehemann in erheblichem Umfang ehrenamtlich tätig, was mit teilweise monatelangen Auslandsaufenthalten verbunden ist.
5
Die Ehefrau hat als Sozialversicherungsfachangestellte eine Anwartschaft auf Ruhegehalt nach den Bestimmungen der Dienstordnung für die Angestellten der landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Verbindung mit dem Beamtenversorgungsgesetz in Höhe von 832,19 € monatlich erworben. Bei regulärem Renteneintritt mit Erreichen der Altersgrenze im August 2029 hat sie voraussichtlich ein Ruhegehalt in Höhe von 1.771,21 € monatlich zu erwarten.
6
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich durchgeführt und zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der Wehrbereichsverwaltung West Rentenanwartschaften in Höhe von 42,68 € im Wege des Quasi-Splittings und in Höhe von weiteren 49 € im Wege des erweiterten Splittings insgesamt 91,68 € auf dem Rentenversicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet. Im Übrigen hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
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Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemannes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Ehemann sein Begehren weiter, den Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit auszuschließen.
II.
8
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
9
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 7). Nach § 48 VersAusglG findet das bis Ende August 2009 geltende materielle Recht Anwendung, weil das Verfahren weder am 1. September 2009 noch danach abgetrennt oder ausgesetzt und das Ruhen nicht angeordnet war.
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1. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 ZPO statthaft. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde im Tenor des Beschlusses uneingeschränkt zugelassen. An die Zulassung ist der Senat gebunden (§§ 621 e Abs. 2 ZPO, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
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2. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
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§ 1587 c Nr. 1 BGB führe im vorliegenden Fall nicht zu einer Herabsetzung oder zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Der vorzeitige Ruhestand des Ehemannes aufgrund seiner Dienstunfähigkeit begründe für sich allein noch keine grobe Unbilligkeit. Wäre der Ehemann nicht vor Ende der Ehezeit dienstunfähig geworden, hätte er noch höhere Anwartschaften erworben, so dass der Ehefrau sogar ein höherer Ausgleichsanspruch zugestanden hätte.
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Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei erst gerechtfertigt, wenn seine Durchführung eine Erhöhung der bereits ausreichenden Versorgung des Berechtigten zur Folge hätte und dem Verpflichteten Anrechte entziehen würde, auf die dieser dringend angewiesen sei. Der Versorgungsausgleich dürfe zwar nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen, unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltsgrenzen würden jedoch nicht gelten. Eine Bedürftigkeit des Verpflichteten, die durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs verursacht werde, könne allenfalls dann relevant werden, wenn der Berechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der Ehezeit erworbener Anwartschaften oder sonstigen Vermögens über eine ausreichende Altersversorgung verfüge. Das sei hier nicht der Fall, da die Ehefrau bis zum Ende der Ehezeit nur Anwartschaften in Höhe von 832,19 € monatlich erworben habe. Der Ehemann beziehe demgegenüber zum einen noch die private Berufsunfähigkeitsrente und müsse zum anderen mit einer Kürzung seiner Bezüge erst rechnen, wenn die Ehefrau in den Ruhestand trete.
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Der ohnehin nur deklaratorische Vorbehalt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs werde sich nur auswirken, falls die Ehefrau vor Vollendung des 63. Lebensjahrs in den Ruhestand treten sollte. Denn danach werde der Ehemann keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mehr erhalten, so dass die Voraussetzungen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht vorlägen. Falls die Ehefrau erst mit Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand ginge, stünde ihr zwar eine erheblich bessere Altersversorgung zu als dem Ehemann. Dies wäre aber Folge einer wesentlich längeren Berufstätigkeit, was bei der Billigkeitsabwägung ebenfalls zu berücksichtigen sei. Die voraussichtliche Lebensarbeitszeit der Ehefrau könne indessen nicht hinreichend sicher prognostiziert werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass bei Beginn der Versorgungsbedürftigkeit der Ehefrau tatsächlich ein grobes Ungleichgewicht in der Versorgung der Parteien bestehe.
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3. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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a) Ein Versorgungsausgleich findet gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB nur insoweit nicht statt, als die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 XII ZB 53/06 FamRZ 2009, 303 Rn. 34; vom 25. April 2007 XII ZB 206/06 FamRZ 2007, 1084 Rn. 30 und vom 25. Mai 2005 XII ZB 135/02 FamRZ 2005, 1238, 1239). Eine unbillige Härte liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 XII ZB 53/06 FamRZ 2009, 303 Rn. 34; vom 17. Januar 2007 XII ZB 168/01 FamRZ 2007, 996 Rn. 27 und vom 29. März 2006 XII ZB 2/02 FamRZ 2006, 769, 770). Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise; vielmehr muss sich die grobe Unbilligkeit wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c Nr. 1 BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 XII ZB 53/06 FamRZ 2009, 303 Rn. 34; vom 11. September 2007 XII ZB 107/04 FamRZ 2007, 1964 Rn. 11 und vom 29. März 2006 XII ZB 2/02 FamRZ 2006, 769, 770). Die Inanspruchnahme desjenigen, der die werthöheren Anwartschaften erworben hat, rechtfertigt sich durch die eheliche Lebensgemeinschaft, die (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 XII ZB 53/06