25.09.2018 · IWW-Abrufnummer 204554
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 30.08.2018 – III ZR 363/17
a) Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit-) ursächlich geworden ist ("beruhen auf"; haftungsbegründende Kausalität) und ob der geltend gemachte Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).
b) Bei der Frage, ob der geltend gemachte Schaden auf die vom unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung zurückzuführen ist, ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden müssen.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Dr. Böttcher
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 23. November 2017 - 4 U 26/15 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten ihrer Streithelfer, die diese selbst zu tragen haben.
Streitwert: 116.455,61 €
Gründe
I.
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz und Schmerzensgeld unter dem Vorwurf, sie habe ein unrichtiges aussagepsychologisches Gutachten in einem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs seiner damaligen Pflegetochter erstellt. Das Landgericht hat die materiellen Schadensersatzansprüche des Klägers (Zahlungsanspruch gemäß Klageantrag zu 1) gemäß § 839a BGB dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Beklagte - unter Abweisung des diesbezüglich weitergehenden Klageantrags - zur Zahlung eines Schmerzensgelds von 50.000 € verurteilt. Des Weiteren hat es den Feststellungsanträgen des Klägers (bezogen auf künftige und weitere Schäden) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sie auf die Anschlussberufung des Klägers - unter gleichzeitiger Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgelds von 10.000 € (also: insgesamt 60.000 €) verurteilt. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
2
1. Die Beschwerde der Beklagten ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.
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a) Die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem fehlerhaften Gutachten der Beklagten und dem Strafurteil gegen den Kläger einen fehlerhaften Maßstab angelegt, greift nicht durch.
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b) Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit-) ursächlich geworden ist ("beruhen auf"; haftungsbegründende Kausalität) und ob der entstandene Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).
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aa) Die (Mit-)Ursächlichkeit des Gutachtens der Beklagten für die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers kommt hinreichend deutlich darin zum Ausdruck, dass sich die Jugendkammer ausdrücklich auf dieses Gutachten gestützt hat.
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bb) Die darüber hinausgehenden Ausführungen des Berufungsgerichts betreffen die Frage, ob der geltend gemachte Schaden auf das vom unrichtigen Gutachten der Beklagten beeinflusste Strafurteil zurückzuführen ist, und somit die haftungsausfüllende Kausalität. Hierfür ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Dies entspricht wohl allgemeiner Auffassung (s. etwa BeckOGK/Dörr, BGB, § 839a Rn. 58 [Stand 1. April 2018]; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 35. Kapitel Nr. 7 Rn. 11; MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 839a Rn. 31 und 41). In seinem Urteil vom 11. März 2010 (III ZR 124/09 , VersR 2010, 811) hat der erkennende Senat zugrunde gelegt, dass, wenn es für die Frage der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden darauf ankomme, wie die Entscheidung eines Gerichts ausgefallen wäre, darauf abzustellen sei, wie nach Ansicht des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen (aaO S. 813 Rn. 11). Für die an § 839 BGB angelehnte Haftung nach § 839a BGB kann insoweit nichts anderes gelten. Die abweichende Einschätzung von Mäsch (AnwBl 2009, 855, 858) ist, soweit ersichtlich, vereinzelt geblieben.
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2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Herrmann
Tombrink
Remmert
Reiter
Böttcher