21.06.2021 · IWW-Abrufnummer 223041
Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 25.03.2021 – 9 WF 61/21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Brandenburg
Tenor:
Der Beschwerdewert wird auf bis 300 € festgesetzt.
Gründe
In der Sache bleibt das Rechtsmittel aber ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die von der Antragsgegnerin angemeldeten Rechtsanwaltskosten für außergerichtliche Beratungen bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen.
Bei den in Rede stehenden Rechtsanwaltsgebühren für eine außergerichtliche Beratung (§ 34 RVG) handelt es sich um Kostenpositionen, welche der Festsetzung im Verfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO grundsätzlich nicht zugänglich sind. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist nur für "Prozesskosten" vorgesehen, § 103 Abs. 1 ZPO. Rechtsanwaltsgebühren sind nur insoweit Prozesskosten, als sie eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergüten. Hintergrund ist, dass das Kostenfestsetzungsverfahren nach seiner Ausgestaltung als stark formalisiertes Massenverfahren auf eine rasche, vereinfachte, anhand der Prozessakten vorzunehmende gebührenrechtliche Überprüfung der Tätigkeit des Rechtsanwalts zugeschnitten ist (Schulz in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl, § 103 Rz. 1). Tätigkeiten des Rechtsanwalts aber, die außerhalb des Prozessgeschehens - gleichgültig ob vor oder während des Rechtsstreits - vorgenommen werden, sind aus den Prozessakten nicht ersichtlich. Noch viel weniger lässt sich im Kostenfestsetzungsverfahren klären, inwieweit solche außergerichtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung seines Mandanten notwendig gewesen sind (BGH, FamRZ 2005, 604; OLG Bamberg, JurBüro 2018, 360; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2011 - 10 W 58/11).
Eine Ausnahme wird aus prozessökonomischen Gründen jedoch dann gemacht, wenn in einem Vergleich ausdrücklich bestimmt ist, dass auch die Gebühren eines Rechtsanwalts für seine außergerichtliche Tätigkeit erstattet werden sollen. Zusätzliche Voraussetzung ist nach überwiegender Meinung aber, dass die zu erstattende Geschäftsgebühr auch der Höhe nach in dem Vergleich eindeutig beziffert wird (BGH, a.a.O.; OLG Sachsen-Anhalt, a.a.O.). Nach anderer Ansicht ist eine Einbeziehung außergerichtlicher Anwaltskosten auch dann geboten, wenn der Vergleich zwar keine Bezifferung, aber eine Einigung über den Gebührensatz und den Gegenstandswert enthält (OLG Bamberg, JurBüro 2018, 360). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 09.06.2020 eine notarielle Scheidungsvereinbarung geschlossen. Gemäß § 12 Abs. 3 der Vereinbarung sollen die notwendigen Kosten der beabsichtigten einverständlichen Scheidung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen getragen werden. Notwendige Kosten des Ehescheidungsverfahrens sind neben den Gerichtskosten die Gebühren für einen Rechtsanwalt, d. h. die 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und die 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Die Kosten für eine außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts gehören hierzu nicht; sie sind nicht Gegenstand der notariellen Scheidungsvereinbarung vom 09.06.2020. Bei Abschluss des notariellen Vertrags hätte die Antragsgegnerin auf eine entsprechende (ausdrückliche) Regelung hinwirken müssen, wenn die Kosten der vorgerichtlichen Vertretung zwischen den Ehegatten geteilt werden sollten. Schließlich waren zu diesem Zeitpunkt bereits Beratungskosten (in Form der Kostenrechnung der Rechtsanwälte Meyersrenken & Rheingantz vom 24.02.2020) angefallen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist auf die vom Antragsteller angemeldete 1,3 Verfahrensgebühr auch nicht eine 0,65 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG, der auf die Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts eine wegen desselben Gegenstands für die außergerichtliche Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens aber mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet wird, betrifft nur das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Im Verhältnis zu Dritten und damit auch zu dem erstattungspflichtigen Prozessgegner wirkt sich die Anrechnung grundsätzlich nicht aus (vgl. BT-Drs. 16/12717, S. 58). Gemäß § 15 a Abs. 2 RVG kann sich der erstattungspflichtige Prozessgegner auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. So liegt der Fall hier nicht. Über die in § 15 a Abs. 2 RVG geregelten Fälle hinaus ist eine Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statthaft (BGH, MDR 2011, 136 [BGH 28.10.2010 - VII ZB 15/10]).
Die zuerkannten Zinsen sind nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO gerechtfertigt. Eine verzögerte Bearbeitung der Kostenangelegenheit liegt nicht vor, sodass der Beschwerdeführerin auch kein Zinsnachteil entstanden ist.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO festgesetzt worden und orientiert sich am Abänderungsinteresse der Antragsgegnerin.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Beschluss vom 25.03.2021
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungs-beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 28.01.2021 (Az. 3 F 270/20) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf bis 300 € festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 28.01.2021 ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit §§ 85 FamFG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 €.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel aber ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die von der Antragsgegnerin angemeldeten Rechtsanwaltskosten für außergerichtliche Beratungen bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen.
Bei den in Rede stehenden Rechtsanwaltsgebühren für eine außergerichtliche Beratung (§ 34 RVG) handelt es sich um Kostenpositionen, welche der Festsetzung im Verfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO grundsätzlich nicht zugänglich sind. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist nur für "Prozesskosten" vorgesehen, § 103 Abs. 1 ZPO. Rechtsanwaltsgebühren sind nur insoweit Prozesskosten, als sie eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergüten. Hintergrund ist, dass das Kostenfestsetzungsverfahren nach seiner Ausgestaltung als stark formalisiertes Massenverfahren auf eine rasche, vereinfachte, anhand der Prozessakten vorzunehmende gebührenrechtliche Überprüfung der Tätigkeit des Rechtsanwalts zugeschnitten ist (Schulz in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl, § 103 Rz. 1). Tätigkeiten des Rechtsanwalts aber, die außerhalb des Prozessgeschehens - gleichgültig ob vor oder während des Rechtsstreits - vorgenommen werden, sind aus den Prozessakten nicht ersichtlich. Noch viel weniger lässt sich im Kostenfestsetzungsverfahren klären, inwieweit solche außergerichtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung seines Mandanten notwendig gewesen sind (BGH, FamRZ 2005, 604; OLG Bamberg, JurBüro 2018, 360; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2011 - 10 W 58/11).
Eine Ausnahme wird aus prozessökonomischen Gründen jedoch dann gemacht, wenn in einem Vergleich ausdrücklich bestimmt ist, dass auch die Gebühren eines Rechtsanwalts für seine außergerichtliche Tätigkeit erstattet werden sollen. Zusätzliche Voraussetzung ist nach überwiegender Meinung aber, dass die zu erstattende Geschäftsgebühr auch der Höhe nach in dem Vergleich eindeutig beziffert wird (BGH, a.a.O.; OLG Sachsen-Anhalt, a.a.O.). Nach anderer Ansicht ist eine Einbeziehung außergerichtlicher Anwaltskosten auch dann geboten, wenn der Vergleich zwar keine Bezifferung, aber eine Einigung über den Gebührensatz und den Gegenstandswert enthält (OLG Bamberg, JurBüro 2018, 360). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 09.06.2020 eine notarielle Scheidungsvereinbarung geschlossen. Gemäß § 12 Abs. 3 der Vereinbarung sollen die notwendigen Kosten der beabsichtigten einverständlichen Scheidung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen getragen werden. Notwendige Kosten des Ehescheidungsverfahrens sind neben den Gerichtskosten die Gebühren für einen Rechtsanwalt, d. h. die 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und die 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Die Kosten für eine außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts gehören hierzu nicht; sie sind nicht Gegenstand der notariellen Scheidungsvereinbarung vom 09.06.2020. Bei Abschluss des notariellen Vertrags hätte die Antragsgegnerin auf eine entsprechende (ausdrückliche) Regelung hinwirken müssen, wenn die Kosten der vorgerichtlichen Vertretung zwischen den Ehegatten geteilt werden sollten. Schließlich waren zu diesem Zeitpunkt bereits Beratungskosten (in Form der Kostenrechnung der Rechtsanwälte Meyersrenken & Rheingantz vom 24.02.2020) angefallen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist auf die vom Antragsteller angemeldete 1,3 Verfahrensgebühr auch nicht eine 0,65 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG, der auf die Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts eine wegen desselben Gegenstands für die außergerichtliche Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens aber mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet wird, betrifft nur das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Im Verhältnis zu Dritten und damit auch zu dem erstattungspflichtigen Prozessgegner wirkt sich die Anrechnung grundsätzlich nicht aus (vgl. BT-Drs. 16/12717, S. 58). Gemäß § 15 a Abs. 2 RVG kann sich der erstattungspflichtige Prozessgegner auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. So liegt der Fall hier nicht. Über die in § 15 a Abs. 2 RVG geregelten Fälle hinaus ist eine Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statthaft (BGH, MDR 2011, 136 [BGH 28.10.2010 - VII ZB 15/10]).
Die zuerkannten Zinsen sind nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO gerechtfertigt. Eine verzögerte Bearbeitung der Kostenangelegenheit liegt nicht vor, sodass der Beschwerdeführerin auch kein Zinsnachteil entstanden ist.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO festgesetzt worden und orientiert sich am Abänderungsinteresse der Antragsgegnerin.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
RechtsgebietZPOVorschriften§ 103 ZPO