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  • 08.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231150

    Oberlandesgericht Braunschweig: Beschluss vom 20.07.2022 – 1 WF 165/21

    1. Lehnt der betreuende Elternteil die Wiederaufnahme titulierter Umgangskontakte nach einer über zweijährigen Umgangspause generell ab, so genügt der umgangsberechtigte Elternteil seiner Darlegungslast, wenn er auf die im Rahmen von Gesprächen beim Jugendamt zum Ausdruck gebrachte Verweigerungshaltung des anderen Elternteils verweist.

    2. Der aus einem Umgangstitel verpflichtete Elternteil kann sich nicht durch den Hinweis auf die Kindeswohlwidrigkeit der Umsetzung der titulierten Umgangskontakte entlasten, wenn auf diese Umstände nicht auch ein Antrag auf Abänderung des Umgangstitels und auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gestützt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014, XII ZB 165/13, juris Rn. 26).


    Oberlandesgericht Braunschweig

    Beschluss vom 20.07.2022


    Tenor:

    I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird gegen die Antragsgegnerin wegen der Zuwiderhandlung gegen die durch den Beschluss des Amtsgerichts H. vom 07.05.2018 gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung vom 04.05.2018 (Az. 4 F 700/17 UG) ein Ordnungsgeld i. H. v. 500,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von fünf Tagen, angeordnet.

    II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

    III. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten bewilligt.

    Gründe

    I.

    Die Beteiligten sind die Eltern der am 06.04.2014 geborenen J. L. B., die bei ihrer Mutter lebt.

    Wegen des Umgangs des Antragstellers mit seiner Tochter wurden beim Amtsgericht H. mehrere gerichtliche Verfahren geführt. Zuletzt schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2018 zur Beendigung des Verfahrens zum Aktenzeichen 4 F 700/17 UG folgende Vereinbarung:

    "Die Kindeseltern sind sich darüber einig, dass der Kindesvater das Recht zum Umgang mit seiner Tochter J. L. B., geboren am 06.04.2014, in der Zukunft haben wird wie folgt, und zwar donnerstags in der Zeit von 12:30 - 15:00 Uhr. Die Kindesmutter wird J. zur Übergabe nach Möglichkeit um 12:30 Uhr bis spätestens 13:00 Uhr in die Räumlichkeiten des Jugendamts des Landkreises H. bringen und dort unter Beteiligung eines Jugendamtsmitarbeiters an den Kindesvater übergeben. Dieser wird J. zum Ende des Umgangskontakts um 16:00 Uhr in den mütterlichen Haushalt zurückbringen."

    Diese Umgangsvereinbarung wurde durch den Beschluss des Amtsgerichts H. vom 07.05.2018 familiengerichtlich gebilligt. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass durch das Gericht bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld von bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten verhängt werden kann.

    Seit November 2019 finden keine Umgangskontakte mehr statt.

    In einer an das Jugendamt gerichteten kinderpsychiatrischen Stellungnahme vom 12.11.2019 ist dargelegt, dass J. durch die Begleitumstände der Umgangskontakte deutlich belastet sei. Das direkte Erleben eines Traumas des Kindes durch schädigendes Verhalten des Vaters habe nicht verifiziert werden können. J. sei jedoch in den Übergabesituationen wiederholt mit dem hochaktivierten und ängstlichen Verhalten ihrer Mutter konfrontiert gewesen, das ein angemessenes Maß erheblich überschreite, das Kind in Alarmbereitschaft versetze und den Vater als potenzielle Gefahrenquelle festschreibe.

    Auf Anregung des Vaters wurde daraufhin vom Amtsgericht H. Anfang Dezember 2019 ein Verfahren zur Abklärung einer etwaigen Kindeswohlgefährdung zum Aktenzeichen 4 F 822/19 SO eingeleitet, welches noch nicht abgeschlossen ist. Durch Beweisbeschluss vom 11.02.2020 wurde dort ein Sachverständigengutachten zu der Frage des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung von J. - zum einen im Haushalt der Mutter und zum anderen im Falle eines Wechsels zum Vater - in Auftrag gegeben. Wegen der vom Amtsgericht angenommenen Unverwertbarkeit des ersten Gutachtens vom 16.03.2021 wurde im Oktober 2021 ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben, welches noch nicht vorliegt. Zwischenzeitlich hatte der Vater aufgrund der Verfahrensdauer Ende Mai 2021 eine Beschleunigungsrüge erhoben und nach deren Zurückweisung eine Beschleunigungsbeschwerde eingelegt, die durch den Beschluss des Senats vom 16.08.2021 zum Aktenzeichen 1 WF 97/21 zurückgewiesen wurde.

    Am 30.12.2019 erstattete die Kindesmutter gegen den Kindesvater Strafanzeige wegen des Verdachts auf schweren sexuellen Missbrauch der Tochter J. Das Ermittlungsverfahren zum Aktenzeichen 213 Js 2037/20 wurde gemäß Verfügung vom 09.06.2020 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Mutter wurde im November 2020 zurückgewiesen.

    Mit Schreiben vom 21.12.2020 teilte der in dem Sorgerechtsverfahren zum Aktenzeichen 4 F 822/19 SO bestellte Verfahrensbeistand dem Amtsgericht H. mit, er habe auf seine - im Hinblick auf die Einstellung des gegen den Vater geführten Ermittlungsverfahrens - an die Mutter gerichtete Anfrage wegen der Durchführung eines Umgangsversuchs keine Reaktion erhalten. Die Durchsetzung von Umgängen mit dem Vater werde seiner Einschätzung nach nur im Falle einer Fremdunterbringung des Kindes möglich sein.

    Mit Schreiben vom 05.03.2021 berichtete das Jugendamt gegenüber dem Amtsgericht, die Mutter habe einen anberaumten Termin zur Umgangsübergabe kurzfristig abgesagt und auf den Vorschlag eines Gesprächs zum Austausch über die Rahmenbedingungen für eine Wiederaufnahme der Umgangskontakte trotz mehrerer Anfragen nicht reagiert.

    Am 18.10.2021 fand im Jugendamt ein Gespräch zwischen den Kindeseltern bezüglich des Umgangs des Vaters mit J. statt. Ausweislich des vom Jugendamt gefertigten Vermerks gab die Mutter dabei an, sie sehe J. für Kontakte zu ihrem Vater nicht genügend gestärkt. Sie halte bis zu einer Stärkung des Kindes durch eine Psychologin weder persönliche noch telefonische Umgangskontakte für möglich. Hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise bezüglich der geplanten psychologischen Anbindung wurde eine elterliche Vereinbarung protokolliert. In Bezug auf den Umgang ist vermerkt, dass zwischen den Eltern keine Einigung erfolgt sei.

    Mit seinem Antrag vom 02.11.2021 begehrt der Antragsteller die Anordnung von Sanktionen wegen des Verstoßes der Mutter gegen ihre Verpflichtung aus der gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung. Er macht geltend, die Kindesmutter unternehme alles, um die Bindung zwischen J. und ihm abzubrechen. Er nennt zahlreiche Termine im Zeitraum zwischen dem 24.05.2018 und dem 28.10.2021, an denen sie den Umgang vereitelt habe.

    Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,

    gegen die Antragsgegnerin wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung aus dem zwischen den Beteiligten am 04.05.2018 geschlossenen Umgangsvergleich Sanktionen anzuordnen.

    Die Antragsgegnerin hat beantragt,

    den Antrag zurückzuweisen.

    Mit Beschluss vom 03.12.2021 hat das Amtsgericht - Familiengericht - H. den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Vortrag des Antragstellers genüge nicht den Anforderungen an die Darlegungslast und sei einer Beweisführung nicht zugänglich, da kein konkreter Geschehensablauf dargelegt werde.

    Gegen den ihm am 07.12.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 18.12.2021, beim Oberlandesgericht eingegangen am 20.12.2021, mit der er seinen Ordnungsmittelantrag weiterverfolgt. Hierzu führt er zunächst die ausgefallenen Umgangstermine im Zeitraum zwischen dem 24.05.2018 und dem 10.10.2019 auf und nennt stichwortartig die Gründe für den Ausfall, die entweder in seiner eigenen Verhinderung bestanden oder "J. angeblich krank" lauten. Auch rügt er jeweils das Fehlen von Ersatzterminen. Zudem gibt er an, ab dem 31.10.2019 sei der Umgang durchgängig vereitelt worden. Mehrere Versuche, mit Hilfe des Jugendamts nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens Umgänge wieder durchzuführen, seien von der Mutter abgeblockt worden. Sie verweigere alle kindeswohldienlichen Übergabevarianten. Auch der Verfahrensbeistand im Verfahren 4 F 822/19 SO habe in seiner Stellungnahme vom 06.04.2021 geschrieben, die Kindesmutter setze alles daran, den Umgang zwischen J. und ihrem Vater zu verhindern.

    Mit Beschluss vom 08.02.2022 hat das Amtsgericht der Beschwerde des Kindesvaters nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat unter anderem ausgeführt, die Darlegungen des Antragsgegners seien nach wie vor nicht konkret genug. Der Hinweis auf eine angebliche Krankheit der Tochter lasse nicht erkennen, inwiefern die Antragsgegnerin den Umgang vereitelt habe. Dies gelte erst recht für die Umgänge ab dem 31.10.2019, für die lediglich eine durchgehende Vereitelung behauptet werde.

    Im Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller ergänzend vor, die Mutter lehne sämtliche Versuche zur Wiederaufnahme der Umgänge ab. Hierzu verweist er auch auf den Beschluss des Senats vom 16.08.2021 zum Aktenzeichen 1 WF 97/21 betreffend die im Sorgerechtsverfahren erhobene Beschleunigungsbeschwerde, in dem dies festgestellt worden sei. Auch das Amtsgericht habe im Verfahren 4 F 822/19 SO festgestellt, dass die Mutter die Umgänge vereitele. Entgegen aller Gegenbeweise beharre sie auf ihren Missbrauchsphantasien. Wegen ihrer Verweigerung habe noch nicht einmal eine Begutachtung von J. realisiert werden können. Alle Ideen wie etwa neutrale Übergaben oder eine Umgangsbegleitung lehne sie ab. Er selbst habe mehrfach Termine im Jugendamt angestrebt. Am 09.04.2021 sei die Mutter zu einem vereinbarten Gesprächstermin im Jugendamt nicht gekommen. Entgegen ihrer Zusage am 18.10.2021 habe sie ihm trotz mehrerer Anfragen nicht mitgeteilt, bei welchen Psychologen J. auf der Warteliste stehe. Im Übrigen habe zu keiner Zeit Einigkeit über eine Aussetzung oder Anpassung der Umgangsvereinbarung bestanden. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schreiben vom 18.12.2021, 13.02.2022, 09.05.2022 und 27.05.2022 Bezug genommen.

    Die Mutter tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie habe die Begutachtung nicht verhindert, vielmehr sei ein Gutachten erstattet worden, welches jedoch unverwertbar gewesen sei. Dass das zweite Gutachten noch nicht vorliege, liege nicht an ihrem Verhalten. Sämtliche in der Zeit vom 24.05.2018 bis zum 12.12.2019 ausgefallenen Umgänge seien entweder vom Vater selbst abgesagt worden oder wegen einer Erkrankung des Kindes. Am 05.12.2019 habe J. dann Dinge berichtet, die zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens geführt hätten. Die Mutter habe sodann am 11.12.2019 das Jugendamt informiert, welches daraufhin den Vater informiert habe. Im Hinblick auf die Verdachtsmomente sei man sich einig gewesen, dass ein unbegleiteter Umgang nicht in Betracht komme. Eine Begleitung der Umgänge sei vom Jugendamt auch aufgrund der Corona-Pandemie nicht angeboten worden. Im Übrigen sei bis heute nicht geklärt, was wirklich zwischen Vater und Kind vorgefallen sei. Auch habe der Vater sich nie ernsthaft um die Durchführung des Umgangsvergleichs bemüht und den Umgang eingefordert. Es habe nur vereinzelte Anfragen gegeben. Da der Vater sich während des Termins im Jugendamt am 18.10.2021 mit einer psychologischen Anbindung seiner Tochter einverstanden erklärt habe, sei es widersprüchlich, gleichzeitig ein Ordnungsmittelverfahren zu betreiben. Die geplante psychologische Anbindung habe wegen der langen Wartelisten bisher noch nicht erfolgen können. Ein Abänderungsverfahren zum Umgang sei von ihr im Hinblick auf das im Sorgerechtsverfahren anstehende Gutachten bisher nicht eingeleitet worden. Mittlerweile sei davon auszugehen, dass begleitete Umgänge grundsätzlich wieder möglich seien; die Lage des Kindes habe sich aber nicht entspannt. Insgesamt habe sie stets nur zum Schutz ihres Kindes gehandelt. Sie habe auch Gespräche mit dem Jugendamt wahrgenommen und sich um Absprachen bemüht. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Mutter wird auf die anwaltlichen Schriftsätze vom 18.03.2022, 05.04.2022, 26.04.2022, 17.05.2022 und 02.06.2022 verwiesen.

    II.

    Die gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i. V. m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

    Gegen die Mutter ist wegen des Verstoßes gegen die gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung vom 04.05.2018 ein Ordnungsmittel zu verhängen.

    Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsmittel anordnen. Die Festsetzung von Ordnungsmitteln unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat, § 89 Abs. 4 FamFG. Das Gericht hat somit zunächst das Vorliegen einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel festzustellen und dann nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verhängung von Ordnungsmitteln zu entscheiden.

    Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Anordnung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise von Ordnungshaft, gegen die Mutter gegeben. Der Senat bemisst die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen mit 500,00 €.

    1.

    Der durch den Beschluss des Amtsgerichts H. vom 07.05.2018 in dem Verfahren zum Aktenzeichen 4 F 700/17 UG gerichtlich gebilligte Umgangsvergleich vom 04.05.2018 ist ein Vollstreckungstitel i. S. d. § 86 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Der Vergleich enthält eine vollstreckbare Umgangsregelung und ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Der nach § 89 Abs. 2 FamFG erforderliche Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung wurde in dem Beschluss vom 07.05.2018 erteilt.

    2.

    Es liegt auch eine Zuwiderhandlung der Mutter gegen den Umgangstitel vor.

    a) Soweit der Vater verschiedene Termine zwischen Mai und Oktober 2019 auflistet, an denen kein Umgang stattgefunden hat, kann indes seinem Vorbringen keine Zuwiderhandlung der Mutter gegen die Umgangsvereinbarung entnommen werden. Die vom Vater genannten Kontakte sind nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten entweder wegen seiner eigenen Erkrankung oder Verhinderung oder aber wegen einer Erkrankung des Kindes ausgefallen. Soweit der Vater das Fehlen von Ersatzterminen moniert, liegt hierin kein sanktionierbarer Verstoß gegen den Vollstreckungstitel, weil darin solche nicht vereinbart wurden.

    b) Der Ausfall von Umgängen während der Dauer des gegen den Vater wegen sexuellen Missbrauchs geführten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens rechtfertigt ebenfalls nicht die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen die Mutter. Dem steht entgegen, dass in diesem Zeitraum auch der umgangsberechtigte Vater selbst nicht die Einhaltung des Titels gefordert und keine eigenen Mitwirkungshandlungen hinsichtlich der Wahrnehmung von Umgangskontakten vorgenommen hat (vgl. ähnlich OLG Frankfurt Beschluss vom 07.07.2017 - 4 WF 23/17, juris Rn. 10). Insoweit hat die Mutter vorgetragen, dass der Vater nach dem Aufkommen des Missbrauchsverdachts Ende 2019 nicht mehr auf der Umsetzung der vereinbarten Umgangskontakte bestanden habe und man sich einig gewesen sei, dass keine unbegleiteten Kontakte in Betracht kämen. Der Vater hat zwar angegeben, es habe zu keiner Zeit eine Einigung über eine Aussetzung der Umgangsvereinbarung gegeben. Er hat aber auch nicht vorgetragen, in dem Zeitraum bis zur Einstellung des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens weiterhin die Wahrnehmung der vereinbarten Umgangstermine eingefordert zu haben.

    c) Eine Zuwiderhandlung der Mutter gegen den Umgangstitel liegt jedoch darin, dass sie nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens die vom Vater begehrte Wiederaufnahme der vereinbarten Umgangskontakte verweigert hat. Der Vortrag des Vaters, die Mutter lehne die Umgänge generell ab und blockiere sämtliche Versuche, die vereinbarten Kontakte wiederaufzunehmen, ist insoweit auch hinreichend substantiiert. Aufgrund der Ankündigung der Mutter, den Umgang nicht zu gewähren, war der Vater nicht gehalten, sich dennoch wöchentlich zum vereinbarten Übergabeort zu begeben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.07.2017 - 4 WF 23/17, juris Rn. 10; Johannsen/Henrich/Althammer-Rake, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 89 Rn. 7). Es genügt, dass er durch die Bitte um entsprechende Gespräche beim Jugendamt sein Bestreben nach einer Wiederaufnahme der Kontakte zum Ausdruck gebracht hat. Nach den vorliegenden Berichten des Jugendamts hat es Anfang 2021 einen Termin zur Umgangsübergabe gegeben, den die Mutter kurzfristig abgesagt habe. Auch haben sowohl das Jugendamt als auch der im Sorgerechtsverfahren bestellte Verfahrensbeistand berichtet, die Mutter habe auf mehrere Anfragen hinsichtlich der Wiederaufnahme der Umgangskontakte nicht reagiert. Zu einem Gespräch im Jugendamt am 09.04.2021 ist die Mutter nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag des Vaters nicht erschienen. Bereits dies zeigt die Verweigerungshaltung der Mutter.

    Am 18.10.2021 hat dann schließlich ein Gespräch stattgefunden, bei dem die Mutter ihre Ablehnung der Umgangskontakte deutlich gemacht und eine vorherige Stärkung ihrer Tochter durch eine Psychologin gefordert hat. Hiermit hat sie eindeutig angekündigt, die vereinbarten Umgänge nicht zu gewähren und damit dem Umgangstitel zuwidergehandelt. Entgegen ihrer Auffassung lässt sich dem Vermerk des Jugendamts nicht entnehmen, dass der Vater damit einverstanden war, mit dem Wiederbeginn der Umgangskontakte bis zur Durchführung der von der Mutter gewünschten Psychotherapie des Kindes abzuwarten. Er hat sich lediglich mit einer psychologischen Anbindung von J. einverstanden erklärt, nicht aber mit einem weiteren Abwarten bezüglich der Umgänge. In Bezug auf den Umgang ist vielmehr ausdrücklich vermerkt, dass insoweit zwischen den Eltern keine Einigung erfolgt sei.

    3.

    Das für die Verhängung von Ordnungsmitteln erforderliche Verschulden der Mutter liegt vor. Sie hat keine Gründe vorgetragen, aus denen es sich ergibt, dass sie die in der generellen Ablehnung von Umgangskontakten liegende Zuwiderhandlung gegen den Umgangstitel nicht zu vertreten hat, § 89 Abs. 4 FamFG.

    Soweit sich die Mutter auf eine Kindeswohlwidrigkeit der Durchführung der titulierten Umgangskontakte beruft, kann sie sich damit nicht entlasten. Die Vereinbarkeit der zu vollstreckenden Regelung mit dem Kindeswohl ist im Verfahren nach § 89 FamFG nicht zu prüfen. Die Prüfung des Kindeswohls ist Gegenstand des Erkenntnisverfahrens. Einer erneuten Kindeswohlprüfung im Vollstreckungsverfahren stehen der Grundsatz der strengen Formalisierung der Zwangsvollstreckung sowie der Zweck der effektiven Durchsetzung des vorliegenden Titels entgegen (Johannsen/Henrich/Althammer-Rake, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 89 Rn. 10; Keidel-Giers, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 89 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 19.02.2014 - XII ZB 165/13, juris Rn. 26). Nur ausnahmsweise können neu hinzugetretene Kindeswohlgesichtspunkte der Vollstreckung eines Umgangstitels entgegengehalten werden, wenn darauf auch ein Antrag auf Abänderung des Ausgangstitels und auf Einstellung der Vollstreckung gestützt ist oder wenn der Verpflichtete nach dem Auftreten neuer Umstände nicht mehr rechtzeitig ein Abänderungsverfahren einleiten konnte (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer-Rake, a. a. O.; BGH, a. a. O. sowie Beschluss vom 01.02.2012 - XII ZB 188/11, juris Rn. 23; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.05.2019 - 5 WF 239/18, juris Rn. 50).

    Eine solche Ausnahme liegt hier indes nicht vor. Einen Antrag auf Abänderung der titulierten Umgangsregelung hat die Mutter nicht gestellt, obwohl hierzu ausreichend Gelegenheit bestand. Auch als sie nach der Einstellung des gegen den Vater geführten Ermittlungsverfahrens von mehreren Seiten zur Wiederaufnahme der Umgänge aufgefordert wurde, ist die Mutter in dieser Hinsicht nicht tätig geworden. Warum das parallel beim Amtsgericht geführte Sorgerechtsverfahren wegen Kindeswohlgefährdung die Mutter von der Einleitung eines Abänderungsverfahrens abgehalten hat, erschließt sich nicht. Bei dem Verfahren handelt es sich um ein Sorgerechts- und nicht um ein Umgangsverfahren, so dass dort keine Überprüfung der derzeit geltenden Umgangsregelung erfolgt. Vielmehr geht es ausweislich der hier auszugsweise vorgelegten Schriftsätze um die Frage, ob die Haltung der Mutter gegenüber dem Vater mit einer Kindeswohlgefährdung für J. verbunden ist und ggf. ob bei einem etwaigen Wechsel zum Vater ebenfalls eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten wäre. Nicht umfasst ist die davon zu unterscheidende Frage einer etwaigen Kindeswohlwidrigkeit der vereinbarten Umgangskontakte, die lediglich in einem Abänderungsverfahren zum Umgang geklärt werden kann.

    4.

    Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die den Senat dazu veranlassen, im Rahmen der Ermessensausübung von der Verhängung von Ordnungsmitteln abzusehen. Im Fall der grundlosen Weigerung des betreuenden Elternteils, den titulierten Umgang zustande kommen zu lassen, ist grundsätzlich die Festsetzung von Ordnungsmitteln angezeigt und das Anordnungsermessen auf Null reduziert (vgl. Keidel-Giers, a. a. O., § 89 Rn. 6; Johannsen/Henrich/Althammer-Rake, a. a. O., § 89 Rn. 13 jew. m. w. N.). Besondere Umstände, die es gebieten würden, von einer Durchsetzung des Umgangstitels im Wege der Zwangsvollstreckung abzusehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht erkannt werden, dass die inzwischen über zweieinhalbjährige Umgangspause einer Wiederaufnahme der titulierten Umgänge entgegenstünde. Es geht nicht um Übernachtungskontakte, die möglicherweise nach der langen Pause erst eine erneute Anbahnung erforderlich machen würden, sondern lediglich um kurze wöchentliche Umgangskontakte von 13:00 bis 16:00 Uhr, wobei die Übergaben an den Vater vom Jugendamt zu begleiten sind. Durch die Übergabebegleitung ist dabei gewährleistet, dass das Kind behutsam und positiv auf den Kontakt eingestimmt und vorbereitet werden kann - sofern die Mutter ihrer Pflicht nachkommt, J. ihrerseits im Hinblick auf die Kontakte zum Vater positiv zu bestärken.

    Hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgeldes hat der Senat berücksichtigt, dass die Mutter einerseits seit längerer Zeit die Umgangskontakte generell ablehnt, dass der Vater aber andererseits seit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens auch seinerseits einen langen Zeitraum hat verstreichen lassen, bevor er die Wiederaufnahme der Umgänge eingefordert hat und bevor es dann zu Terminen beim Jugendamt gekommen ist. Zudem haben in dem gesamten Zeitraum nur wenige konkrete Anfragen des Vaters stattgefunden. Angesichts dessen erscheint ein moderates Ordnungsgeld von 500,00 € angemessen, um die Mutter zur Einhaltung der Vereinbarung anzuhalten.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 FamFG, wonach dem Verpflichteten bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln die notwendigen Kosten des Vollstreckungsverfahrens aufzuerlegen sind.

    Der Festsetzung eines Verfahrenswertes bedarf es nicht, da für die Anordnung von Ordnungsmitteln lediglich eine wertunabhängige Gerichtsgebühr anfällt (Nr. 1602 KV FamGKG).

    RechtsgebietFaFVorschriften§ 89 FaF, § 89 Abs. 1 S. 1 FaF, § 92 Abs. 2 FaF