31.03.2023 · IWW-Abrufnummer 234506
Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 26.01.2023 – 1 W 67/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg
In Sachen
- Betroffene und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigter:
Weitere Beteiligte:
Landratsamt K.
erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 1. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Amtsgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 26.01.2023 folgenden
Beschluss
Tenor:
I.
Die Betroffene begehrt die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung in ihrem Geburtsregistereintrag.
Die Betroffene ist am xx.xx.1963 geboren. Zum Zeitpunkt der Geburt war ihre Mutter verwitwet. In der Geburtsurkunde wurde kein Vater eingetragen (Bl. 6 d. A.). Die Mutter der Betroffenen ist am xx.xx.2004 verstorben.
Mit Urkunde des Notars Dr. M., xxxxx, vom 08.10.2021, Urk.R.Nr. xxx5/2021/N, hat Herr Dr. H. die Vaterschaft anerkannt (Bl. 12 ff. d. A.). Mit Urkunde des Notars Dr. M., xxxxx, vom 12.11.2021, Urk.R.Nr. xxx3/2021/N, hat die Betroffene in die Vaterschaftsanerkennung eingewilligt (Bl. 8 ff. d. A.). Der die Vaterschaft anerkennende Herr Dr. H. ist am xx.xx.2022 verstorben.
Das Standesamt B. hat im Hinblick auf die Regelung in § 1595 Abs. 1 BGB Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung geäußert und die Sache gemäß § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht Schweinfurt vorgelegt.
Mit Beschluss vom 01.12.2022 (Bl. 38 f. d. A.) hat das Amtsgericht Schweinfurt angeordnet, dass in dem Geburtenbuch/-registereintrag beim Standesamt B.-VGem Nr. xxx vom xx.xx.1963 die Vaterschaftsanerkennung nicht beizuschreiben ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB auch über den Tod der Mutter hinaus Geltung besitze. Wegen der Einzelheiten wird auf den amtsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Betroffenen vom 14.12.2022 (Bl. 44 d. A.), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Der angefochtene Beschluss war zunächst im Tenor dahingehend zu berichtigen, dass Verfahrensgegenstand ein Geburtenregistereintrag beim Standesamt der Stadt B. ist, wie sich aus der bei Verfahrenseinleitung vorgelegten Ablichtung (Bl. 6 d. A.) ergibt, nicht beim Standesamt der Verwaltungsgemeinschaft B. ("B.-VGem"). Hierauf hatte das Landratsamt K. mit Schriftsatz vom 06.12.2022 (Bl. 40 d. A.) hingewiesen. Es handelt sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 FamFG. Nachdem der Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 08.12.2022 (Bl. 41 f. d. A.) diesen Punkt nicht aufgegriffen hat, hat der Senat in eigener Zuständigkeit (vgl. dazu Ulrici in MünchKomm FamFG, 3. Auflage 2018, § 42 Rn. 7, mit Nachweisen) die Berichtigung vorgenommen.
III.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthaft und auch im Übrigen - trotz fehlender Begründung (vgl. § 65 Abs. 1 FamFG) - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63 f. FamFG). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung im Rahmen des Verfahrens nach § 49 Abs. 2 PStG die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung beim Geburtseintrag (§ 27 Abs. 1 Satz 1 PStG) abgelehnt. Nach dem Tod der Mutter ist eine Vaterschaftsanerkennung wegen § 1595 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich.
1. Die Vorschrift des § 1595 Abs. 1 BGB in der Fassung nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16.12.1997 ist anwendbar, auch wenn die Betroffene vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (01.07.1998) geboren wurde (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 1 W 483/16, Rn. 9, mit Nachweis).
2. Zu der Frage, ob eine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter mangels deren Zustimmung (§ 1595 Abs. 1 BGB) unmöglich ist und Vater und Kind auf ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren zu verweisen sind, werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten.
a) Nach einer Auffassung kommt nach dem Tod der Kindesmutter eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht (so etwa Balzer in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1595 Rn. 13, 13.1, mit Nachweisen zum Streitstand; ferner LG Koblenz, Beschluss vom 01.08.2002, Az. 2 T 487/02). Im Gesetzestext fänden sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Zustimmungserfordernisses. Der Regierungsentwurf zum Kindschaftsrechtsreformgesetz weise ausdrücklich darauf hin, dass beim Tod der Mutter nur das gerichtliche Feststellungsverfahren möglich sei (BT-Drs. 13/4899, S. 54, rechte Spalte, 2. Absatz a. E.). Auch nach dem Zweck der Regelung sei dies sachgerecht. Insbesondere biete die Zustimmung allein des Kindes (vgl. § 1595 Abs. 2 BGB) keine gleichwertige Gewähr für die Richtigkeit der Anerkennung, da das Kind naturgemäß keine vergleichbare Kenntnis von seiner Abstammung habe. Wegen der weitreichenden Konsequenzen der Vaterschaftsanerkennung für den Anerkennenden und das Kind seien nach dem Tod der Mutter hohe Anforderungen an den Nachweis der Vaterschaft zu stellen, die weder im schlichten Anerkennungsverfahren vor dem Jugendamt noch im standesamtlichen Verfahren im erforderlichen Umfang gewürdigt werden könnten.
b) Nach der Gegenauffassung entfällt mit dem Tod der Mutter das Zustimmungserfordernis (so etwa Wellenhofer in MünchKomm BGB, 8. Auflage 2020, § 1595 Rn. 14, mit Nachweisen zum Streitstand; ferner KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 1 W 483/16, Rn. 15 ff.). Es sei kein Grund ersichtlich, den Beteiligten in dieser Konstellation den Weg über die Anerkennung zu versagen. Die Zustimmung gemäß § 1595 Abs. 1 BGB als höchstpersönliches Beteiligungsrecht setze voraus, dass die Erklärungsbefugte am Leben sei. Insofern gehe es nicht darum, die höchstpersönliche Erklärung der Mutter zu ersetzen, sondern diese werde mit deren Tod schlicht entbehrlich. Das Kind habe in der Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, zeitnah und effizient einen Vater zu erhalten, zumal wenn die Mutter verstorben sei. Wäre nach dem Tod der Mutter zwingend ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchzuführen, bliebe das Kind gegebenenfalls gegen seinen Willen und gegen den Willen des anerkennungsbereiten Mannes ohne Vater, wenn sich die biologische Vaterschaft nicht feststellen lassen sollte. Dass das Gesetz der "biologischen Wahrheit" bei der Abstammung keinen unbedingten Vorrang einräume, ergebe sich daraus, dass auch im Falle eines Vaterschaftsanerkenntnisses mit Zustimmung der Mutter weder die biologische Vaterschaft noch die Motive der Mutter für deren Zustimmung geprüft würden. Grund für die Einführung des Zustimmungserfordernisses durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz sei nicht in erster Linie der Schutz der Kindesmutter vor der Unterstellung eines intimen Verhältnisses zum Anerkennenden gewesen (auch wenn das Interesse der Mutter, ohne ihre Zustimmung keinen Kindesvater "aufgedrängt" zu bekommen, unter dem Gesichtspunkt des postmortalen Persönlichkeitsschutzes noch Bedeutung haben können möge). Der Gesetzgeber habe vielmehr durch die Anerkennung die Rechtsstellung der Mutter etwa wegen der Umgangsrechte des Vaters als betroffen angesehen (BT-Drs. 13/4899, S. 54, linke Spalte unten und rechte Spalte oben). Derartige Einwirkungen auf die Rechte der Mutter durch die Rechte des Vaters endeten jedoch mit dem Tod der Mutter.
3. Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht - oben 2. a) - an und folgt damit insbesondere nicht der Rechtsprechung des Kammergerichts. Die Argumentation der Gegenauffassung, eine zeitnahe Vaterschaftsanerkennung sei im Interesse des Kindes einem langwierigen Gerichtsverfahren vorzuziehen, beinhaltet eine Wertung, die dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Ausweislich des Regierungsentwurfs zum Kindschaftsrechtsreformgesetz sollte beim Tod der Mutter gerade keine Anerkennung mehr möglich sein; vielmehr sei "ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren für das Kind wegen der größeren Sicherheit günstiger" (BT-Drs. 13/4899, S. 54, rechte Spalte, 2. Absatz a. E.). Hätte der Gesetzgeber für den Todesfall eine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis vorsehen wollen, hätte dies im Gesetz Niederschlag finden müssen. Eine teleologische Reduktion verbietet sich, da der Zweck der Regelung in der Tat nicht primär im Schutz der Mutter liegt, sondern auch und gerade in der Gewährleistung der Statuswahrheit. Dies gilt umso mehr, als das Kind aus seinem verfassungsrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) ein Recht auf Kenntnis der eigenen biologisch-genetischen Abstammung hat (grundlegend BVerfG, Urteil vom 31.01.1989, Az. 1 BvL 17/87). Die Argumentation der Gegenauffassung, dass auch im Fall eines Vaterschaftsanerkenntnisses mit Zustimmung der Mutter die biologische Vaterschaft nicht geprüft werde, greift insofern zu kurz, als die Zustimmung der Mutter zumindest eine höhere - wenn auch nicht absolute - Gewähr für die biologische Richtigkeit der Anerkennung bietet als der bloße positive Wille von Anerkennendem und Kind. Die Ermöglichung von Abstammungsverhältnissen ohne hinreichend sichere Feststellung der biologischen Vaterschaft stellt indes keinen legitimen Zweck des Abstammungsrechts dar, sondern wäre letztlich an den Regeln der Adoption zu messen (Balzer in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1595 Rn. 13.1). Nach alledem wird allein die erstgenannte Ansicht, wonach der Tod der Kindesmutter das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB nicht entfallen lässt, dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers und den verfassungsrechtlichen Implikationen gerecht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
V.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG, 51 Abs. 1 PStG zuzulassen. Bei der Frage, ob eine Vaterschaftsanerkennung auch noch nach dem Tod der Mutter möglich ist, handelt es sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen denkbar und die deshalb von allgemeinem Interesse ist. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des Kammergerichts ab, das seinerzeit ebenfalls die Rechtsbeschwerde zugelassen hatte (was aber - soweit ersichtlich - nicht zu einer höchstrichterlichen Klärung geführt hat).
Beschluss vom 26.01.2023
In Sachen
- Betroffene und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigter:
Weitere Beteiligte:
Landratsamt K.
wegen Beschwerde in Personenstandssachen
erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 1. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Amtsgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 26.01.2023 folgenden
Beschluss
Tenor:
- Der Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 01.12.2022, Az. 05 UR III 14/22, wird im Tenor dahingehend berichtigt, dass hinter den Worten "Standesamt B." der Zusatz "-VGem" entfällt.
- Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 01.12.2022, Az. 05 UR III 14/22, wird als unbegründet zurückgewiesen.
- Die Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Betroffene begehrt die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung in ihrem Geburtsregistereintrag.
Die Betroffene ist am xx.xx.1963 geboren. Zum Zeitpunkt der Geburt war ihre Mutter verwitwet. In der Geburtsurkunde wurde kein Vater eingetragen (Bl. 6 d. A.). Die Mutter der Betroffenen ist am xx.xx.2004 verstorben.
Mit Urkunde des Notars Dr. M., xxxxx, vom 08.10.2021, Urk.R.Nr. xxx5/2021/N, hat Herr Dr. H. die Vaterschaft anerkannt (Bl. 12 ff. d. A.). Mit Urkunde des Notars Dr. M., xxxxx, vom 12.11.2021, Urk.R.Nr. xxx3/2021/N, hat die Betroffene in die Vaterschaftsanerkennung eingewilligt (Bl. 8 ff. d. A.). Der die Vaterschaft anerkennende Herr Dr. H. ist am xx.xx.2022 verstorben.
Das Standesamt B. hat im Hinblick auf die Regelung in § 1595 Abs. 1 BGB Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung geäußert und die Sache gemäß § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht Schweinfurt vorgelegt.
Mit Beschluss vom 01.12.2022 (Bl. 38 f. d. A.) hat das Amtsgericht Schweinfurt angeordnet, dass in dem Geburtenbuch/-registereintrag beim Standesamt B.-VGem Nr. xxx vom xx.xx.1963 die Vaterschaftsanerkennung nicht beizuschreiben ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB auch über den Tod der Mutter hinaus Geltung besitze. Wegen der Einzelheiten wird auf den amtsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Betroffenen vom 14.12.2022 (Bl. 44 d. A.), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Der angefochtene Beschluss war zunächst im Tenor dahingehend zu berichtigen, dass Verfahrensgegenstand ein Geburtenregistereintrag beim Standesamt der Stadt B. ist, wie sich aus der bei Verfahrenseinleitung vorgelegten Ablichtung (Bl. 6 d. A.) ergibt, nicht beim Standesamt der Verwaltungsgemeinschaft B. ("B.-VGem"). Hierauf hatte das Landratsamt K. mit Schriftsatz vom 06.12.2022 (Bl. 40 d. A.) hingewiesen. Es handelt sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 FamFG. Nachdem der Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 08.12.2022 (Bl. 41 f. d. A.) diesen Punkt nicht aufgegriffen hat, hat der Senat in eigener Zuständigkeit (vgl. dazu Ulrici in MünchKomm FamFG, 3. Auflage 2018, § 42 Rn. 7, mit Nachweisen) die Berichtigung vorgenommen.
III.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthaft und auch im Übrigen - trotz fehlender Begründung (vgl. § 65 Abs. 1 FamFG) - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63 f. FamFG). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung im Rahmen des Verfahrens nach § 49 Abs. 2 PStG die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung beim Geburtseintrag (§ 27 Abs. 1 Satz 1 PStG) abgelehnt. Nach dem Tod der Mutter ist eine Vaterschaftsanerkennung wegen § 1595 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich.
1. Die Vorschrift des § 1595 Abs. 1 BGB in der Fassung nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16.12.1997 ist anwendbar, auch wenn die Betroffene vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (01.07.1998) geboren wurde (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 1 W 483/16, Rn. 9, mit Nachweis).
2. Zu der Frage, ob eine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter mangels deren Zustimmung (§ 1595 Abs. 1 BGB) unmöglich ist und Vater und Kind auf ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren zu verweisen sind, werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten.
a) Nach einer Auffassung kommt nach dem Tod der Kindesmutter eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht (so etwa Balzer in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1595 Rn. 13, 13.1, mit Nachweisen zum Streitstand; ferner LG Koblenz, Beschluss vom 01.08.2002, Az. 2 T 487/02). Im Gesetzestext fänden sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Zustimmungserfordernisses. Der Regierungsentwurf zum Kindschaftsrechtsreformgesetz weise ausdrücklich darauf hin, dass beim Tod der Mutter nur das gerichtliche Feststellungsverfahren möglich sei (BT-Drs. 13/4899, S. 54, rechte Spalte, 2. Absatz a. E.). Auch nach dem Zweck der Regelung sei dies sachgerecht. Insbesondere biete die Zustimmung allein des Kindes (vgl. § 1595 Abs. 2 BGB) keine gleichwertige Gewähr für die Richtigkeit der Anerkennung, da das Kind naturgemäß keine vergleichbare Kenntnis von seiner Abstammung habe. Wegen der weitreichenden Konsequenzen der Vaterschaftsanerkennung für den Anerkennenden und das Kind seien nach dem Tod der Mutter hohe Anforderungen an den Nachweis der Vaterschaft zu stellen, die weder im schlichten Anerkennungsverfahren vor dem Jugendamt noch im standesamtlichen Verfahren im erforderlichen Umfang gewürdigt werden könnten.
b) Nach der Gegenauffassung entfällt mit dem Tod der Mutter das Zustimmungserfordernis (so etwa Wellenhofer in MünchKomm BGB, 8. Auflage 2020, § 1595 Rn. 14, mit Nachweisen zum Streitstand; ferner KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 1 W 483/16, Rn. 15 ff.). Es sei kein Grund ersichtlich, den Beteiligten in dieser Konstellation den Weg über die Anerkennung zu versagen. Die Zustimmung gemäß § 1595 Abs. 1 BGB als höchstpersönliches Beteiligungsrecht setze voraus, dass die Erklärungsbefugte am Leben sei. Insofern gehe es nicht darum, die höchstpersönliche Erklärung der Mutter zu ersetzen, sondern diese werde mit deren Tod schlicht entbehrlich. Das Kind habe in der Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, zeitnah und effizient einen Vater zu erhalten, zumal wenn die Mutter verstorben sei. Wäre nach dem Tod der Mutter zwingend ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchzuführen, bliebe das Kind gegebenenfalls gegen seinen Willen und gegen den Willen des anerkennungsbereiten Mannes ohne Vater, wenn sich die biologische Vaterschaft nicht feststellen lassen sollte. Dass das Gesetz der "biologischen Wahrheit" bei der Abstammung keinen unbedingten Vorrang einräume, ergebe sich daraus, dass auch im Falle eines Vaterschaftsanerkenntnisses mit Zustimmung der Mutter weder die biologische Vaterschaft noch die Motive der Mutter für deren Zustimmung geprüft würden. Grund für die Einführung des Zustimmungserfordernisses durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz sei nicht in erster Linie der Schutz der Kindesmutter vor der Unterstellung eines intimen Verhältnisses zum Anerkennenden gewesen (auch wenn das Interesse der Mutter, ohne ihre Zustimmung keinen Kindesvater "aufgedrängt" zu bekommen, unter dem Gesichtspunkt des postmortalen Persönlichkeitsschutzes noch Bedeutung haben können möge). Der Gesetzgeber habe vielmehr durch die Anerkennung die Rechtsstellung der Mutter etwa wegen der Umgangsrechte des Vaters als betroffen angesehen (BT-Drs. 13/4899, S. 54, linke Spalte unten und rechte Spalte oben). Derartige Einwirkungen auf die Rechte der Mutter durch die Rechte des Vaters endeten jedoch mit dem Tod der Mutter.
3. Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht - oben 2. a) - an und folgt damit insbesondere nicht der Rechtsprechung des Kammergerichts. Die Argumentation der Gegenauffassung, eine zeitnahe Vaterschaftsanerkennung sei im Interesse des Kindes einem langwierigen Gerichtsverfahren vorzuziehen, beinhaltet eine Wertung, die dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Ausweislich des Regierungsentwurfs zum Kindschaftsrechtsreformgesetz sollte beim Tod der Mutter gerade keine Anerkennung mehr möglich sein; vielmehr sei "ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren für das Kind wegen der größeren Sicherheit günstiger" (BT-Drs. 13/4899, S. 54, rechte Spalte, 2. Absatz a. E.). Hätte der Gesetzgeber für den Todesfall eine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis vorsehen wollen, hätte dies im Gesetz Niederschlag finden müssen. Eine teleologische Reduktion verbietet sich, da der Zweck der Regelung in der Tat nicht primär im Schutz der Mutter liegt, sondern auch und gerade in der Gewährleistung der Statuswahrheit. Dies gilt umso mehr, als das Kind aus seinem verfassungsrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) ein Recht auf Kenntnis der eigenen biologisch-genetischen Abstammung hat (grundlegend BVerfG, Urteil vom 31.01.1989, Az. 1 BvL 17/87). Die Argumentation der Gegenauffassung, dass auch im Fall eines Vaterschaftsanerkenntnisses mit Zustimmung der Mutter die biologische Vaterschaft nicht geprüft werde, greift insofern zu kurz, als die Zustimmung der Mutter zumindest eine höhere - wenn auch nicht absolute - Gewähr für die biologische Richtigkeit der Anerkennung bietet als der bloße positive Wille von Anerkennendem und Kind. Die Ermöglichung von Abstammungsverhältnissen ohne hinreichend sichere Feststellung der biologischen Vaterschaft stellt indes keinen legitimen Zweck des Abstammungsrechts dar, sondern wäre letztlich an den Regeln der Adoption zu messen (Balzer in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1595 Rn. 13.1). Nach alledem wird allein die erstgenannte Ansicht, wonach der Tod der Kindesmutter das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB nicht entfallen lässt, dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers und den verfassungsrechtlichen Implikationen gerecht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
V.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG, 51 Abs. 1 PStG zuzulassen. Bei der Frage, ob eine Vaterschaftsanerkennung auch noch nach dem Tod der Mutter möglich ist, handelt es sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen denkbar und die deshalb von allgemeinem Interesse ist. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des Kammergerichts ab, das seinerzeit ebenfalls die Rechtsbeschwerde zugelassen hatte (was aber - soweit ersichtlich - nicht zu einer höchstrichterlichen Klärung geführt hat).