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  • 15.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237374

    Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 07.03.2023 – 17 WF 32/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Celle

    Beschluss vom 07.03.2023


    In der Familiensache

    xxx

    hier: Richterablehnung

    hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ### als Einzelrichterin am 07. März 2023 beschlossen:
                 
    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 05. Januar 2023, durch den das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die Richterin am Amtsgericht ### für unbegründet erklärt worden ist, wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

    Gründe

    I.

    Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Am 15. Juni 2018 schlossen sie im Verbundverfahren vor dem Amtsgericht Celle (Az. 42 F 42181/15 S) einen Vergleich, in dem u.a. sich der Antragsteller verpflichtete, der Antragsgegnerin nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.600 € zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Abänderung dieser Vereinbarung zum Ehegattenunterhalt.

    Die Antragsgegnerin ist zunächst - wie schon im Ausgangsverfahren - von Rechtsanwältin ### - einer Sozia der Rechtsanwaltskanzlei ### mit Standort in ### und ### - vertreten worden und wird nun von der ebenfalls in dieser Rechtsanwaltskanzlei tätigen Rechtsanwältin ### vertreten. Zur Entscheidung im Abänderungsverfahren - wie auch schon im Ausgangsverfahren - ist die nunmehr vom Antragsteller abgelehnte Richterin am Amtsgericht ### berufen, deren Ehemann - wie ebenfalls schon während des Vorverfahrens - der Sozietät der Antragsgegnervertreter angehört. Eine Mitteilung der Richterin von diesem Umstand erfolgte im Vorverfahren nicht; ein Ablehnungsgesuch brachte der seinerzeit von Rechtsanwalt ### in ### vertretene Antragsteller dort nicht an. Nachdem er Kenntnis von der Zuständigkeit der Richterin am Amtsgericht ### für vorliegendes Verfahren erhalten hatte, hat der Antragsteller sie in der - sich anschließend bestätigenden - Erwartung, dass die Antragsgegnerin erneut durch ihre frühere Verfahrensbevollmächtigte vertreten würde, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

    Das Amtsgericht hat nach dienstlicher Äußerung der abgelehnten Richterin durch Beschluss vom 05. Januar 2023, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt.

    Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Antragstellers hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 14. Februar 2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

    II.

    Der zulässigen sofortigen Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

    1

    .Ein Ablehnungsgrund der - gemäß § 113 Abs.1 FamFG in vorliegender Familienstreitsache geltenden - Vorschrift des § 42 Abs.2 ZPO liegt vor, wenn aus der Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu Zweifeln. Dafür genügt es, dass die Umstände geeignet sind, der Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben, da es bei den Vorschriften der Befangenheit von Richtern darum geht, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden. Die Vorschriften dienen zugleich der Verwirklichung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs der Parteien, nicht vor einem Richter stehen zu müssen, dem es an der gebotenen Neutralität fehlt (BGH FamRZ 2012, 1890-1891, Rn.10).

    In seiner Grundsatzentscheidung zu der Frage, ob allein eine Ehe oder nahe Verwandtschaft eines Richters mit einem in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Gegners tätigen Rechtsanwalt für die Partei die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs.2 ZPO begründet, hat der BGH (BGH aaO. Rn.11) dies gemessen an oben dargelegten Grundsätzen bejaht und das allein auf die Tätigkeit der Ehefrau des abgelehnten Richters als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Prozessgegners gestützte Ablehnungsgesuch für begründet erachtet. Zur Begründung hat er ausgeführt, schon die besondere berufliche Nähe der Ehefrau des Richters zu dem Prozessbevollmächtigten des Gegners gebe der Partei begründeten Anlass zur Sorge, dass es dadurch zu einer unzulässigen Einflussnahme auf den Richter kommen könnte. Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen sei, dass Richter über jene innere Unabhängigkeit und Distanz zu verfügen, die sie befähigen, unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, ist es einer Partei nicht zuzumuten, darauf zu vertrauen, dass eine unzulässige Einflussnahme durch den Gegner unterbleiben wird, und den Richter erst dann abzulehnen, wenn dies doch geschieht und ihr das bekannt wird. Dem schließt sich der Senat an. Der Umstand, dass der Ehemann der abgelehnten Richterin nicht im Familienrecht und - anders als die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin - nicht am Standort ### der Sozietät ### sondern am Standort in ### tätig ist, vermag seine durch die anwaltliche Tätigkeit als Sozius begründete berufliche Nähe zur Verfahrensbevollmächtigen nicht entscheidend zu mindern. Auch ergibt sich aus der weiteren, vom Amtsgericht im angefochtenen Beschluss zitierten Entscheidung des BGH (NJW 2019, 516-517 [BGH 21.06.2018 - I ZB 58/17]), der ein anderer Sachverhalt (Tätigkeit der Ehefrau des abgelehnten Richters als Sekretärin in der Rechtsanwaltskanzlei, die den Gegner vertritt) zugrunde lag, für die vorliegende Konstellation keine andere Beurteilung.

    2.

    Indessen kann der vom Antragsteller sein Ablehnungsgesuch nicht erfolgreich auf den Umstand stützen, dass der Ehemann der abgelehnten Richterin als Rechtsanwalt der Sozietät der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin angehört, weil er sein diesbezügliches Ablehnungsrecht gemäß § 113 Abs.1 FamFG, § 43 ZPO verloren hat.

    Gemäß § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH FamRZ 2006, 1266-1268), der sich der Senat anschließt, tritt dieser Verlust des Ablehnungsrechts nicht nur in dem anhängigen Rechtsstreit ein, in welchem der Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht wurde (innerprozessuale Präklusionswirkung). Vielmehr ist die Partei auch gehindert, denselben Ablehnungsgrund in einem anderen Verfahren geltend zu machen, wenn zwischen beiden Verfahren ein tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang besteht (BGH aaO. Rn.11ff.). So liegt der Fall hier.

    Bereits in dem zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits geführten Verfahren vor dem Amtsgericht Celle (Az. 42 F 42181/15 S) war die abgelehnte Richterin als erkennende Richterin tätig und hat, nachdem die Beteiligten in der von ihr geleiteten mündlichen Verhandlung den nunmehr hinsichtlich der Vereinbarung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt zur Abänderung stehenden Vergleich geschlossen hatten, das mit Scheidungsantrag des Antragstellers eingeleitete Verbundverfahren durch einen die Ehescheidung aussprechenden Beschluss beendet. Die Antragsgegnerin war in jenem Verfahren von Rechtsanwältin ### vertreten, die ebenso wie der Ehemann der abgelehnten Richterin auch seinerzeit schon in der Kanzlei ### tätig war. Dies nahm der Antragsteller seinerzeit jedoch nicht zum Anlass, ein Ablehnungsgesuch anzubringen, obwohl Kenntnis des Ablehnungsgrundes im Sinne des § 43 ZPO vorlag. Die Kenntnis des Ablehnungsgrundes umfasst zum einen die Person des mit der Sache befassten Richters und zum anderen die Kenntnis der Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit begründen. Dabei ist der Partei das Wissen ihres Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 85 Abs.2 ZPO zuzurechnen (BGH NJW-RR 2020, 1321-1323 [BGH 15.09.2020 - VI ZB 10/20], Rn.18). Ohne Belang ist insoweit daher, dass der Antragsteller seinem Vortrag zufolge selbst nicht um die anwaltliche Tätigkeit des Ehemannes der Richterin wusste, weil weder diese es gemäß § 48 ZPO mitgeteilt noch sein damaliger Verfahrensbevollmächtigter ihn darauf hingewiesen hatte. Dass jener sowohl Kenntnis von der Person der Richterin als auch von der anwaltlichen Tätigkeit ihres Ehemannes in der für die Antragsgegnerin tätigen Anwaltskanzlei hatte, hat der Antragsteller nicht in Abrede genommen.

    Der für eine verfahrensübergreifende Präklusion erforderliche tatsächliche und rechtliche Zusammenhang zwischen dem Vorverfahren und dem vorliegenden Abänderungsverfahren ist ebenfalls gegeben.

    Nach alledem war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs.1 FamFG, § 97 Abs.1 ZPO.

    Einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren bedarf es nicht, weil wertabhängige Gerichtsgebühren nicht entstanden sind (Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG). Im Übrigen folgt der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens dem Wert der Hauptsache.