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  • 08.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238199

    Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 19.10.2023 – 17 WF 148/23

    1. Legt das Amtsgericht beim Ausspruch der Scheidung ein unrichtiges Heiratsdatum zugrunde, unterliegt der Beschluss nicht der Berichtigung nach den §§ 113 FamFG, 319 ZPO.

    2. Das unrichtige Heiratsdatum hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Scheidungsausspruches.

    3. Das Standesamt hat die Scheidung trotz unrichtigen Heiratsdatums nach § 16 PStG im Eheregister einzutragen, dies ist gegebenenfalls im Verfahren nach § 49 PStG zu verfolgen.


    Oberlandesgericht Celle

    Beschluss vom 19.10.2023


    In der Familiensache
    H. A. ...,
    Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
    Verfahrensbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro ,
    Geschäftszeichen:
    gegen
    Y. A., ...,
    Antragsgegner,

    hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht xxx als Einzelrichter am 19. Oktober 2023 beschlossen:

    Tenor:

    Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg vom 13. September 2023 wird zurückgewiesen.

    Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Feststellung, dass ein in einem anderen Verfahren ergangener, ihre Ehe betreffender, Scheidungsbeschluss zu berichtigen sei.

    Die am XX Juni 2009 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg vom 17. März 2023 geschieden. Im Tenor des Scheidungsbeschlusses ist - wie im Scheidungsantrag aus dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 31. Mai 2023 und von den Ehegatten bei ihrer persönlichen Anhörung - als Datum der Heirat der XX.Mai 2008 (nebst einem Registereintrag aus 2008) angegeben, den das Amtsgericht auch bei Durchführung des Versorgungsausgleiches der Entscheidung zugrunde gelegt hatte. Eine von der Antragstellerin beantragte Berichtigung lehnte das Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg mit formlosem Schreiben vom 26. Juni 2023 ab.

    Das Standesamt ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Daten nicht bereit, die Scheidung in das Eheregister einzutragen. Im Hinblick darauf begehrt die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für den Antrag,

    festzustellen, dass der rechtskräftige Scheidungsbeschluss des Familiengerichts Lüneburg vom 17. März 2023, XX F XXX/22 S, dahingehend zu berichtigen ist, dass das Datum der Eheschließung der XX Juni 2009 gewesen ist.

    II.

    Die nach den §§ 113 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig, weil es am Feststellungsinteresse fehlt. Er ist daher ohne Aussicht auf Erfolg.

    1. Seinem Wortlaut nach ist der angekündigte Antrag schon deshalb unzulässig, weil die Berichtigung nicht in einem gesonderten, sondern nach den §§ 113 FamFG; 319 ZPO im Ausgangsverfahren zu verfolgen ist. Eine Feststellung kommt im Hinblick auf die vorrangige Möglichkeit eines Berichtigungsverfahrens von vorneherein nicht in Betracht.

    Darüber hinaus unterliegt der Scheidungsbeschluss hier nicht der Berichtigung, die nur die Beseitigung von Fehlern bei der Willensäußerung, nicht aber der Willensbildung des Gerichts ermöglicht (statt aller: Musielak, in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 319 Rn. 4 m. w. N.). Die irrtümliche Annahme des Amtsgerichts, die Ehe sei im Mai 2008 geschlossen worden, betrifft die Willensbildung - eben deshalb hat das Amtsgericht auch die Auskünfte zum Versorgungsausgleich für eine Anfang Mai 2008 beginnende Ehezeit eingeholt und verwertet. Vor diesem Hintergrund kann das Amtsgericht weder die getroffene Entscheidung berichtigen noch in einem gesonderten Verfahren auf Berichtigung erkennen.

    2. § 121 Nr. 3 FamFG sieht ein Verfahren zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe vor und weist es den Familiengerichten zu. Bei einem solchen Verfahren handelt es sich um ein besonderes Feststellungsverfahren, für das es eines Feststellungsinteresses bedarf (Lugani, in: Münchener Kommentar, FamFG, 3. Aufl. 2018, § 121 Rn. 12). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der von der Antragstellerin angekündigte Antrag indessen mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Dies gilt trotz der Weigerung des Standesamtes, die Scheidung in das Personenstandsregister einzutragen. Denn eine solche Feststellung entfaltet nur Wirkung unter den Ehegatten (Markwardt, in: Johannsen/ Helmrich/ Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 121 FamFG Rn. 11 m. w. N.), unter denen die Scheidung völlig unstreitig ist, und bindet das Standesamt deshalb nicht. Die Scheidung ist als Folgebeurkundung zur Eheschließung nach § 16 Abs. 1, Satz 1 Nr. 3 PStG in das Eheregister aufzunehmen. Grundlage dieser Eintragung kann nur der rechtskräftige Scheidungsbeschluss; nicht aber eine bloß zwischen den Ehegatten wirkende Feststellung sein (die allenfalls gemäß § 16 Abs. 1, Satz 1 Nr. 4 PStG einzutragen wäre und die Eintragung der Scheidung damit auch nicht ersetzt).

    3. Der rechtskräftige Scheidungsbeschluss vom 17. März 2023 hat trotz des im Tenor unrichtig wiedergegebenen Heiratsdatum die am XX Juni 2009 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden, so dass die Scheidung nach § 16 Abs. 1, Satz 1 Nr. 3 PStG vom Standesamt einzutragen sein wird. In der unrichtigen Datums- und Registerbezeichnung liegt eine im Hinblick auf die Scheidung in jeder Hinsicht unschädliche Falschbezeichnung. Zwischen den Ehegatten bestand nur die am XX Juni 2009 geschlossene Ehe, deren Scheidung sie im damaligen Verfahren verfolgt haben. Der vom Amtsgericht getroffene Ausspruch war dementsprechend darauf gerichtet, gerade diese Ehe zu scheiden und ist von den Beteiligten auch genau so verstanden worden. Hinge die Wirksamkeit des Scheidungsausspruches von der richtigen Datums- und Registerbezeichnung ab, so wäre der Scheidungsbeschluss vollständig wirkungslos und nichtig. Für eine solche Annahme (die auch nur schwer mit der eingetretenen, auch materiellen, Rechtskraft vereinbar wäre und im Widerspruch zur rechtskräftigen Entscheidung zum Versorgungsausgleich stünde) besteht hier keinerlei Anlass, weil von vorneherein und auch von außen sofort erkennbar ist, dass ausschließlich die zwischen den Beteiligten tatsächlich geschlossene Ehe geschieden werden sollte.

    Das Standesamt nimmt Eintragungen grundsätzlich aufgrund vorgelegter öffentlicher Urkunden, aber auch eigener Ermittlungen vor (§ 9 Abs. 1 PStG). Aus dem am 17. März 2023 verkündeten Beschluss, der dem Standesamt als öffentliche Urkunde vorliegt, kann ohne Weiteres und unmittelbar auf die Scheidung der bestehenden Ehe geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund erkennt der Senat zunächst keinen Grund, der das Standesamt an der Eintragung der Scheidung als Folgetatsache zur Eheschließung hindern könnte.

    Sofern das Standesamt (das aufgrund der formellen Anforderungen des Personenstandsrechts nur eingeschränkt berechtigt ist, Beurkundungen eingeständig zu ändern (vgl. § 47 PStG) sich weiterhin formal an der Eintragung gehindert sieht, steht der Antragstellerin das Verfahren nach § 49 PStG zur Verfügung. Die Antragstellerin kann daher durch einen Antrag vor dem nach § 51 PStG zuständigen Amtsgericht (dem Amtsgericht am Ort des für den Sitz des Standesamtes zuständigen Landgerichts, hier angesichts des zuständigen Standesamtes Geesthacht, wohl das Amtsgericht Lübeck) eine entsprechende, für das Standesamt bindende, gerichtliche Entscheidung erwirken. Die hier begehrte Feststellung aber scheidet aus, weil die begehrte Eintragung in einem dafür vorgesehenen anderen Verfahren zu erreichen ist.

    Die - deklaratorische - Kostenentscheidung beruht hinsichtlich gerichtlicher Kosten auf Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG, hinsichtlich außergerichtlicher Kosten auf den §§ 113 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

    RechtsgebieteZPO § 319, FamFG § 121, PStG § 16, PStG § 49