18.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140528
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 08.01.2014 – XII ZB 366/13
Bei der Feststellung der Artgleichheit der Versorgungsanrechte im Rahmen von § 18 Abs. 1 VersAusglG ist auch bei Landes- und Kommunalbeamten, Zeitsoldaten und Widerrufsbeamten auf das zu belastende Anrecht und nicht auf das Anrecht abzustellen, das durch externe Teilung nach § 16 Abs. 1 und 2 Vers-AusglG in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden würde.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. Juni 2013 aufgehoben.
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht Schleswig vom 10. April 2013 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer 2 der Beschlussformel) geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Im Wege interner Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Vers.-Nr.: ...) ein Anrecht in Höhe von 1,5056 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (Vers.-Nr. ...) übertragen.
Im Wege externer Teilung wird zu Lasten des auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gerichteten Anrechts des Antragsgegners bei der Bundesrepublik Deutschland, Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Hannover (Geschäftszeichen: Az. ...) ein Anrecht in monatlicher Höhe von 37,88 € auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Vers.-Nr.: ...), bezogen auf den 31. Oktober 2011, begründet.
Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für die Rechtsmittelverfahren wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Beschwerdewert 1.337 €
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) haben am 2. Oktober 2008 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 26. November 2011 zugestellt.
2
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2011 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten Versorgungsanrechte erworben. Die ehezeitlichen Anrechte der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich auf 3,0111 Entgeltpunkte mit einem Ausgleichswert von 1,5056 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 9.068,73 €. Der Ehemann ist Soldat auf Zeit, dessen Dienstzeit am Ende der Ehezeit noch nicht abgelaufen war. Er hat in der Ehezeit ein auf den 31. Oktober 2011 bezogenes Anrecht auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in monatlicher Höhe von 75,77 € mit einem Ausgleichswert von 37,88 € und einem korrespondierenden Kapitalwert von 8.306,78 € erlangt.
3
Das Amtsgericht hat die Ehe der beteiligten Eheleute durch Beschluss vom 10. April 2013 geschieden und im Verbund zum Versorgungsausgleich ausgesprochen, dass ein Wertausgleich der von den Ehegatten erworbenen Anrechte nicht stattfindet, weil die Anrechte gleichartig seien und zwischen ihnen nur eine geringfügige Wertdifferenz im Sinne von § 18 Abs. 1 und 3 VersAusglG bestehe. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 (Bundesrepublik Deutschland) zurückgewiesen.
4
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt, den Versorgungsausgleich bezüglich der beiden von den Ehegatten erworbenen Anrechte entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.
II.
5
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts.
6
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2013, 1904 veröffentlicht ist, hat die Auffassung vertreten, dass im Rahmen der Bagatellprüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG das gesetzliche Rentenanrecht der Ehefrau mit dem gesetzlichen Rentenanrecht verglichen werden müsse, welches im Wege der externen Teilung nach (richtig:) § 16 Abs. 2 VersAusglG zugunsten des Ehemannes begründet werden würde. Das Gesetz verlange die Artgleichheit der einander gegenübergestellten Anrechte, weil sich annähernd gleiche Stichtagswerte am Ende der Ehezeit unterschiedlich entwickeln und zu erheblich divergierenden Versorgungsleistungen führen können. Die künftige Entwicklung einer extern ausgeglichenen Anwartschaft richte sich aber nach den wertbildenden Faktoren des begründeten und nicht nach denjenigen des ausgeglichenen Anrechts.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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a) Mit Recht hat das Beschwerdegericht allerdings die gegen den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 18 Abs. 1 VersAusglG gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 als zulässig angesehen, weil diese mit ihrem Rechtsmittel eine unrichtige Beurteilung des Rechtsbegriffes der Gleichartigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG geltend gemacht hat (Senatsbeschluss vom 9. Januar 2013 - XII ZB 550/11 - FamRZ 2013, 612 Rn. 21).
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b) Ebenfalls im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass ein Ehegatte, der am Ende der Ehezeit in einem Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit steht, eine alternativ ausgestaltete Versorgungsaussicht entweder auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Dienstzeitanrechnung in einem Beamtenverhältnis oder vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erwirbt (Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2002 - XII ZB 76/98 - FamRZ 2003, 29, 30 mwN). Dieses bei dem Dienstherrn des Zeitsoldaten bestehende Anrecht ist im Wege der externen Teilung durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen (§ 16 Abs. 2 VersAusglG) und mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bewerten (§ 44 Abs. 4 VersAusglG).
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c) Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdegericht indessen in seiner Beurteilung, dass für die Feststellung der Artgleichheit der Anrechte im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG auf das nach § 16 Abs. 2 VersAusglG in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründende, nicht auf das zu belastende Anrecht abzustellen sei (ebenso AG Hameln FamRZ 2012, 132 [Ls]). Diese Ansicht lässt sich weder mit dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 VersAusglG noch mit der Systematik des Gesetzes in Einklang bringen.
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Nach § 18 Abs. 1 VersAusglG soll das Familiengericht "beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen", sofern die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Dies deutet schon begrifflich darauf hin, dass diejenigen von den Ehegatten tatsächlich erworbenen Anrechte miteinander zu vergleichen sind, zu deren Lasten der Wertausgleich durchgeführt werden würde, wenn das Familiengericht von der Möglichkeit des § 18 Abs. 1 VersAusglG keinen Gebrauch macht. Es kommt hinzu, dass sich § 16 Abs. 2 VersAusglG, der den Ausgleich der Versorgung eines Soldaten auf Zeit durch Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung anordnet, dazu verhält, wie der Wertausgleich durchzuführen ist. Die nach § 18 Abs. 1 VersAusglG zu beurteilende Frage, ob es aus bestimmten Billigkeitsgründen überhaupt zu einem Wertausgleich durch Teilung des Anrechts kommt, ist der Frage nach den Teilungsmodalitäten auch systematisch vorgelagert. Überträgt man im Übrigen den vom Beschwerdegericht entwickelten Rechtsgedanken folgerichtig auf andere Konstellationen der externen Teilung, würde dies in den Fällen des § 15 Abs. 1 VersAusglG zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, dass die Billigkeitsentscheidung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG von der Wahl der Zielversorgung durch die ausgleichsberechtigte Person abhängen könnte.
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d) Das von der Ehefrau erworbene Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung und das von dem Ehemann erworbene, alternativ ausgestaltete Versorgungsanrecht als Soldat auf Zeit sind nicht gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG. Da die Versorgungsaussicht des Ehemannes möglicherweise in einer Dienstzeitanrechnung in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder in einem anderen öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis münden wird, käme eine Anwendung von § 18 Abs. 1 VersAusglG nur in Betracht, wenn auch ein Versorgungsanrecht nach beamtenrechtlichen Grundsätzen mit den gesetzlichen Rentenanrechten der Ehefrau artgleich wäre. Dies ist, wie der Senat inzwischen entschieden hat, nicht der Fall, weil sich Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und Anrechte der Beamtenversorgung sowohl in der Struktur und Finanzierung als auch im Leistungsspektrum und in der Wertentwicklung wesentlich voneinander unterscheiden (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 211/13 - FamRZ 2013, 1636 Rn. 12 ff.). Insoweit sieht der Senat gemäß § 74 Abs. 7 FamFG von einer weitergehenden Begründung seiner Entscheidung ab.
13
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG). Auf der Grundlage der Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger sind die Anrechte der Ehefrau im Wege interner Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG und die Anrechte des Ehemannes im Wege externer Teilung nach § 16 Abs. 2 VersAusglG wie aus der Beschlussformel ersichtlich auszugleichen.
Dose Klinkhammer
Günter
Botur
Guhling