26.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142551
Bundesgerichtshof: Urteil vom 16.07.2014 – XII ZR 108/12
Die Vorschriften der §§ 1378 Abs. 2, 1384 BGB in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung, nach denen im Falle der Ehescheidung für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt, sind nicht anwendbar, wenn die Ehe vor dem 1. September 2009 rechtskräftig geschieden worden ist.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Kammergerichts in Berlin vom 20. April 2012 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner in einer abgetrennten Scheidungsfolgesache auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch.
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Die Ehe der Parteien ist auf den am 28. Juni 1997 zugestellten Antrag durch Urteil vom 20. Dezember 2006, rechtskräftig seit dem 17. April 2007, geschieden worden.
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Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags verfügte der Antragsgegner nach Auffassung der Antragstellerin über ein Endvermögen von 3.103.330,14 DM, sein Zugewinn belief sich unter Berücksichtigung des Anfangsvermögens danach auf 2.922.527,35 DM. Die Antragstellerin hat keinen Zugewinn erzielt.
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Das Amtsgericht ist von einem Endvermögen des Antragsgegners von 554.830,22 DM und einem Zugewinn von 394.170,82 DM ausgegangen.
Es hat den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin 197.058,91 DM (100.754,64 €) zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufung des Antragsgegners hat das Kammergericht unter Zurückweisung der Berufung der Antragstellerin das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist nicht begründet.
I.
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Das Kammergericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, zur Begründung seiner - in FamRZ 2012, 1642 veröffentlichten - Entscheidung ausgeführt: Die vom Amtsgericht der Ausgleichsberechnung zugrunde gelegte stichtagsbezogene Bewertung sei mit Ausnahme von zwei Positionen des aktiven Endvermögens des Antragsgegners zwischen den Parteien unstreitig. Das auf eine höhere Bewertung dieser Positionen gerichtete Vorbringen der Antragstellerin im Berufungsverfahren führe nicht zum Erfolg. Aber selbst wenn eine höhere Bewertung der betreffenden Positionen gerechtfertigt wäre, sei die Berufung des Antragsgegners begründet. Ausweislich des von ihm erstellten Bestandsverzeichnisses habe er zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands (Rechtskraft der Scheidung) über ein Negativvermögen von 341.197,60 € verfügt. Soweit einzelne Ansätze noch streitig gewesen seien, seien die Einwendungen hiergegen unerheblich, weil sie nur zu einer Verringerung des deutlich im negativen Bereich liegenden Saldos von Aktiva und Passiva führten. Auf den somit zwischenzeitlich eingetretenen Vermögensverfall und den hierdurch bedingten Ausschluss des Zugewinnausgleichsanspruchs nach § 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB könne sich der Antragsgegner ungeachtet der zum 1. September 2009 eingetretenen Gesetzesänderung berufen. Zwar folge dies nicht bereits daraus, dass die Kappungsregelung des § 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB keine inhaltliche Änderung erfahren habe; das sei nicht der Fall. Hier seien aber die §§ 1378 Abs.r 2 Satz 1, 1384 BGB in der bis zum 31. August 2008 geltenden Fassung anwendbar. Auf einen Anspruch finde regelmäßig das im Zeitpunkt seiner Entstehung bzw. der Anspruchsverwirklichung geltende Recht Anwendung. Etwa gewollte Abweichungen von diesem Grundsatz müsse der Gesetzgeber ausdrücklich regeln. Da der Ausgleichsanspruch mit der Beendigung des Güterstands am 17. April 2007 entstanden sei, finde grundsätzlich "altes Recht" Anwendung, es sei denn, in Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB werde eine gesetzliche Bestimmung gesehen, die auch und gerade den vorliegenden Sachverhalt erfasse. Davon sei jedoch nicht auszugehen.
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Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB enthalte keine generelle Aussage zur Anwendung des alten oder neuen Zugewinnausgleichsrechts. Er treffe vielmehr nur eine für bestimmte Zugewinnausgleichsverfahren geltende und damit beschränkte Regelung, wonach auf bereits anhängige Verfahren die Regelung in § 1374 BGB a.F. weiterhin Anwendung finde. Dass der zitierten Übergangsvorschrift eine weitergehende Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Überleitungsbestimmung zukomme, lasse sich weder ihrem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Jedenfalls würde aber die Berücksichtigung rechtsstaatlicher Grundsätze - nämlich das Verbot der Rückwirkung neuer Gesetze auf bereits abgeschlossene Sachverhalte und der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - eine verfassungskonforme Auslegung der Norm dahingehend bedingen, dass sich ihre Anwendbarkeit nur auf solche bereits rechtshängigen Zugewinnausgleichsverfahren beschränke, bei denen der Güterstand am 1. September 2009 noch nicht beendet gewesen sei, dass sie hingegen auf rechtshängige Zugewinnausgleichsverfahren, die bereits vor der Gesetzesänderung entstandene Ausgleichsforderungen beträfen, grundsätzlich keine Anwendung finden könne. Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB erfasse mithin nur die Verfahren, in denen die Zugewinnausgleichsforderung am 1. September 2009 noch nicht entstanden sei.
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Selbst wenn die §§ 1378 Abs. 2 Satz 1, 1384 BGB in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung anwendbar wären, würde sich, wie die folgende Hilfsüberlegung zeige, aber kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Denn in diesem Fall wäre der zwischenzeitlich eingetretene Vermögensverlust des Antragsgegners unter dem Gesichtspunkt eines ihm unter Billigkeitsaspekten zustehenden Leistungsverweigerungsrechts (§ 1381 Abs. 1 BGB) zu prüfen und das Vorliegen von dessen Voraussetzungen wohl auch zu bejahen. Da der Vermögensverfall unstreitig nicht auf Manipulationen oder sonstiges unredliches Verhalten des Antragsgegners zurückzuführen, sondern in erster Linie Ergebnis der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise sei, widerspreche die einseitige und ausschließliche Aufbürdung dieser Auswirkungen auf den Antragsgegner dem im Zugewinnausgleichsverfahren herrschenden Halbteilungsgrundsatz. Dieses Ergebnis beruhe allein auf dem Schematismus der gesetzlichen Zugewinnausgleichsregelung und könne auch durch die §§ 1382, 1383 BGB nicht abgemildert werden. Deshalb stelle sich die alleinige Aufbürdung der Folgen des offensichtlich von keiner der Parteien zu verantwortenden Vermögensverfalls auf den Antragsgegner als eine dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechende Auswirkung dar und begründe damit eine außergewöhnliche und im Sinne von § 1381 BGB unbillige Härte.
II.
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Diese Ausführungen halten, soweit die angefochtene Entscheidung auf ihnen beruht, der rechtlichen Nachpr üfung stand.
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1. Die Annahme des Kammergerichts, der Berechnungszeitpunkt für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung sei durch die Neufassung des § 1384 BGB vorverlagert worden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 am 1. September 2009 sah § 1384 BGB a.F. vor, dass im Fall der Scheidung für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt. Nach § 1378 Abs. 2 BGB a.F. wurde die Höhe der Ausgleichsforderung aber durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden war. Die Regelung entspricht jetzt § 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB.
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In der Neufassung bestimmt § 1384 BGB unverändert die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als den für die Berechnung des Zugewinns maßgeblichen Zeitpunkt. Die Vorschrift regelt aber darüber hinaus, dass es auch für die Begrenzung der Ausgleichsforderung auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ankommt. Mit dieser Neuregelung soll erreicht werden, dass Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen können. Dadurch soll die Rechtsposition des von einer illoyalen Vermögensminderung betroffenen Ehegatten gestärkt werden (BT-Drucks. 16/10798 S. 18).
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Eine einschränkende Auslegung dahin, dass von der Neuregelung nur Fälle erfasst werden, in denen der Ausgleichspflichtige für den bis zur Beendigung des Güterstands eingetretenen Vermögensverlust verantwortlich ist, kommt angesichts des insoweit klaren Wortlauts der §§ 1378 Abs. 2 Satz 1, 1384 BGB, die in ihrer Zielrichtung sowohl der Gesetzesbegründung als auch der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses entsprechen, nicht in Betracht (Senatsurteil vom 4. Juli 2012 - XII ZR 80/10 - FamRZ 2012, 1479 Rn. 30).
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2. Danach ist es entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall die §§ 1378 Abs. 2 Satz 1, 1384 BGB in ihrer neuen Fassung heranzuziehen sind oder ob § 1378 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblich ist. Die Annahme des Kammergerichts, auf den Sachverhalt sei das bis zum 31. August 2009 geltende Recht anzuwenden, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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a) Die Frage, ob das zum 1. September 2009 in Kraft getretene Zugewinnausgleichsrecht auch dann anwendbar ist, wenn vor diesem Zeitpunkt die Rechtskraft der Scheidung bereits eingetreten und der Güterstand damit beendet ist, wird nicht einheitlich beantwortet.
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aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, nach dem in Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers solle das neue Zugewinnausgleichsrecht - mit Ausnahme der Vorschrift des § 1374 BGB in Verfahren, die vor dem 1. September 2009 anhängig geworden sind - generell zur Anwendung gelangen. Bei Rechtskraft der Scheidung stehe häufig noch nicht fest, welcher Ehegatte ausgleichsberechtigt sei. Die Ausgleichsforderung sei auch noch nicht voll verkehrsfähig; das sei erst der Fall, wenn sie durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden sei. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte stünden dieser Beurteilung nicht entgegen, da die Reform des Zugewinnausgleichs seit Ende 2003 diskutiert worden sei und der Referentenentwurf mit der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB vom 1. November 2007 datiere. Deshalb seien die Neuregelungen seitdem bekannt gewesen. Im Hinblick hierauf hätte auch ein Antragsgegner den Zugewinnausgleich, etwa durch eine Stufenklage, anhängig machen können (Schwab FamRZ 2009, 1961; Schwamb FamRB 2009, 394; Klein Reform der Zugewinngemeinschaft 2009 Rn. 32 f.; Büte FPR 2010, 87 f. und FPR 2012, 73, 74 f.; Götsche ZFE 2010, 164, 168 f.; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2011, 566, 567 für die Auskunftspflicht nach § 1379 BGB n.F.).
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bb) Zum anderen wird vertreten, aus Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB lasse sich nichts dafür entnehmen, dass das geänderte Zugewinnausgleichsrecht auf bereits vor dem 1. September 2009 rechtskräftig abgeschlossene Scheidungsverfahren anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe diese Problematik nicht gesehen. Deshalb sei Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB ausgehend von allgemeinen Prinzipien, die einen rückwirkenden legislativen Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt und eine entstandene Forderung untersagten, verfassungskonform dahin auszulegen, dass bei vor dem 1. September 2009 eingetretener Rechtskraft der Scheidung altes Zugewinnausgleichsrecht auch dann anzuwenden sei, wenn das Verfahren erst nach diesem Zeitpunkt eingeleitet werde (Gutdeutsch/Hauß FamRB 2009, 325; Hauß FamRB 2009, 394 f.; Kogel FamRB 2010, 87, 88 f.).
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cc) Schließlich wird die Auffassung geäußert, für den Zugewinnausgleich gelte abgesehen von dem in Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB erfassten Regelungsgegenstand ab 1. September 2009 das neue Recht, vorausgesetzt der Güterstand sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet und die Ausgleichsforderung noch nicht entstanden. Dagegen sei das neue Recht nicht heranzuziehen, wenn die Ehe vor dem 1. September 2009 rechtskräftig geschieden, der Zugewinnausgleich aber erst nach diesem Zeitpunkt anhängig geworden sei. Da in dieser Konstellation die Zugewinnausgleichsforderung bei einem Vermögensverfall zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nach altem Recht nicht entstanden sei, würde das neue Recht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise rückwirkend auf einen abgeschlossenen Sachverhalt angewandt. Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Gesetzgeber eine solche Rückwirkung gewollt habe, sei davon auszugehen, dass sich die Inkraftsetzung des Gesetzes zum 1. September 2009 nur auf die güterrechtlichen Fälle erstrecke, in denen der Ausgleichsanspruch noch nicht entstanden sei (MünchKommBGB/Koch 5. Aufl. Art. 229 § 20 Rn. 1; Braeuer NJW 2010, 351, 352; Koch FamRZ 2011, 1261, 1262, 1264; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 940, 941).
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b) Der Senat hält die Neufassung der §§ 1378 Abs. 2, 1384 BGB nicht für anwendbar, wenn die Ehe bei Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung am 1. September 2009 bereits rechtskräftig geschieden war.
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Der Vorschrift des Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB lässt sich nicht entnehmen, dass das geänderte Zugewinnausgleichsrecht auch in den Fällen zur Anwendung gelangen soll, in denen die Ehe bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits rechtskräftig geschieden und der Güterstand beendet ist. Die Bestimmung besagt allein, dass für Verfahren über den Ausgleich des Zugewinns, die vor dem 1. September 2009 anhängig werden, für den Zugewinnausgleich § 1374 BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden ist.
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Wären im Fall der am 1. September 2009 bereits rechtskräftigen Scheidung die §§ 1378 Abs. 2 Satz 1, 1384 BGB anzuwenden, würde ein Ausgleichsanspruch, der bei Rechtskraft der Scheidung wegen eines seit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetretenen Vermögensverlusts des Ausgleichspflichtigen nicht bestanden hat, nachträglich entstehen. Denn nach § 1378 Abs. 2 BGB a.F. ist die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden war. Die Nichtanwendung dieser Bestimmung, die das neue Recht nicht mehr enthält, würde einen Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt darstellen. Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklich und steht mit den allgemeinen Grundsätzen über die zeitliche Geltung von Gesetzen (vgl. BGHZ 44, 192 = NJW 1966, 155; Staudinger/Mertens BGB [2005] Einl. zu Art. 157 bis 218 EGBGB Rn. 8) nicht in Einklang. Bis zur Verkündung der gesetzlichen Neuregelung, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Recht Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (BVerfGE 127, 1 = NJW 2010, 3629 Rn. 56 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] mwN).
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Im Hinblick darauf ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber eine solche Rückwirkung anordnen wollte. Dafür spricht auch die Formulierung der Gesetzesbegründung, Abs. 2 sehe bewusst nur eine Übergangsregelung für § 1374 BGB vor, denn nur in Bezug auf die Einführung des negativen Anfangsvermögens bestehe ein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand der alten Rechtslage, die übrigen Bestimmungen dienten vor allem dem Schutz vor Manipulationen, das Vertrauen auf den Fortbestand einer Manipulationsmöglichkeit sei nicht schutzwürdig (BT-Drucks. 16/10798 S. 25). Danach sollte ausgehend von dem Grundsatz, dass der zeitliche Geltungsbereich eines Gesetzes eindeutig zum Ausdruck kommen muss, gewährleistet werden, dass § 1374 BGB n.F. selbst in anhängigen Verfahren noch nicht zur Anwendung gelangt. Abgeschlossene Sachverhalte werden durch Art. 229 Abs. 2 EGBGB dagegen nicht geregelt. Mit Rücksicht darauf bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung nicht; die Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. ist vielmehr auf vor dem 1. September 2009 abgeschlossene Sachverhalte, nämlich den durch rechtskräftige Scheidung beendeten Güterstand, weiter anzuwenden, weil etwas anderes nicht bestimmt worden ist. Das gilt unabhängig davon, ob ein Zugewinnausgleichsverfahren am 1. September 2009 bereits anhängig war oder noch nicht. Soweit der Rechtsprechung des Senats insofern etwas anderes entnommen werden könnte (Senatsurteile vom 11. Mai 2011 - XII ZR 33/09 - FamRZ 2011, 1039 Rn. 11; vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - FamRZ 2011, 183 Rn. 62 und vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 26), hält er hieran nicht fest.
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c) Danach hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Nach den getroffenen Feststellungen verfügte der Antragsgegner bei Rechtskraft der Scheidung jedenfalls über ein negatives Endvermögen, und zwar ungeachtet der sich aus den Rügen der Antragstellerin ergebenden Möglichkeiten einer etwas anderen Bewertung. Gegen diese Feststellungen, gegen die die Revision keine Einwendungen erhoben hat, ist auch aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auf die vom Berufungsgericht hilfsweise aufgeworfene Frage, ob dem Antragsgegner im Hinblick auf den Vermögensverlust zwischen Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und Rechtskraft der Scheidung gemäß § 1381 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. Juli 2012 - XII ZR 80/10 - FamRZ 2012, 1479 Rn. 32 f.), kommt es deshalb nicht an.
DoseBotur
Nedden-Boeger
Günter
Weber-Monecke
Verkündet am: 16. Juli 2014