10.10.2014 · IWW-Abrufnummer 142937
Oberlandesgericht Bremen: Beschluss vom 19.09.2014 – 4 UF 40/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen
Geschäftszeichen: 4 UF 40/14
63 F 2381/13 Amtsgericht Bremen
Verkündet am: 19.09.2014
Beschluss
In der Familiensache
[…],
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte […]
gegen
[…],
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte […]
hat der 4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 29.8.2014 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Wever, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Röfer und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Haberland beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 26.2.2014 aufgehoben.
2. Der Anspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner auf Ersatz des Schadens, der der Antragstellerin wegen fehlenden Versicherungsschutzes durch die Hausratversicherung bei dem Einbruch vom 4.5.2008 in die Ehewohnung P.-Straße […] in B. entstanden ist, ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
3. Zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Schadens und über die Kosten – auch des Beschwerdeverfahrens - wird das Verfahren an das Amtsgericht – Familiengericht – Bremen zurückverwiesen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin macht gegenüber dem Antragsgegner einen
Schadensersatzanspruch i.H.v. 25.000 € nebst Zinsen geltend.
Der Antragsgegner kaufte sich im März 2006 eine in der H-Straße [...]in Bremen gelegene Wohnung, ohne die Antragstellerin, seine Ehefrau, hiervon in Kenntnis zu setzen. In dieser Wohnung traf er sich mit seiner Geliebten, was die Antragstellerin im August 2006 zufällig entdeckte. Sie sperrte den Antragsgegner daraufhin aus der gemeinsamen Wohnung in der P-Straße [...] aus, indem sie die Schlösser austauschen ließ. Der Antragsgegner meldete im September 2006 die bis zu diesem Zeitpunkt für die Ehewohnung in der P-Straße [...] geltende Hausratversicherung auf seine Wohnung in der H-Straße [...] um, in die er nach der „Aussperrung“ durch die Antragstellerin gezogen war. Der Antragsgegner unterließ es, die Antragstellerin von der Abänderung des Versicherungsschutzes zu unterrichten. Im November 2006 versöhnten sich die Eheleute und der Antragsgegner zog wieder in die Wohnung in der P-Straße [...] ein. Am 4.5.2008 kam es zu einem Einbruch in der Wohnung in der P-Straße [...]. Der Antragsgegner gab gegenüber der Antragstellerin vor, sich wegen der Schadensregulierung mit der Hausratversicherung in Verbindung zu setzen. Wegen der vom Antragsgegner im September 2006 vorgenommenen Abänderung des versicherten Grundstücks bestand aber weiterhin kein Versicherungsschutz für den dort entwendeten Hausrat. Zur Verdeckung des fehlenden Versicherungsschutzes gegenüber der Antragstellerin überwies der Antragsgegner im Jahre 2008 aus eigenen Mitteln 9.250 € auf ein gemeinsames Oder-Konto der Eheleute und gab diesen Betrag der Antragstellerin gegenüber als Zahlung der Hausratversicherung auf den Einbruchsschaden aus. Am 5.1.2011 kam es zur endgültigen Trennung der Eheleute durch Auszug des Antragsgegners. Im Jahre 2013 erfuhr die Antragstellerin zufällig vom Fehlen des Hausratversicherungsschutzes für die Wohnung in der P-Straße [...] seit dem September 2006.
Sie hat gegen den Antragsgegner unter Anrechnung des hälftigen von ihm in 2008 gezahlten Betrages einen Schadensersatzanspruch von 25.000 € wegen der ihr am 4.5.2008 gestohlenen Wertsachen (insbesondere Schmuck und Besteck) geltend gemacht. Mit Beschluss vom 26.2.2014 hat das Amtsgericht das Schadensersatzbegehren der Antragstellerin abgewiesen. Gegen diese, ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 4.3.2014 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 6.3.2014 beim Amtsgericht Bremen eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Mit der Beschwerde verfolgt sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss des Familiengerichts Bremen vom 26.2.2014 zu ändern und den Antragsgegner zu verpflichten, an sie Schadensersatz in Höhe von 25.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.6.2013 zu zahlen sowie
2. nach einer Entscheidung über den Grund des Anspruchs die Sache hinsichtlich des streitigen Betrages unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Familiengericht zurückzuverweisen (Bl. 169, 381 d. A.).
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen (Bl. 249 d. A.).
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
II.
Die statthafte (§§ 113 Abs. 1, 58 FamFG), form- und fristgerecht (§ 117 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegte Beschwerde ist zulässig und dem Grunde nach auch begründet. In welcher Höhe ein Schadensersatzanspruch besteht, lässt sich zurzeit allerdings noch nicht feststellen. Mangels Spruchreife zur Schadenshöhe ergeht in der Beschwerdeinstanz daher nach Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung nur eine Entscheidung zum Grund (dazu unter 1.); im Übrigen wird das Verfahren aufgrund des entsprechenden Antrags der Antragstellerin an das Amtsgericht – Familiengericht – Bremen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Schadenshöhe zurückverwiesen (§§ 117 Abs. 2 FamFG, 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Eine Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht kann auch nicht deshalb unterbleiben, weil das Verfahren im Sinne einer Antragsabweisung bereits jetzt entscheidungsreif wäre (dazu unter 2.).
1.
Ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner lässt sich im vorliegenden Fall zumindest aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB herleiten. Im vorliegenden Fall geht es um die Verletzung einer sich aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ergebenden Fürsorgepflicht während bestehender Ehe. Verstöße gegen die aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitenden Verpflichtungen der Ehegatten sind grundsätzlich geeignet, Schadensersatzansprüche auszulösen (vgl. BGH, FamRZ, 1988, 143; Wever, FamRZ 2012, 416, sowie ders. in: Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., 2014, Rn. 848). Allerdings muss unterschieden werden zwischen der Verletzung persönlicher Pflichten, die grundsätzlich keine Schadensersatzpflicht auslöst, und der Verletzung vermögensrechtlicher Pflichten, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann (Wever, a.a.O.; Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1353 Rn. 15 f.). Als Beispiele für schadensersatzauslösende Pflichtverletzungen werden genannt die Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der gemeinsamen Steuerveranlagung (BGH, FamRZ 1988, 143) oder die Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung eines Kfz-Schadenfreiheitsrabatts auf die den Zweitwagen überwiegend fahrende Ehefrau (OLG Hamm, NJW-RR 2011, 378; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 380; LG Flensburg, FamRZ 2007, 146).
Nach Auffassung des Senats ließe sich die Schadensersatzverpflichtung des Antragsgegners im vorliegenden Fall aber auch aus § 280 BGB i.V.m. § 662 BGB herleiten (vgl. dazu auch LG Flensburg, a.a.O.; LG Freiburg, FamRZ 1991, 1447; Wever, FamRZ 2012, 416). Nach den Schilderungen der Beteiligten liegt es nämlich nahe, vom konkludenten Zustandekommen eines Auftragsverhältnisses i.S.d. § 662 BGB zwischen den Ehegatten insoweit auszugehen, als es der Antragsgegner während des Zusammenlebens der Beteiligten übernommen hatte, für Versicherungsschutz für den gemeinsamen Hausrat in der jeweiligen gemeinsamen Wohnung zu sorgen. Eine derartige auftragsmäßige Übernahme dieser Aufgabe durch den Antragsgegner ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben der X-Versicherung vom 30.8.1999 (Bl. 10 d. A.), in dem diese den Antragsgegner, ihren Versicherungsnehmer, zutreffend (vgl. Hormuth in: Münchener Anwaltshandbuch, Familienrecht, 4. Auflage, 2014, § 31 Rn. 4) darüber aufgeklärt hat, dass sich der Versicherungsschutz auch auf die der Antragstellerin gehörenden Gegenstände in der gemeinsamen Ehewohnung beziehe. Ob die Antragstellerin die Aufgabe, für eine Hausratversicherung hinsichtlich der Ehewohnung zu sorgen, auch selbst hätte übernehmen können, weil sie ebenso geschäftlich erfahren war und ist wie der Antragsgegner, ist angesichts der tatsächlich gehandhabten Aufgabenverteilung zwischen den Eheleuten irrelevant. Wenn ein Ehegatte sich um den Versicherungsschutz „kümmert“, weil er diese Aufgabe durch konkludente Auftragserteilung durch den anderen Ehegatten übernommen hat, muss er grundsätzlich auch während des Bestehens des ehelichen Zusammenlebens in der gemeinsamen Wohnung den Versicherungsschutz aufrechterhalten; hierauf darf der andere Ehegatte vertrauen.
Ob dies uneingeschränkt auch dann gilt, wenn sich die Ehe in einer Krise befindet, wie dies bei den Beteiligten im Zeitraum von August bis November 2006 der Fall war, kann dahinstehen. Denn der Antragsgegner wäre in jedem Fall verpflichtet gewesen, der Antragstellerin zeitnah nach der Abänderung im September 2006 mitzuteilen, dass er den Versicherungsschutz auf seine Wohnung in der H-Straße [...] übertragen hat, so dass für die Wohnung in der P-Straße [...] – spätestens nach einer Übergangszeit von 3 Monaten nach der nächsten auf den Auszug folgenden Prämienfälligkeit (vgl. Hormuth in: Münchener Anwaltshandbuch, a.a.O., § 31 Rn. 20 ff.) - kein Schutz mehr durch eine Hausratversicherung bestand.
Soweit der Antragsgegner in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 4.9.2014 nun geltend macht, er sei aufgrund seines Auszugs gegenüber der Versicherung zu dieser Meldung verpflichtet gewesen, weshalb es sich bei seinem Verhalten bereits um „keine schuldhafte Verletzung irgendeiner Verpflichtung“ handeln könne, kann dieses Vorbringen nicht überzeugen. Selbst wenn die Meldung gegenüber der Versicherung im September 2006 „bedingungsgemäß“ erfolgt sein sollte, ist zu berücksichtigen, dass sich die Eheleute im Oktober/November 2006 wieder versöhnt hatten: Der Antragsgegner ist wieder – auch wenn gegenüber der Antragstellerin eventuell nur zum Schein - in die gemeinsame Ehewohnung zurückgekehrt. Daher wäre nun – seinen Vortrag über die Meldeobliegenheit gegenüber der Versicherung als richtig unterstellt - ebenso wie zum Zeitpunkt des Auszuges im August 2006 eine „bedingungsgemäße“ Meldung der neuen/alten Wohnanschrift gegenüber der Hausratversicherung abzugeben gewesen, um den Hausratversicherungsschutz auf seine Anschrift in der P-Straße [...] zu erstrecken. Hiervon hat der Antragsgegner aber aus nicht näher dargelegten Gründen abgesehen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners musste die Antragstellerin auch nicht wissen, dass die Hausratversicherung nicht mehr bestand. Vielmehr durfte sie jedenfalls angesichts der Rückkehr des Antragsgegners in die gemeinsame Ehewohnung davon ausgehen, dass sich am Versicherungsschutz für den Hausrat in der Ehewohnung nichts geändert hatte bzw. dass eine – als „bedingungsgemäß“ unterstellte – erneute Ummeldung gegenüber der Versicherung erfolgen und somit der Versicherungsschutz für den gemeinsamen Hausrat in der Ehewohnung P-Straße [...] wiederhergestellt würde. Dass der Antragsgegner parallel noch seine Wohnung in der H-Straße [...] behalten hat, wie er vorgetragen hat, ändert nichts daran, dass die Ehe bis Januar 2011 in der gemeinsamen Wohnung in der P-Straße [...] bzw. ab Mitte 2010 in der C-Straße […] „offiziell“ fortgesetzt worden ist; eine Ummeldung zur H-Straße [...] hat der Antragsgegner gegenüber dem Einwohnermeldeamt erst zum 5.1.2011 vorgenommen. Bei der Wohnung in der H-Straße [...] handelte es sich also bis zu diesem Zeitpunkt – auch nach eigenem Vortrag - nicht um seine offizielle Wohnanschrift. Spätestens im Zeitpunkt der Rückkehr in die Ehewohnung hätte der Antragsgegner also die Antragstellerin darauf hinweisen müssen, dass er die Hausratversicherung auf die H-Straße [...] umgemeldet hatte und den Hausratversicherungsschutz für die P-Straße [...] auch nicht wiederherstellen wollte.
Eine Verletzung der den Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin treffenden Vermögensfürsorgepflicht nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB liegt somit darin, dass er die Antragstellerin nicht auf den - durch ihn veranlassten - Entzug des Versicherungsschutzes für den Hausrat in der Ehewohnung in der P-Straße [...] hingewiesen hat. Hierin würde im Übrigen auch eine Verletzung der sich aus einem Auftragsverhältnis ergebenden Hinweispflicht nach § 280 BGB liegen.
Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung ist diese Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden kausal. Da aufgrund der vom Antragsgegner im Jahre 2006 vorgenommenen Ummeldung der Versicherung auf die H-Straße [...] kein Versicherungsschutz mehr für den Hausrat in der P-Straße [...] bestand, hat der Antragsgegner die Ursache dafür gesetzt, dass die Antragstellerin für die Schäden aus dem Einbruchsdiebstahl vom 4.5.2008 keinen Ersatz durch die Hausratversicherung erlangen konnte. Der Senat geht somit vom Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem gegen § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßenden Handeln des Antragsgegners und dem von der Antragstellerin geltend gemachten Schaden aus. Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass die Antragstellerin bei einer entsprechenden Information durch den Antragsgegner unverzüglich für Versicherungsschutz für den Hausrat in der Wohnung P-Straße [...] gesorgt hätte. Die Antragstellerin hatte nach ihrem Vortrag erhebliche Wertgegenstände in der im Erdgeschoss gelegenen Ehewohnung gelagert. Es war bereits im Jahre 2006 zu einem Wohnungseinbruch gekommen, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Antragstellerin - ebenso wie fast alle Haushalte in Deutschland (s. Hormuth, a.a.O., § 31 Rn. 20) - eine Hausratversicherung abgeschlossen hätte. Dies hat sie auch im Jahre 2008 sofort in die Wege geleitet, nachdem sie mit der – angeblichen – Schadensregulierung durch die X-Versicherung unzufrieden gewesen war. Dass die geschäftsgewandte Antragstellerin im Jahre 2006 eine Hausratversicherung gewählt hätte, die den Wertersatz für ihre erheblichen Wertgegenstände nicht umfasste, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Es muss vielmehr unterstellt werden, dass sie einen dem Versicherungsschutz durch die X-Versicherung gleichwertigen Versicherungsvertrag abgeschlossen hätte.
2.
Der somit dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner scheitert nicht an den vom Antragsgegner erhobenen Einwendungen.
Die vom Antragsgegner gegen den Schadensersatzanspruch der Antragstellerin vorgebrachte Einrede der Verjährung scheitert an § 207 Abs. 1 S. 1 BGB: Die Beteiligten sind noch nicht geschieden, so dass die Verjährungshemmung andauert.
Für die – in der Beschwerdeinstanz erhobene – Einrede der Verwirkung gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte. Ein Recht kann verwirkt sein, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und dies auch durfte. Sie setzt also ein sog. Zeitmoment und ein sog. Umstandsmoment voraus (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 87 ff.). Worin im vorliegenden Fall diese Verwirkungsvoraussetzungen zu sehen sein sollen, ist aus dem Vortrag des Antragsgegners – einschließlich der Ausführungen im Schriftsatz vom 4.9.2014 - nicht ersichtlich. Unwidersprochen hat die Antragstellerin von der Versicherungsummeldung erst im Jahre 2013 erfahren. Der Antrag auf Schadensersatz ist am 4.7.2013 beim Amtsgericht Bremen eingegangen. Von Verwirkung kann somit keine Rede sein. Weshalb die Antragstellerin verpflichtet gewesen sein sollte, nach dem Jahre 2008 vom Antragsgegner ihr geschenkten Schmuck nur „unter Vorbehalt“ anzunehmen und sich jetzt diese Geschenke als „Ersatzschenkungen“ „gegenrechnen“ lassen sollte, ist vor dem Hintergrund der Kenntniserlangung vom Handeln des Antragsgegners im September 2006 erst im Jahre 2013 nicht verständlich. Im Übrigen hätte sie auch von der Hausratversicherung Ersatz für Schmuckstücke verlangen können, die ihr zuvor vom Antragsgegner oder anderen Personen geschenkt worden sind.
Ebenso wenig verfängt der Einwand eines fehlenden Rechtsschutzinteresses der Antragstellerin an der Durchführung des vorliegenden Verfahrens wegen des noch nicht abgeschlossenen Zugewinnausgleichsverfahrens: Ein Schadensersatzverlangen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil noch der Zugewinnausgleich durchzuführen ist (Wever, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., Rn. 824). Es ist daher – entgegen der Ansicht des Antragsgegners - im vorliegenden Verfahren auch nicht zu klären, ob die Antragstellerin einen Zugewinn erzielt hat oder nicht.
Entgegen der vom Antragsgegner vertretenen Auffassung muss sich die Antragstellerin auf den noch konkret zu ermittelnden Schadensersatzanspruch nur 4.625 € anrechnen lassen. Zwar hat der Antragsgegner unstreitig bereits 9.250 € als Ersatz für die entfallene Entschädigung durch die X-Versicherung auf ein gemeinsames Oder-Konto überwiesen. Dass sich die Antragstellerin nur die Hälfte der 9.250 € auf den ihr entstandenen Schaden anrechnen lässt, ist aber angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Gemeinschaftskonto handelte und den Ehegatten im Zweifel die auf diesem befindlichen Beträge jeweils zur Hälfte zustehen, angemessen. Hinzukommt, dass auch der Antragsgegner laut der von der Antragstellerin als Anlage A 3 (Bl. 14 d. A.) vorgelegten Liste der entwendeten Gegenstände einen Schaden erlitten hatte, für den er von der Versicherung hätte Ersatz verlangen können. Soweit der Antragsgegner vorträgt, die Antragstellerin habe die kompletten 9.250 € für sich verbraucht, gibt es für diese bestrittene Behauptung keine näheren Darlegungen und ebenso wenig Beweisangebote. Die Antragstellerin hat hingegen, durch Kontoauszüge belegt, vorgetragen, beide Beträge auf ein gemeinsames Konto, auf dem Rücklagen für Steuerzahlungen gebildet wurden, überwiesen zu haben. Diesem Vortrag ist der Antragsgegner nicht mehr entgegen getreten.
3.
In welcher Höhe ein Schadensersatz in Betracht kommt, wird das Amtsgericht – Familiengericht – Bremen näher aufzuklären haben, wobei auch die Versicherungsbedingungen der X-Versicherung zu berücksichtigen sein werden, worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19.8.2014 hingewiesen hat. Im weiteren Verfahren vor dem Amtsgericht wird demnach aufgrund des Vortrags und der Beweisangebote der Antragstellerin zu klären sein, welche Wertgegenstände sich am 4.5.2008 in der Wohnung P-Straße [...] befanden und entwendet wurden sowie welchen Wert sie hatten, um die Frage ihrer Ersatzfähigkeit durch die Hausratversicherung prüfen zu können.
4.
Wegen der Zurückverweisung an das Amtsgericht ist durch den Senat keine Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens zu treffen. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 40, 42 Abs. 1 FamGKG auf 25.000 € festgesetzt.
5.
Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zugelassen. Nach dem Kenntnisstand des Senats ist bisher noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der im vorliegenden Fall relevanten Frage ergangen, ob § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB als Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch auch in dem Fall herangezogen werden kann, dass in der Ehe konkludent von einem Ehepartner übernommene Aufgaben, deren Wahrnehmung vermögensrechtliche Auswirkungen haben können, nicht mehr erfüllt werden, ohne dass der andere Ehepartner hiervon in Kenntnis gesetzt wird. Ob insofern stattdessen oder ergänzend vom Vorliegen eines konkludent zustande gekommenen Auftragsverhältnisses zwischen den Ehegatten auszugehen ist, ist ebenfalls höchstrichterlich ungeklärt. Sollte keine der vom Senat für einschlägig gehaltenen Anspruchsgrundlagen anzuwenden sein, wäre der Schadensersatzantrag der Antragstellerin schon jetzt abzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe, Herrenstr. 45a, einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt oder eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin eigenhändig zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.
Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung. Sie kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verl ängert werden, wenn die weiteren Beteiligten einwilligen. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden das Verfahren durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Rechtsbeschwerdeführer erhebliche Gründe darlegt.
Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt,
b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Wever Dr. Röfer Dr. Haberland