09.01.2018 · IWW-Abrufnummer 198748
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 389/16
GG Art. 6 Abs. 1 und 2
BGB § 1600 Abs. 1 Nr. 1 , Abs. 2 und 3
a) Bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater ist der Antrag des leiblichen Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft stets unbegründet (Fortführung von Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 525/16 - zur Veröffentlichung bestimmt und Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538).b) Eine Auslegung des Gesetzes dahin, dass die Anfechtung dennoch möglich sei, wenn der leibliche Vater seinerseits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind habe und mit ihm in einer Familie zusammenlebe, ist nicht zulässig.
c) Das mit einer bestehenden sozial-familiären Beziehung einhergehende Elternrecht des rechtlichen Vaters ist auch in dieser Konstellation gegenüber dem grundrechtlich geschützten Interesse des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterstellung erlangen zu können, vorrangig (im Anschluss an BVerfGE 108, 82 =FamRZ 2003, 816und Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des 12. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Juli 2016 (Erlassdatum: 20. Juli 2016) aufgehoben.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Iserlohn vom 27. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen werden dem Antragsteller auferlegt.
Wert: 2.000 €
Gründe
I.
1
In der vorliegenden Abstammungssache ficht der Antragsteller (Beteiligter zu 2) als biologischer Vater die Vaterschaft des Beteiligten zu 3 zu dem im Januar 2013 geborenen Kind (Beteiligte zu 1) an und begehrt seine Feststellung als rechtlicher Vater.
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Der Beteiligte zu 3 und die Kindesmutter (Beteiligte zu 4) haben zwei gemeinsame (2007 und 2011 geborene) Söhne. Sie unterhielten eine Beziehung, ohne zusammenzuleben. Der Beteiligte zu 3 kam jedoch nahezu täglich in den Haushalt der Mutter, um sich um diese und die Kinder zu kümmern. Im Herbst 2011 kam es zur Trennung, nachdem die Kindesmutter eine Beziehung zum Antragsteller aufgenommen hatte. Ende 2012 trennten sich die Kindesmutter und der Antragsteller. Nach der Geburt der Tochter im Januar 2013 kümmerte sich der Beteiligte zu 3 um alle drei Kinder. Er erkannte die Vaterschaft für die Tochter an. Die Kindesmutter ist allein sorgeberechtigt.
3
Anfang 2014 nahm die Kindesmutter die Beziehung zum Antragsteller wieder auf. Dieser hielt sich von nun an regelmäßig in ihrer Wohnung auf und kümmerte sich ebenfalls um die drei Kinder. Der Beteiligte zu 3 strengte daraufhin ein Umgangsverfahren an. Dieses endete mit einer Vereinbarung. Nach dieser ist er berechtigt, alle drei Kinder jedes zweite Wochenende zu sich zu nehmen, wobei die Tochter aufgrund ihres jungen Alters zunächst nicht bei ihm übernachten sollte. Der Beteiligte zu 3 nimmt dieses Umgangsrecht weiterhin wahr. In der Folgezeit trennten sich die Kindesmutter und der Antragsteller wiederholt, kamen aber jeweils wieder zusammen. Seit Oktober 2016 sind sie miteinander verheiratet.
4
Mit seinem seit August 2014 anhängigen Antrag ficht der Antragsteller die Vaterschaft des Beteiligten zu 3 an. Das Amtsgericht hat das zuständige Jugendamt zum Ergänzungspfleger des Kindes bestellt. Dieses hat für das Kind die Vaterschaft angefochten, während der Verfahrensbeistand sich gegen die Anfechtung ausgesprochen hat. Das Amtsgericht hat molekulargenetische Gutachten eingeholt, die den Ausschluss der Vaterschaft des Beteiligten zu 3 und eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Antragstellers von 99,9999999% ("Vaterschaft praktisch erwiesen") ergeben haben.
5
Das Amtsgericht hat den vom Jugendamt als Ergänzungspfleger gestellten Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil die allein sorgeberechtigte Mutter der Anfechtung widersprochen habe. Den vom Antragsteller gestellten Antrag hat es als unbegründet zurückgewiesen, weil eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum Beteiligten zu 3 bestehe. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht antragsgemäß festgestellt, dass nicht der Beteiligte zu 3, sondern der Antragsteller Vater des Kindes ist. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3, der eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erstrebt.
II.
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Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
7
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner inFamRZ 2016, 2135veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, der Antragsteller sei der leibliche Vater des Kindes und habe seinen Antrag auch innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 1600 b Abs. 1 BGB gestellt. Es gehe damit allein um die Frage, ob die zwischen dem Kind und dem Beteiligten zu 3 bestehende sozial-familiäre Beziehung die Anfechtung der Vaterschaft ausschließe.
8
Es sei nicht zweifelhaft, dass zwischen Kind und rechtlichem Vater bis heute eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne von § 1600 Abs. 2 und 3 BGB bestehe. Danach sei eine sozial-familiäre Beziehung anzunehmen, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trage oder getragen habe. Zwar greife die Regelvermutung nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB , wenn der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet sei oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, hier nicht ein. Auch außerhalb der Vermutungstatbestände nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB könne aber eine ausreichende Verantwortungsübernahme bestehen, da der Gesetzgeber bewusst nur eine Regelvermutung formuliert und keine weitere Konkretisierung vorgenommen habe, um einzelfallgerechte Lösungen zu ermöglichen. Jedenfalls im ersten Jahr nach der Geburt der Tochter habe neben der Mutter ausschließlich der Beteiligte zu 3 typische Elternpflichten wahrgenommen. Er sei damit zunächst zu dem sozial-familiären Vater des Kindes geworden. Auch nachdem die Mutter wieder mit dem Antragsteller zusammengekommen sei, habe der Beteiligte zu 3 sich nicht aus der Vaterrolle für die Tochter zurückgezogen, sondern im Gegenteil ein Verfahren angestrengt, um den Umgang mit "seiner" Tochter durchzusetzen.
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Das Bejahen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater führe aber nicht zwingend dazu, dem leiblichen Vater die Anfechtungsmöglichkeit zu versagen. Die Besonderheit des vorliegenden Falls bestehe darin, dass neben dem rechtlichen auch der leibliche Vater eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind habe. Auch nach der Einschätzung des vom Amtsgericht bestellten Verfahrensbeistands hätten beide Väter eine vertrauensvolle Beziehung zum Kind.
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Nach dem Wortlaut des § 1600 Abs. 2 BGB komme es auf die sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu seinem leiblichen Vater zwar nicht an. Die historische und teleologische Auslegung gebiete es jedoch, § 1600 Abs. 2 BGB einschränkend dahin auszulegen, dass eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater einer Anfechtung durch den leiblichen Vater dann nicht entgegenstehe, wenn dieser seinerseits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind habe und mit ihm in einer Familie zusammenlebe. Art. 6 Abs. 2 GG schütze das Interesse des leiblichen Vaters eines Kindes, auch die rechtliche Stellung als Vater einzunehmen. Dieser Schutz vermittle zwar kein Recht, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterstellung eingeräumt zu erhalten. Der Gesetzgeber habe bei der Frage, ob dem rechtlichen oder dem leiblichen Vater der Vorrang einzuräumen sei, darauf abgestellt, ob der rechtliche Vater auch sozialer Vater sei; er habe dabei aber ersichtlich nicht die Konstellation der doppelten Vaterschaft vor Augen gehabt. Auch in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen sei stets ausschlaggebend gewesen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung allein der rechtliche Vater eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind gehabt und mit ihm in einer Familie zusammengelebt habe. Die hier gegebene Konstellation sei jedoch eine andere. Der leibliche Vater habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG enthalte das Gebot, möglichst eine Übereinstimmung von leiblicher und rechtlicher Elternschaft zu erreichen. Das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zum rechtlichen Vater diene im Interesse des Kindes dem Schutz der bestehenden sozialen Familie. Lebe wie hier der leibliche Vater aber mit dem Kind und seiner Mutter als Familie zusammen und habe er selbst auch innerhalb dieser Familie eine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind, falle diese Familie unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG . Der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz der sozialen Familie könne in dieser Konstellation nur erreicht werden, wenn der leibliche Vater auch die Rolle des rechtlichen Vaters einnehmen könne. Es reiche dabei nicht, den Vater auf sein Umgangsrecht nach § 1686 a Abs. 2 BGB zu verweisen. Denn nur dem rechtlichen Vater werde durch § 1671 BGB der Weg eröffnet, über die gemeinsame elterliche Sorge auch rechtliche Verantwortung für sein Kind zu tragen.
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Soweit der Beteiligte zu 3 befürchte, bei Verlust seiner rechtlichen Vaterschaft den Kontakt zu "seiner" Tochter zu verlieren, sei auf die bestehende Umgangsvereinbarung und darauf hinzuweisen, dass es der allein sorgeberechtigten Kindesmutter natürlich weiterhin unbenommen sei, den Umgang wie bisher zuzulassen. Sofern künftig erneut Streit über den Umgang aufkommen sollte, stünde ihm der Rechtsweg nach § 1685 Abs. 2 BGB offen.
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2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist zur Anfechtung der Vaterschaft auch der Mann berechtigt, der an Eides statt versichert, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Die Anfechtung setzt in diesem Fall gemäß § 1600 Abs. 2 BGB voraus, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.
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Da der Antragsteller nach den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen leiblicher Vater des Kindes ist, kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob zwischen dem Beteiligten zu 3 als rechtlichem Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht und diese die Anfechtung durch den biologischen Vater hindert. Beides ist im Ergebnis zu bejahen.
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a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem Beteiligten zu 3 besteht.
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aa) Das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung setzt nach § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus, dass der rechtliche Vater für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt.
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Verantwortung trägt derjenige, der sich um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert (vgl. BVerfGFamRZ 2003, 816, 818). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB in der Regel vor, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
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Das Zusammenleben in einem Haushalt ist allerdings keine Voraussetzung der sozial-familiären Beziehung. Die Übernahme tatsächlicher Verantwortung kann auch in anderer Form erfolgen, indem der Vater etwa wesentliche Betreuungsleistungen für das Kind erbringt, ohne mit diesem dauerhaft in einem Haushalt zu leben (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 210, 124 =FamRZ 2016, 1142Rn. 14 f. zur ehelichen Lebensgemeinschaft). Dass die tatsächliche Wahrnehmung elterlicher Verantwortung nicht auf den Fall des Zusammenlebens in einem Haushalt beschränkt, sondern auch darüber hinaus möglich ist, zeigt sich etwa, wenn der rechtliche Vater nach Trennung der rechtlichen Eltern regelmäßige Kontakte zu dem Kind unterhält und sich hierbei um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert. Denn die sozial-familiäre Beziehung muss nur zwischen rechtlichem Vater und Kind bestehen und setzt nicht voraus, dass gleichzeitig eine entsprechende Beziehung des rechtlichen Vaters zur Mutter besteht. Auch bei regelmäßigen Umgangskontakten zwischen rechtlichem Vater und Kind ist mithin grundsätzlich vom Bestehen einer sozial-familiären Beziehung auszugehen (OLG HammFamRZ 2016, 1185, 1186; OLG FrankfurtFamRZ 2007, 1674; MünchKommBGB/Wellenhofer 7. Aufl. § 1600 Rn. 23).
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bb) In zeitlicher Hinsicht kommt es abgesehen vom Fall, dass der rechtliche Vater verstorben ist, für das Bestehen der sozial-familiären Beziehung auf den Abschluss der Beschwerdeinstanz als der letzten Tatsacheninstanz an (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 525/16 - zur Veröffentlichung bestimmt mwN; Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538, 539).
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Zu diesem Zeitpunkt muss die sozial-familiäre Beziehung aktuell bestehen. Es genügt nicht, dass der rechtliche Vater die tatsächliche Elternverantwortung zu einem früheren Zeitpunkt übernommen hatte, wenn diese zu einem späteren Zeitpunkt beendet worden ist und bei Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nicht mehr besteht (Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538, 539).
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Im Übrigen setzt das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung keine bestimmte Mindestdauer voraus. Ein längeres Zusammenleben mit dem Kind ist zwar ein Indiz, nicht aber eine notwendige Voraussetzung für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung. Diese kann bereits bei kürzerem Zusammenleben bejaht werden, wenn dieses noch andauert und der Tatrichter überzeugt ist, dass der rechtliche Vater die tatsächliche Verantwortung für das Kind übernommen hat und in einer Weise trägt, die auf Dauer angelegt erscheint (Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538, 539 f.). Eine sozial-familiäre Beziehung kann demzufolge insbesondere auch bei zusammenlebenden nicht verheirateten rechtlichen Eltern sogleich nach der Geburt des Kindes gegeben sein. Dass die Voraussetzungen der Regelannahmen nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht erfüllt sind, schließt dies nicht aus, weil es sich bei den Regelannahmen lediglich um - widerlegbare - Indizien und nicht um eine gesetzliche Begrenzung des Begriffs der sozial-familiären Beziehung handelt (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538, 539 f.).
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b) Das Anfechtungsbegehren des leiblichen Vaters ist nach § 1600 Abs. 2 BGB nur begründet, wenn zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat. Darauf, ob auch zwischen leiblichem Vater und Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht, kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht an.
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aa) Für eine einschränkende Auslegung der Norm besteht entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts keine Möglichkeit. Dass eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater, wie das Oberlandesgericht meint, einer Anfechtung durch den leiblichen Vater dann nicht entgegenstehe, wenn dieser seinerseits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind habe und mit ihm in einer Familie zusammenlebe, findet im Gesetz keine Grundlage und ergibt sich insbesondere nicht aus einer historischen oder teleologischen Auslegung.
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(1) Die Anfechtung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater ist durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 598) eingeführt worden. Der Gesetzgeber kam damit einer Anordnung des Bundesverfassungsgerichts nach, die dieses in seiner Entscheidung vom 9. April 2003 (BVerfGE 108, 82 =FamRZ 2003, 816) getroffen hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte § 1600 BGB in der seinerzeit gültigen Fassung für insoweit mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, als er den leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater eines Kindes ausnahmslos von der Anfechtung einer Vaterschaftsanerkennung ausschloss. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass auch der leibliche, aber nicht rechtliche Vater eines Kindes unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stehe. Leiblicher Vater eines Kindes zu sein, mache diesen zwar allein noch nicht zum Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG . Die Grundrechtsnorm schütze den leiblichen Vater aber in seinem Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen. Dieser Schutz vermittle ihm kein Recht, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterstellung eingeräumt zu erhalten. Ihm sei jedoch vom Gesetzgeber die Möglichkeit zu eröffnen, die rechtliche Vaterposition zu erlangen, wenn dem der Schutz einer familiären Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegenstehe und festgestellt werde, dass er der leibliche Vater des Kindes sei (BVerfGE 108, 82 =FamRZ 2003, 816, 818).
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(2) Damit hat das Bundesverfassungsgericht den verfassungsrechtlich gebotenen Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung bereits dahin vorgegeben, dass das Anfechtungsrecht gesetzlich zu gewährleisten ist, wenn keine familiäre Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater besteht. Dass sich die Begründung insoweit nicht nur auf den rechtlichen Vater, sondern auf beide rechtlichen Eltern bezieht, ist schon deshalb nicht ausschlaggebend, weil für die Anfechtung der Vaterschaft das Bestehen oder Nichtbestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Mutter nicht erheblich sein kann. Dementsprechend stellt das Gesetz auch nicht auf eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes mit seinen rechtlichen Eltern, sondern nur auf eine solche mit seinem rechtlichen Vater ab. Denn auch für das Elternrecht des rechtlichen Vaters kommt es nicht darauf an, ob dieser in familiärer Gemeinschaft mit der Mutter lebt oder nicht. Nach der Trennung von der Mutter bleibt er unverändert Träger des Elternrechts. Geht das Elternrecht des rechtlichen Vaters mit einer bestehenden sozial-familiären Beziehung einher, ist es auch in dieser Konstellation gegenüber dem grundrechtlich geschützten Interesse des leiblichen Vaters, in die rechtliche Vaterstellung einrücken zu können, vorrangig. Daran hat sich der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien bewusst orientiert (BT-Drucks. 15/2253 S. 11).
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(3) Dem entspricht es zudem, dass das Kind nicht selten eine sozial-familiäre Beziehung auch zu seinem leiblichen Vater haben kann, sei es, dass dem leiblichen Vater - wie vom Bundesverfassungsgericht seinerzeit zugleich entschieden worden ist - aufgrund einer früheren sozial-familiären Beziehung ein Umgangsrecht gemäß § 1685 Abs. 2 BGB zusteht, sei es, dass er nach § 1686 a BGB erstmals Umgangskontakte mit seinem leiblichen Kind erwirken kann (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 212, 155 =FamRZ 2016, 2082Rn. 19 ff.). In diesen Fällen kann der leibliche Vater auch neben dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufbauen, ohne dass ihm dies zugleich die Anfechtung eröffnen würde. Die vom Oberlandesgericht hier weiter aufgestellte Voraussetzung, zwischen dem leiblichen Vater, der Mutter und dem Kind müsse zusätzlich eine familiäre Beziehung bestehen, würde hingegen letztlich die sozial-familiäre Beziehung zur Mutter den Ausschlag geben lassen. Das würde aber sowohl dem Elternrecht des rechtlichen Vaters als auch der gesetzlichen Systematik in § 1600 Abs. 2 und 3 BGB widersprechen, die nur auf die Übernahme tatsächlicher Verantwortung für das Kind abstellt, nicht aber auf das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung des rechtlichen Vaters zur Mutter. Der Mutter steht ohnedies ein eigenes Anfechtungsrecht zu, das selbst von einer bestehenden sozial-familiären Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater nicht gehindert wird. Von diesem hat die Kindesmutter, die vor dem Amtsgericht der Vaterschaftsanfechtung ausdrücklich widersprochen hat, im vorliegenden Fall keinen Gebrauch gemacht.
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bb) Die wortlautgetreue Gesetzesanwendung entspricht somit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dafür, dass der Gesetzgeber darüber hinausgehen und dem leiblichen Vater weitergehende Rechte einräumen wollte, als dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf die widerstreitenden Grundrechtspositionen von rechtlichem und leiblichem Vater geboten war, ist nichts ersichtlich (ebenso BeckOGK BGB/Reuß [Stand: 1. Juli 2017] § 1600 Rn. 84 mwN). Die Regelung in § 1600 Abs. 2 BGB ist somit ihrem Wortlaut entsprechend als bewusste gesetzgeberische Entscheidung zu respektieren. Die Frage, ob die bestehende gesetzliche Regelung auch zukünftig noch rechtspolitisch wünschenswert erscheint oder ob den Interessen des leiblichen Vaters ein höherer Stellenwert gebührt, fällt schließlich in die alleinige Zuständigkeit des Gesetzgebers (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 525/16 - zur Veröffentlichung bestimmt).
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c) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Neuregelung ergeben sich nicht. Der Gesetzgeber hat sich bei der Gesetzesfassung an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientiert, die dieses aus einer grundrechtlichen Bewertung der Interessenlage der Beteiligten entwickelt hat. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner nachfolgenden Rechtsprechung die gesetzliche Regelung nicht beanstandet (BVerfGFamRZ 2015, 817 f.mwN; vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 525/16 - zur Veröffentlichung bestimmt mwN).
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Die Gesetzeslage ist schließlich auch mit Art. 8 EMRK vereinbar (vgl. BVerfGFamRZ 2015, 817; Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 525/16 - zur Veröffentlichung bestimmt). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die vom deutschen Gesetzgeber getroffene Entscheidung als im Rahmen des nationalen Beurteilungsspielraums zulässig angesehen (vgl. etwa EGMR Urteil vom 22. März 2012 - 45071/09 - [...] Rn. 64 ff.; EGMRFamRZ 2014, 1257undFamRZ 2016, 437). Zwar lag den Entscheidungen noch kein Fall wie der vorliegende zugrunde, in dem das Kind zu dem leiblichen wie dem rechtlichen Vater zugleich in einer sozial-familiären Beziehung steht und zudem mit dem leiblichen Vater und der Mutter zusammenlebt. Auch insoweit liegt es aber im Rahmen des nationalen Beurteilungsspielraums, dass der deutsche Gesetzgeber die Beseitigung der rechtlichen Abstammung als Statusbeziehung aus Gründen der Rechtssicherheit an geeignete generelle Kriterien geknüpft und eine offene, zeitlich nicht fixierte Abwägung der beiderseitigen Interessen des leiblichen und des rechtlichen Vaters nicht vorgesehen hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 161 =FamRZ 2007, 538, 540). Den gleichwohl anzuerkennenden Interessen des leiblichen Vaters an einem familiären Leben mit seinem Kind (vgl. EGMRFamRZ 2011, 269Rn. 61 undFamRZ 2011, 1715, 1716) ist dann auf andere Weise Rechnung zu tragen, wie dies der Gesetzgeber durch die Gewährung eines Umgangsrechts des leiblichen Vaters in § 1686 a BGB umgesetzt hat.
Dose
Klinkhammer
Schilling
Nedden-Boeger
Guhling