21.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213699
Finanzgericht Münster: Urteil vom 03.12.2019 – 1 K 494/18 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 13.04.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2018 wird dahingehend geändert, dass im Rahmen der sonstigen Einkünfte der Klägerin weitere Werbungskosten in Höhe von 4.881,42 EUR berücksichtigt werden.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts bei der Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer 2015.
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Die Klägerin war seit 1989 mit Herrn U C verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die 2001 geborene D T und die 2003 geborene B D . Seit Januar 2012 lebte die Klägerin gemeinsam mit den beiden Kindern von ihrem Ehemann getrennt. Seit der Trennung zahlte dieser fortwährend Kindesunterhalt für D T i.H.v. 590 EUR und für B D i.H.v. 491 EUR monatlich.
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Im Jahr 2012 wurde durch Herrn U C vor dem Amtsgericht T eine Familiensache anhängig gemacht, die unter dem Az. xx F xxx/12 geführt wurde und inhaltlich die Scheidung, den Versorgungsausgleich sowie den nachehelichen Unterhalt umfasste. Mit Beschluss vom 09.09.2014 wurde die Ehe zwischen der Klägerin und Herrn U C durch das Amtsgericht T geschieden und der Versorgungsausgleich vorgenommen. Daneben wurde Herr U C verpflichtet, an die Klägerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 582,50 EUR bis längstens Dezember 2020 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.
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Gegen den Beschluss des Amtsgerichts T erhoben die Klägerin Beschwerde und Herr U C Anschlussbeschwerde beim Oberlandesgericht I, die unter dem Az. xx-x UF xxx/14 geführt wurde. Streitgegenstand dieses Verfahrens war die Höhe des von Herrn U C zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, wobei Herr U C begehrte, keinen Unterhalt zu zahlen, und die Klägerin höhere monatliche Zahlungen begehrte. Am 00.03.2015 schlossen die Klägerin und Herr U C vor dem Oberlandesgericht I einen Vergleich, in dem sich Herr U C verpflichtete, an die Klägerin beginnend ab dem 01.02.2015 bis zum 31.01.2022 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 900 EUR monatlich zu zahlen. Die Kosten der Beschwerdeinstanz einschließlich der Kosten des Vergleichs wurden einvernehmlich gegeneinander aufgehoben.
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Für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht I wurden der Klägerin am 17.03.2015 durch die Oberjustizkasse I die hälftigen Verfahrenskosten i.H.v. 159,50 EUR in Rechnung gestellt, die sie im Jahre 2015 entrichtete.
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Mit Rechnung vom 16.04.2015 forderte die für die Familiensache Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese zur Zahlung von Anwaltsgebühren für die Verfahren vor dem Amtsgericht T i.H.v. 3.909,39 EUR abzüglich eines im September 2014 gezahlten Vorschusses von 850 EUR und vor dem Oberlandesgericht I i.H.v. 3.486,18 EUR auf. Von den für die Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren geforderten Gebühren entfielen nach Abzug des Vorschusses noch 1.138,34 EUR auf das Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt. Die Klägerin bezahlte sämtliche Anwaltsgebühren im Jahre 2015.
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Für das Verfahren vor dem Amtsgericht T wurden der Klägerin ebenfalls am 16.04.2015 durch die Justizkasse Nordrhein-Westfalen Verfahrenskosten i.H.v. 536 EUR in Rechnung gestellt, welche die Klägerin am 20.04.2015 entrichtete. Hiervon entfielen 199,40 EUR auf das Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt.
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Für das Kalenderjahr 2015 gab die Klägerin im Rahmen ihrer am 01.03.2017 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung Einnahmen aus Unterhaltsleistungen i.H.v. 10.800 EUR an. Daneben beantragte sie, „Scheidungskosten“ i.H.v. 7.082 EUR als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Der Beklagte berücksichtigte daraufhin im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 31.03.2017 die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte abzüglich des Werbungskosten-Pauschbetrages i.H.v. 102 EUR mit 10.698 EUR im Rahmen der Einkünfteermittlung, verwehrte jedoch den Ansatz der „Scheidungskosten“ als außergewöhnliche Belastungen ohne nähere Begründung.
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Mit hiergegen gerichtetem Einspruch vom 02.04.2017 machte die Klägerin erneut die Berücksichtigung der Aufwendungen aus dem Scheidungsverfahren vor dem Hintergrund verschiedener anhängiger Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) im Zusammenhang mit der Neuregelung der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2013 geltend. Sie berief sich darauf, dass das Scheidungsverfahren im vorliegenden Fall die Unterhaltskosten und nicht den Vermögensausgleich betroffen habe.
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Nachdem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2015 aus in diesem Verfahren nicht behandelten anderweitigen Gründen am 13.04.2017 änderte, ließ er das Einspruchsverfahren zunächst wegen der anstehenden Entscheidungen des BFH gem. § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen.
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Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen des BFH vom 18.05.2017 (Az. VI R 9/16, BStBl. II 2017, S. 988 sowie VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15) Scheidungskosten ab dem Kalenderjahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten. Ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen komme nur noch dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen „Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren“ und „seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“, wobei unter Existenzgrundlage im vorgenannten Sinne die materielle Lebensgrundlage zu verstehen sei. Eine Scheidung, deren Kosten unter diese Abzugsbeschränkung falle, diene jedoch nicht dazu, eine Gefährdung der materiellen Lebensgrundlage abzuwehren.
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Unter Bezugnahme auf die im Schreiben vom 21.11.2017 dargelegte Begründung erließ der Beklagte am 22.01.2018 eine abweisende Einspruchsentscheidung.
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Mit der hiergegen gerichteten Klage vom 19.02.2018, beim Prozessgericht eingegangen am 20.02.2018, verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Einschränkung weiter, dass nunmehr lediglich die auf Geltendmachung der Zahlung nachehelichen Unterhalts entfallenden anteiligen Prozesskosten i.H.v. 4.983,42 EUR als außergewöhnliche Belastungen oder Werbungskosten zu berücksichtigen seien.
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Verfahren betreffend des von ihrem geschiedenen Ehemann zu zahlenden nachehelichen Unterhalts seien zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage geführt worden. Ohne den nachehelichen Unterhalt sei eine die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Klägerin deckende Grundlage insbesondere im Hinblick auf die Versorgung der zum damaligen Zeitpunkt bei ihr lebenden beiden Kinder nicht vorhanden gewesen, sodass die aus den Verfahren resultierenden und von ihr zu tragenden Prozesskosten auch nach der Änderung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG sowie der hierzu ergangenen neuen Rechtsprechung des BFH mit Urteilen vom 18.05.2017 als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien. Im Hinblick auf das Verfahren vor dem Amtsgericht T gelte dies, um erstmalig die Zahlung nachehelichen Unterhalts zur Existenzsicherung zu erlangen. Bezüglich des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht I sei zu beachten, dass einerseits der vom Amtsgericht zugesprochene monatliche Unterhalt von 582,50 EUR zur Existenzsicherung nicht ausreiche und andererseits auch U C sich mit einer Beschwerde gegen die grundsätzliche Verpflichtung zur Leistung nachehelichen Unterhalts gewendet habe, der die Klägerin habe entgegentreten müssen.
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Das der Klägerin zur Verfügung stehende liquide Einkommen habe im Veranlagungszeitraum 2013 monatlich 1.056,25 EUR betragen und habe damit nicht ausgereicht, um ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen zu befriedigen, sodass das Verfahren zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts zur Existenzsicherung der Klägerin erforderlich gewesen sei und die hierauf entfallenden Prozesskosten mithin auch steuerlich zu berücksichtigen seien. Zur von der Klägerin durchgeführten Berechnung ihres liquiden monatlichen Einkommens wird auf Bl. 5 der Gerichtsakte Bezug genommen. Zu beachten sei hierbei, dass es sich bei dem von der Klägerin in den Familiensachen geltend gemachten nachehelichen Unterhalt um Aufstockungsunterhalt i.S.v. § 1573 Abs. 2 BGB handele, da die Klägerin ihren vollen Unterhalt i.S.v. § 1578 BGB nicht mit ihrer Erwerbstätigkeit erwirtschaften könne. Dieser Aufstockungsunterhalt diene gerade der Existenzsicherung des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten. Bei der Auslegung des Begriffes „Existenzgrundlage“ i.S.v. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG sei der Kontext des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, sodass auf gleiche Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstand abzustellen sei, nicht aber auf das Existenzminimum im sozialrechtlichen Sinne. Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, die anteiligen Prozesskosten seien als Werbungskosten abzugsfähig, da die von ihrem geschiedenen Ehemann geleisteten Unterhaltzahlungen bei ihr als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1a EStG versteuert worden seien und die Prozesskosten deshalb in unmittelbarem Zusammenhang zu künftigen steuerpflichtigen Einkünften stünden.
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Die Klägerin beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 13.04.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2018 dahingehend zu ändern, dass Prozesskosten für das Verfahren auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 4.983,42 EUR steuermindernd berücksichtigt werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
21
Der Beklagte trägt vor, dass eine Gefährdung der Existenzgrundlage der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Erwerbseinkommens zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen sei, sodass die Prozessführung zur Erlangung nachehelichen Unterhalts nicht dazu gedient habe, die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Klägerin in dem üblichen Rahmen weiter befriedigen zu können und die Klägerin vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage zu bewahren. Als Existenzgrundlage in diesem Sinne sei nach den Urteilen des BFH vom 18.05.2017 insoweit nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen. Der individuelle Lebensstil habe dabei unberücksichtigt zu bleiben. Eine Berücksichtigung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen scheitere daher an § 33 Abs. 2 S. 4 EStG.
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Die Aufwendungen der Klägerin für die Prozessführung seien daneben auch nicht als Werbungskosten gemäß § 9 EStG abzugsfähig, da die Klägerin durch die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts lediglich einen Titel auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt erstritten habe, der für sich genommen noch nicht zum Abzug der Verfahrenskosten als Werbungskosten berechtige, da es sich um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele.
23
Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 30.01.2019 erörtert. Auf das Protokoll über den Erörterungstermin wird Bezug genommen.
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Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
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Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 13.04.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsgerichtsordnung (FGO). Die von der Klägerin zur Geltendmachung des Anspruches auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gegen ihren geschienen Ehemann aufgewendeten anteiligen Prozessführungskosten i.H.v. 4.983,42 EUR sind als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) bei den im Veranlagungszeitraum 2015 vereinnahmten steuerpflichtigen Einnahmen der Klägerin aus den Unterhaltszahlungen ihres geschienenen Ehemannes i.S.v. § 22 Nr. 1a EStG zu berücksichtigen.
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1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Der BFH legt den Werbungskostenbegriff in ständiger Rechtsprechung unter Rückgriff auf das Veranlassungsprinzip aus (vgl. nur BFH, Beschluss vom 21.09. 2009 ‒ GrS 1/06 ‒, BStBl. II 2010, S. 672). Hiernach sind Werbungskosten die Aufwendungen, die durch die jeweilige Erwerbstätigkeit veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung der Erwerbstätigkeit getätigt werden (BFH, Urteil vom 22.10.2015 ‒ VI R 22/14 ‒, BStBl. II 2016, S. 179).
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a) Ob Aufwendungen der Erwerbssphäre oder der Lebensführung i.S.v. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich dabei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ohne dass insoweit allerdings schon ein abstrakter Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non die einkommensteuerliche Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre rechtfertigt (BFH, Urteil vom 09.02.2012 ‒ VI R 23/10 ‒, BStBl. II 2012, S. 829; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24..07.2013 ‒ 9 K 134/12 ‒, EFG 2013, S. 1834). Aufwendungen sind nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. nur BFH, Beschluss vom 20.10.2016 ‒ VI R 27/15 ‒, BStBl. II 2018, S. 441).
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Danach können Kosten einer Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden (BFH, Urteil vom 09.02.2012 ‒ VI R 23/10 ‒, BStBl. II 2012, S. 829; FG Hamburg, Urteil vom 09.05.2019 ‒ 6 K 32/19 ‒, juris). Prozesskosten teilen daher grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren (Urteile des BFH vom 1.12.1987 ‒ IX R 134/83 ‒, BStBl. II 1988, S. 431; vom 22.05.1987 ‒ III R 220/83 ‒, BStBl. II 1987, S. 711; vom 6.04.1995 ‒ VIII R 10/94 ‒, BFH/NV 1996, S. 22; BFH-Beschluss vom 01.08.2005 ‒ IV B 45/04 ‒, BFH/NV 2005, S. 2186, jeweils m.w.N.; Wied, in: Blümich, EStG, § 4, Rn. 940, Stichwort „Rechtsverfolgung“). Ausschlaggebend ist, worin der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Gegenstandes des Verfahrens gesehen wird (BFH, Urteil vom 13.04.2010 ‒ VIII R 27/08 ‒, BFH/NV 2010, S. 2038).
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Der Zusammenhang mit der Einkunftsart richtet sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten, nicht nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil vom 09.02.2012 ‒ VI R 23/10 ‒, BStBl. II 2012, S. 829; Thürmer, in: Blümich, a.a.O., § 9, Rn. 114 m.w.N.). Auch soweit es sich bei der betreffenden Einkunftsart um sonstige Einkünfte handelt, können die hiermit zusammenhängenden Kosten der Rechtsverfolgung demzufolge Werbungskosten darstellen (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.07.2013 ‒ 9 K 134/12 ‒, EFG 2013, S. 1834; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 22, Rn. 124; vgl. auch BFH, Urteil vom 20.01.2016 ‒ VI R 14/13 ‒, BFH/NV 2016, S. 1142). Aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung, Unterhaltszahlungen gemäß § 22 Nr. 1a EStG als steuerbare Einkünfte zu behandeln, soweit für diese beim Zahlungsverpflichteten der Sonderausgabenabzug i.S.v. § 10 Abs. 1a EStG möglich ist, sind derartige Unterhaltszahlungen den übrigen Einkünften insoweit vollständig gleichgestellt. Daraus folgt, dass auch ein Werbungskostenabzug i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen vollumfänglich möglich ist (vgl. dazu BFH, Urteil vom 09.12.2009 ‒ X R 49/07 ‒, BFH/NV 2010, S. 1790).
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b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsprechungsgrundsätze, denen der Senat folgt, besteht im Streitfall der für den Werbungskostenabzug erforderliche Zusammenhang der Prozesskosten mit der Erwerbssphäre, soweit Gegenstand der Verfahren vor dem Amtsgericht T und dem Oberlandesgericht I die unstreitig als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1a EStG zu versteuernden Unterhaltszahlungen des Herrn U C an die Klägerin waren.
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Auslösendes Moment für die Verausgabung dieser Prozesskosten war das Ziel der Klägerin, von ihrem geschiedenen Ehemann die Zahlung nachehelichen Unterhalts zu erlangen. Indem die Klägerin das Verfahren vor dem Amtsgericht T zumindest auch zur Erlangung nachehelichen Unterhalts betrieb, wollte sie erreichen, dass ihr zukünftig (steuerbare) Einkünfte in Form von Unterhaltsleistungen zufließen. Gleiches gilt für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht I, mit welchem sie sowohl die Zahlung weitergehenden Unterhalts, mithin die Erlangung höherer steuerbarer Einkünfte, als auch die Abwehr des von ihrem geschiedenen Ehemann verfolgten Ziels der Nichtzahlung von Unterhalt anstrebte. Durch die späteren, von der Klägerin als steuerbare Einkünfte deklarierten Unterhaltszahlungen hat sich sodann die mit der Prozessführung bereits begründete Einkünfteerzielungsabsicht realisiert. Das auslösende Moment ist daher der Erwerbssphäre und nicht der Privatsphäre der Klägerin zuzurechnen. Gegenstand der Verfahren war insoweit gerade die zukünftige Erzielung der steuerbaren Einkünfte.
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Dem Werbungskostenabzug steht nicht entgegen, dass bei Anstrengung der beiden zivilgerichtlichen Verfahren noch nicht feststand, ob durch eine entsprechende Wahlrechtsausübung die Steuerpflicht der Unterhaltszahlungen begründet werden würde. Auf Seiten der Klägerin richtete sich die Steuerbarkeit des nachehelichen Unterhalts gemäß § 22 Nr. 1a EStG danach, dass für diese Zahlungen die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug beim Leistungs- oder Zahlungsverpflichteten, mithin bei ihrem geschiedenen Ehemann, nach § 10 Abs. 1a EStG erfüllt waren. Die Steuerbarkeit der Unterhaltsleistungen bei der Klägerin hing damit von einem entsprechenden, mit ihrer Zustimmung gestellten Antrag ihres geschiedenen Ehemannes ab. Das Antragserfordernis des § 10 Abs. 1a Nr.1 EStG unterbricht den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Aufwendung der Prozesskosten und der Erzielung der Unterhaltsleistungen nicht. Der Antrag des Gebers und die Zustimmung des Empfängers sind rechtsgestaltend, indem sie den Rechtscharakter des - zuvor steuerlich unbeachtlichen - Aufwands beim Geber ändern und gleichzeitig die Steuerpflicht beim Empfänger bewirken (BFH, Urteil vom 22.09.1999 - XI R 121/96, BStBl. II 2000, 218; BFH, Urteil vom 12.12.2007 - XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792, BFH, Urteil vom 09.12.2009 - X R 49/07, BFH/NV 2010, 1790; Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10 EStG, Rn. 232). Bei dem Geber werden die Unterhaltsleistungen in Sonderausgaben umqualifiziert, die gemäß § 2 Abs. 4 EStG sein zu versteuerndes Einkommen mindern. Bei dem Empfänger werden die sonst steuerfreien Unterhaltsleistungen durch die in § 22 Nr. 1a EStG enthaltene Bezugnahme zu steuerbaren Einkünften umqualifiziert. Sie erhöhen so abzüglich etwaiger Werbungskosten die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer (BFH, Urteil vom 09.12.2009 ‒ X R 49/07 ‒, BFH/NV 2010, 1790). Damit ist es im Sinne des im Rahmen des § 10 Abs. 1a EStG geltenden Korrespondenzprinzips folgerichtig, wenn die Zustimmung des Unterhaltsempfängers zum Antrag des Gebers Ersterem den Weg zu einem nur durch die Grenze des § 10 Abs. 1a Nr. 1 S. 1 EStG der Höhe ‒ nicht aber dem Grunde ‒ nach beschränkten Werbungskostenabzug auch für solche Aufwendungen öffnet, die der Unterhaltsempfänger aufwendet, um seinen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Bei einem Unterhaltsempfänger sind dementsprechend die Kosten der Rechtsverfolgung als Werbungskosten zu berücksichtigen, soweit er den Unterhalt nach § 22 Nr. 1a EStG versteuert (so auch Urban, Ehescheidungskosten und Steuer ‒ was nun?, in: NJW 2017, S. 3189, 3193 f.).
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Demgegenüber kommt es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf an, dass die Klägerin durch die Verfahren zunächst lediglich einen zivilprozessualen Titel auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.S.v. § 1573 Abs. 2 BGB erlangt hat. Ebenfalls ist unbeachtlich, dass das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht I durch einen einvernehmlichen Vergleich beendet wurde. Denn die Prozessführung und der Vergleich dienten unmittelbar der Erzielung sonstiger Einkünfte in Form von nach § 22 Nr. 1a EStG steuerbaren Unterhaltsleistungen, sodass ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Erlangung des Titels als prozessualer Folge der Verfahrensbeendigung und der Erzielung steuerbarer Einkünfte vorhanden ist, der nicht der privaten Vermögensebene der Klägerin zuzuordnen ist. Da ein auf Geldzahlung gerichtetes Zivilurteil unmittelbar stets lediglich die Erlangung eines zivilprozessualen Titels i.S.v. § 704 ZPO zur Folge hat, würde eine Zuordnung desselben zur privaten Vermögensebene entsprechend dem Vorbringen des Beklagten dazu führen, dass jegliche durch Zivilurteil erstrittene Geldleistungspflicht der nichtsteuerbaren Vermögenssphäre des Obsiegenden zuzurechnen wäre.
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2. Bei der Berechnung der Einkommensteuer der Klägerin sind lediglich weitere Werbungskosten i.H.v. 4.881,42 EUR in Abzug zu bringen, da im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2015 bei den sonstigen Einkünften der Klägerin bereits der Werbungskostenpauschbetrag i.S.v. § 9a S. 1 Nr. 3 EStG i.H.v. 102 EUR steuermindernd berücksichtigt wurde.
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3. Da die Aufwendungen der Klägerin hiernach vollständig als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind, bedarf es keiner rechtlichen Beurteilung der weitergehenden und ebenfalls streitigen Frage, inwieweit die Kosten der Prozessführung zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts der Sicherung der Existenzgrundlage und der Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse der Klägerin in dem üblichen Rahmen i.S.v. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG dienen und damit als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehbar sind.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.