Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 30.08.2023 · IWW-Abrufnummer 237081

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 31.05.2023 – XII ZB 274/21

    Die in einem Eheaufhebungsbeschluss des Amtsgerichts getroffenen Feststellungen, dass zugunsten des einen - die Eheaufhebung beantragenden - Ehegatten ein Eheaufhebungsgrund nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB besteht, hingegen für den anderen - ebenfalls die Aufhebung der Ehe beantragenden - Ehegatten ein solcher nach Absatz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift nicht gegeben ist, begründen für letzteren Ehegatten eine jeweils selbständige Beschwer im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG. Diese kann er mit der Beschwerde gegen den stattgebenden Eheaufhebungsbeschluss unabhängig davon geltend machen, dass er selbst die Aufhebung der Ehe beantragt hat.


    Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2023 durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger beschlossen:
                   Tenor: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 6. Zivilsenats - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. Mai 2021 aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.Wert: 3.000 €GründeI.1Der Antragsgegner wendet sich in einem Eheaufhebungsverfahren gegen die Verwerfung
                            seiner Beschwerde.
                         2Die Antragstellerin und der Antragsgegner, beide afghanische Staatsangehörige, schlossen am 21. Dezember 2018 in Afghanistan die Ehe. Der Antragsgegner lebte zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland. Die Antragstellerin reiste im Februar 2020 nach Deutschland ein.3Mit im Juni 2020 dem Antragsgegner zugestelltem Antrag hat die Antragstellerin beim Amtsgericht die Aufhebung der Ehe mit der Begründung begehrt, sie sei zur Eheschließung gezwungen worden. Der Antragsgegner hat ebenfalls Antrag auf Aufhebung der Ehe gestellt und diesen darauf gestützt, er sei von der Antragstellerin hinsichtlich der Eingehung der Ehe arglistig getäuscht worden. Das Amtsgericht hat die Ehe auf der Grundlage des von der Antragstellerin geltend gemachten Aufhebungsgrundes aufgehoben; den vom Antragsgegner vorgebrachten Aufhebungsgrund hat es hingegen nicht als durchgreifend erachtet. Das Oberlandesgericht hat die dagegen vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.II.4Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.51. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 121 Nr. 2, 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des
                            Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), welches es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juni 2021 - XII ZB 51/21 - FamRZ 2021, 1556 Rn. 4 mwN).
                         62. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts des § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, ergibt sich vorliegend aus Art. 100 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (ABl. EU Nr. L 178 S. 1; Brüssel IIb-VO) i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a, Art. 3 Abs. 1 lit. a erster Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EU Nr. L 338 S. 1; Brüssel IIa-VO), weil das Eheaufhebungsverfahren vor dem 1. August 2022 eingeleitet worden ist und beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 226, 244 = FamRZ 2020, 1533 Rn. 11).
                         73. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.8a) Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:9Das Rechtsmittel des Antragsgegners sei mangels Beschwer unzulässig. In seiner Beschwerdebegründung habe sich der Antragsgegner nicht gegen die Eheaufhebung als solche, sondern nur gegen den vom Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Aufhebungsgrund des § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB unter dem Gesichtspunkt der Zwangsehe gewandt und zum Ausdruck gebracht, die Antragstellerin habe mit der Heirat das einzige Ziel verfolgt, eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland zu erhalten. Mit dem Ziel der Auswechslung des Aufhebungsgrundes allein könne die Beschwerde indes nicht in zulässiger Weise erhoben werden.
                         10b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.11Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zu Unrecht mangels Beschwer
                            verworfen. Denn die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen, dass zugunsten der
                            Antragstellerin ein Eheaufhebungsgrund nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB (Zwangsehe) besteht, hingegen ein solcher für den Antragsgegner nach Absatz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift (arglistige Täuschung) nicht gegeben ist, begründen für den Antragsgegner eine jeweils selbständige Beschwer im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG.
                         12aa) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 14).
                         13bb) Gemessen hieran fehlt es dem Antragsgegner nicht an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung. Denn er ist (jedenfalls) aufgrund der für ihn nachteiligen Rechtsfolgen, die gemäß § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB im Fall der Eheaufhebung nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB eintreten, unmittelbar in seinen Rechten betroffen (vgl. dazu auch Senatsurteil BGHZ 133, 227 = FamRZ 1996, 1209, 1211 zu § 37 Abs. 2 EheG). Gleiches gilt, soweit dem Antragsgegner aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts die für ihn günstigen Rechtsfolgen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB vorenthalten werden, die eintreten würden, sofern die Ehe - wie von ihm beantragt - nach der Vorschrift des § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB aufgehoben wird.
                         14(1) Die Vorschrift des § 1318 BGB regelt die Folgen der Aufhebung einer Ehe. Nach § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB finden in dem Fall, dass eine Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 BGB aufgehoben wird, die Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 bis 1586 b BGB) entsprechende Anwendung nur zugunsten desjenigen Ehegatten, der von dem anderen oder mit dessen Wissen getäuscht oder bedroht worden ist. Im Übrigen besteht in diesem Fall kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (vgl. § 1318 Abs. 1 BGB; Staudinger/Voppel BGB [2018] § 1318 Rn. 13, 27).
                         15Nach Maßgabe der vom Amtsgericht im Eheaufhebungsbeschluss getroffenen Feststellungen stellen sich diese unterhaltsrechtlichen Folgen für den Antragsgegner ausschließlich nachteilig dar. Denn hiernach scheidet für ihn ein nachehelicher Unterhaltsanspruch mangels Vorliegens eines Aufhebungsgrundes nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB aus. Hingegen kommt ein solcher für die Antragstellerin ihm gegenüber aufgrund Aufhebung der Ehe nach Absatz 2 Nr. 4 dieser Vorschrift in Betracht.
                         16Der Anwendbarkeit von § 1318 Abs. 2 BGB steht nicht entgegen, dass die Ehegatten nach den getroffenen Feststellungen afghanische Staatsangehörige sind. Denn ihr nachehelicher Unterhalt richtet sich ungeachtet dessen gemäß Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. EG Nr. L 7 vom 10. Januar 2009 S. 1; EuUnthVO) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EG Nr. L 331 vom 16. Dezember 2009 S. 19; HUP) nach deutschem Recht, weil beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2020 - XII ZB 358/19 - FamRZ 2020, 918 Rn. 12).
                         17(2) Der Antragsgegner könnte in einem nachehelichen Unterhaltsverfahren diese - für ihn nachteiligen - Rechtsfolgen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB auch nicht unter Berufung auf die vermeintliche Unrichtigkeit der in der Eheaufhebungsentscheidung
                            getroffenen Feststellungen abwenden.
                         18(a) Mit Rechtskraft eines stattgebenden Gestaltungsurteils tritt die Gestaltungswirkung ein; zugleich erwächst die Feststellung in materielle Rechtskraft, dass das Gestaltungsrecht des Klägers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestand und die Gestaltungswirkung daher zu Recht eingetreten ist (BGH Urteil vom 16. Februar 2018 - V ZR 148/17 - NJW-RR 2018, 522 Rn. 13 mwN). Eine Entscheidung nach § 1313 BGB, mit der - wie hier - eine Ehe aufgehoben wird, stellt eine solche der materiellen Rechtskraft fähige Gestaltungsentscheidung, der Gestaltungswirkung zukommt, dar (vgl. Staudinger/Voppel BGB [2018] § 1313 Rn. 28 f.).
                         19Wird - umgekehrt - eine Gestaltungsklage abgewiesen, so wird im Rahmen deren Streitgegenstands festgestellt, dass der Gestaltungsgrund zurzeit der letzten Tatsachenverhandlung nicht vorgelegen hat (vgl. MünchKommZPO/Gottwald 6. Aufl. § 322 Rn. 190; Musielak/Voit/Musielak ZPO 19. Aufl. § 322 Rn. 64). Ein Beschluss, mit dem ein Eheaufhebungsantrag abgewiesen wird, stellt mithin fest, dass der geltend gemachte Eheaufhebungsgrund nicht bestanden hat (vgl. jurisPK-BGB/Schiefer [Stand: 15. November 2022] § 1313 Rn. 23).20Die in einem Vorprozess festgestellten Tatsachen als solche erwachsen zwar nicht in Rechtskraft. Andererseits darf die Rechtskraft einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige Tatsachen. Hat ein Gericht den Streitgegenstand eines rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, hat es deshalb seinem Urteil den Inhalt dieser Entscheidung zugrunde zu legen. Mit Vortrag zu Tatsachen, die im maßgeblichen Zeitpunkt des Vorprozesses schon vorhanden waren und darauf gerichtet sind, das kontradiktorische Gegenteil der im Vorprozess festgestellten Rechtsfrage auszusprechen, sind die Parteien dann insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebensvorgang gehören (BGH Urteil vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16 - NJW 2018, 2550 Rn. 32 mwN).
                         21(b) Gemessen hieran könnte sich der Antragsgegner in einem nachehelichen Unterhaltsverfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, die vom Amtsgericht im Eheaufhebungsbeschluss getroffenen Feststellungen zum (Nicht-)Vorliegen eines Eheaufhebungsgrundes nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 BGB seien unzutreffend gewesen.
                         22Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der Beteiligten setzte vorliegend - neben dem
                            Vorliegen eines Unterhaltstatbestands nach §§ 1569 ff. BGB (vgl. Staudinger/Voppel BGB [2018] § 1318 Rn. 14; MünchKommBGB/Wellenhofer 9. Aufl. § 1318 Rn. 1) - gemäß § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB voraus, dass zugunsten des Ehegatten, der von dem anderen Unterhalt begehrt, ein
                            (Gestaltungs-)Recht zur Aufhebung der Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 BGB bestanden hat. Diese Frage ist vom Streitgegenstand des vorliegenden Eheaufhebungsverfahrens umfasst (vgl. Staudinger/Voppel BGB [2018] Vorbem. §§ 1313 ff. Rn. 35; Helms in Prütting/Helms FamFG 6. Aufl. § 126 Rn. 3; BeckOK BGB/Hahn [Stand: 1. Mai 2023] § 1313 Rn. 5; NK-BGB/Antomo 4. Aufl. § 1313 Rn. 14; aA wohl BeckOGK/Otto [Stand: 1. Oktober 2022] BGB § 1313 Rn. 8; Erman/Roth BGB 16./17. Aufl. § 1313 Rn. 3) und wäre daher von dem Gericht, das über den nachehelichen Unterhalt zu entscheiden hat, nicht erneut zu prüfen (vgl. Soergel/Heintzmann BGB 13. Aufl. § 1317 Rn. 27 und § 1318 Rn. 5; MünchKommBGB/Wellenhofer 9. Aufl. § 1318 Rn. 4; Staudinger/Voppel BGB [2018] § 1318 Rn. 29 und Vorbem. §§ 1313 ff. Rn. 35; Johannsen/Henrich/Althammer/Henrich Familienrecht 7. Aufl. § 1313 BGB Rn. 6; vgl. dazu auch Johannsen/Henrich/Althammer/Markwardt Familienrecht 7. Aufl. § 126 FamFG Rn. 9; Musielak/Borth/Frank/Borth FamFG 7. Aufl. § 126 Rn. 6; MünchKommFamFG/Lugani 3. Aufl. § 126 Rn. 4; MünchKommZPO/Gottwald 6. Aufl. § 322 Rn. 19). Von einer solchen Rechtskraftwirkung der Eheaufhebungsentscheidung ist erkennbar auch der Gesetzgeber ausgegangen, der mit der Vorschrift des § 1318 BGB die "rechtspraktischen Folgen einer gerichtlichen Aufhebungsentscheidung" regeln
                            wollte (BT-Drucks. 13/9416 S. 28).Warnung Randziffern ueber Seitenwechsel gruppiert
                         23Zwar nehmen die vom Amtsgericht im Eheaufhebungsbeschluss getroffenen tatsächlichen Feststellungen, dass die Antragstellerin zur Eingehung der Ehe durch Drohung bestimmt worden ist und sie ihrerseits den Antragsgegner hinsichtlich der Eingehung der Ehe nicht arglistig getäuscht hat, nicht an der Rechtskraft des Eheaufhebungsbeschlusses teil. Sie könnten von dem Antragsgegner im Rahmen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aber nicht mit der Zielrichtung in Abrede gestellt werden, ein Fall des § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugunsten der Antragstellerin habe nicht bzw. ein Fall des § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB zugunsten des Antragsgegners habe vorgelegen. Denn damit würde vom Antragsgegner das kontradiktorische Gegenteil des im Eheaufhebungsbeschluss rechtskräftig Festgestellten - das (Nicht-)Vorliegen eines solchen Rechts zur Aufhebung der Ehe - behauptet (vgl. BGH Urteil vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16 - NJW 2018, 2550 Rn. 34).
                         24Mithin knüpft die Rechtsordnung vorliegend - anders als im Fall einer Scheidung (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 14) - unterschiedliche Folgen daran, ob die Aufhebung der Ehe auf den Antrag
                            (§ 1316 Abs. 1 Nr. 2 BGB) der Antragstellerin oder des Antragsgegners ausgesprochen wird.
                         25cc) Der Zulässigkeit der Beschwerde des Antragsgegners steht auch nicht § 59 Abs. 2 FamFG entgegen.
                         26(1) Soweit der Antragsgegner beantragt hat, die Ehe auf der Grundlage von § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB aufzuheben, ist er formell beschwert. Zwar wurde dieser Antrag im Tenor der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen. Für das Verständnis eines Entscheidungstenors sind aber neben dessen Wortlaut ergänzend der Inhalt der Entscheidungsgründe, die Klageanträge und der Klägervortrag maßgeblich (vgl. BGH Beschluss vom 17. Januar 2017 - XI ZR 490/15 - NJW-RR 2017, 763 Rn. 2 mwN). Gemessen hieran ergibt sich vorliegend, dass das Amtsgericht den Antrag des Antragsgegners abweisen wollte. Denn es hat den Antrag in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich angeführt und den hierzu vom Antragsgegner gehaltenen Vortrag referiert. Darüber hinaus hat es in den Entscheidungsgründen ausführlich dargelegt, weshalb der auf eine arglistige Täuschung seitens der Antragstellerin gestützte Eheaufhebungsantrag des Antragsgegners keinen Erfolg haben kann. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass das Amtsgericht nicht über den Antrag des Antragsgegners entschieden hat. Allenfalls käme insoweit eine Berichtigung des Entscheidungstenors nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 319 ZPO um die Abweisung des Eheaufhebungsantrags des Antragsgegners in Betracht (vgl. BGH Urteil vom 18. Juni 1964 - VII ZR 152/62 - NJW 1964, 1858).
                         27(2) Soweit sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde (lediglich) gegen das Vorliegen
                            eines Eheaufhebungsgrundes nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB, der dem Aufhebungsantrag der Antragstellerin zugrunde liegt, gewandt hat, bedarf es für die Zulässigkeit seines Rechtsmittels (schon) keiner formellen Beschwer.
                         284. Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben und ist deshalb gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Die Sache ist nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.
                         29Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass sich im Fall einer - wie hier - ausländischen Staatsangehörigkeit der Ehegatten die Voraussetzungen für die Aufhebbarkeit der Ehe nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB für jeden der Ehegatten nach seinem Heimatrecht richten (vgl. Senatsurteil BGHZ 149, 357 = FamRZ 2002, 604). Das hat zur Folge, dass sich im vorliegenden Fall die Aufhebbarkeit der Ehe im Ausgangspunkt nach afghanischem Recht richtet, weil beide Ehegatten - ausschließlich - afghanische Staatsangehörige sind. Die Anwendung des afghanischen Rechts wird gegebenenfalls nach Art. 6 Satz 2 EGBGB am ordre public zu messen sein (vgl. Kaiser FamRZ 2013, 77, 82 ff. zur Zwangsehe).
                         30Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).