18.01.2008 · IWW-Abrufnummer 080163
Oberlandesgericht Naumburg: Beschluss vom 10.05.2007 – 4 UF 94/07
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
BESCHLUSS
4 UF 94/07 OLG Naumburg
11 F 265/06 AG Wernigerode
In der Familiensache XXX
hat der 4. Zivilsenat – 3. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Naumburg durch XXX am
10. Mai 2007
b e s c h l o s s e n :
1. Der Antrag der Beklagten, ihr für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 21. Februar 2007, Az.: 11 F 265/06 (UK), Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e
I.
Der Antrag der Beklagten, ihr für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 21. Februar 2007 (Bl. 193 bis 195 d. A.) Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist nicht begründet.
Denn das Rechtsmittel hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, deren es in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Satz 1 ZPO bedurft hätte.
Zu Recht ist in dem angefochtenen Urteil der Klage, gerichtet auf Abänderung der in der Urkunde des Landkreises H. vom 09. April 2001 titulierten Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von monatlichem Unterhalt in Höhe von 114 % des Regelbetrages abzüglich anteiligen Kindergeldes, insoweit stattgegeben worden, als er ab März 2006 nicht mehr zur Zahlung von Unterhalt gegenüber der Beklagten verpflichtet ist.
Der Senat schließt sich nach nochmaliger Überprüfung und eigenständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung sowohl des erst- als auch des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten den im Ergebnis zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug.
Lediglich ergänzend sei Folgendes bemerkt:
Ab März 2006 bis einschließlich März 2007 ist der Kläger der Beklagten gegenüber nicht gemäß den §§ 1601, 1610 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Danach schulden die Eltern zwar im Rahmen des Unterhalts auch die Kosten für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf. Bis zum April dieses Jahres befand sich die Beklagte jedoch nicht in einer Berufsausbildung. Als angemessene Vorbildung zu einem Beruf ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten sowie den beachtenswerten Neigungen des Kindes entspricht und die sich hinsichtlich ihrer Finanzierung an den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Nach dem Abschluss der Schule ist dem Unterhaltsberechtigten eine so genannte Orientierungsphase zuzubilligen. Nachdem die Beklagte im Sommer 2005 ihr Abitur bestanden hat, war diese Orientierungsphase spätestens jedoch im März 2006 abgeschlossen. Der gemäß § 1610 Abs. 2 BGB zu gewährende Unterhalt umfasst nicht die Wartezeit bis zur Erlangung eines Studien- oder Ausbildungsplatzes. Während einer solchen Wartezeit muss das volljährige Kind selbst für seinen Unterhalt sorgen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 1994, 1225).
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie seit September 2005 ein freiwilliges soziales Jahr absolviert hat. Wenn die soziale Tätigkeit nicht als Voraussetzung für eine andere Ausbildung gefordert wird, kann sie unterhaltsrechtlich nicht als Ausbildung anerkannt werden. Schon deshalb kann das volljährige Kind während dieses Jahres keinen Unterhalt verlangen (Scholz, in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Pra-xis, 6. Aufl., 2004, § 2 Rdnr. 348). Dem Vortrag der Beklagten, das freiwillige soziale Jahr habe der Vorbereitung eines beabsichtigten Medizinstudiums gedient, kann nicht gefolgt werden. Denn die Beklagte hat sich nicht nur für ein Studium der Medizin, sondern auch für ein Studium der Sport-, Sozial- und Erziehungswissenschaften beworben. Letztendlich hat sie zum 01.04.2007 eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin in G. angetreten. Da damit das freiwillige soziale Jahr lediglich zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Studien- bzw. Ausbildungsplatz diente, muss die Beklagte während der Wartzeit selbst für ihren Unterhalt sorgen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Parteien sich auch nicht konkludent darüber verständigt, dass der Kläger während der Dauer des freiwilligen sozialen Jahres an die Beklagte monatlich 126,-- Euro zahlt. Eine solche Zahlung ist zwar vom Kläger bis einschließlich Februar 2006 erbracht worden. Dies ist aber dem Umstand geschuldet, dass der Beklagten nach dem bestandenen Abitur eine so genannte Orientierungsphase zuzubilligen war.
Nach dem Beginn der Berufsausbildung im April 2007 ist der Kläger der Beklagten gegenüber nicht mehr gemäß den §§ 1601, 1610 Abs. 1 und 2 BGB zur Unterhaltszahlung wegen Wegfalls ihrer Bedürftigkeit verpflichtet. Von ihrem Unterhaltsbedarf in Höhe von 590,-- Euro ist das von ihr bezogene staatliche Kindergeld in Höhe von 154,-- Euro als eigenes Einkommen abzuziehen, sodass ein ungedeckter Bedarf von 436,-- Euro verbleibt. Da die Beklagte selbst ihrer Unterhaltsberechnung eine Nettoausbildungsvergütung von 500,-- Euro zugrunde legt, ist somit ihr Bedarf gedeckt ist. Entgegen ihrer Auffassung sind keine Fahrtkosten in Höhe von 336,60 Euro monatlich in Ansatz zu bringen. Die Beklagte absolviert seit dem 01.04.2007 eine Ausbildung zur Krankenschwester in G. , sodass ihr zumutbar ist, ihren Wohnsitz nach G. zu verlegen. Daher ist ihr Bedarf bei einem Umzug nach G. durch ihr eigenes Einkommen gedeckt.
Prozesskostenhilfe kann der Beklagten nach alledem für die beabsichtigte Berufung in zweiter Instanz nicht gewährt werden.
II.
Die Kostenentscheidung ist rein deklaratorischer Natur und entspricht § 1 Nr. 1 lit. a GKG sowie § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.