08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 17.06.2005 – 12 K 7052/03 F
- Die Aufwendungen für den Umbau eines bislang vermieteten Großraumbüros in vier getrennt vermietbare Einzelbüros unter Verwendung von Rigips-Ständerwerk stellen aufgrund der darin liegenden Substanzvermehrung und Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit Herstellungskosten dar.
- Ein Gebäudebestandteil erfüllt nicht bereits deshalb i.S.d. BMF-Schreibens vom 16.12.1996, IV B 3 - S 2211 - 69/96, BStBl. I 1996, 1442, weiterhin die bisherige Funktion, wenn er dem Gebäude zur Abwendung von Mietausfällen hinzugefügt wurde; dies erfordert vielmehr die Beseitigung oder Abwendung von Gebäudeschäden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung der Kosten baulicher Maßnahmen als Herstellungsaufwand oder Erhaltungsaufwand.
Die klagende GbR erzielt Einkünfte aus der Vermietung des Ende 1993 fertiggestellten Gebäudes…Straße... in …Dessen 1. Etage links wurde bis Ende März 1997 von einer gewerblichen Mieterin als Großraumbüro genutzt. Im Anschluss an diese Vermietung erfolgte ein Umbau des Großraumbüros in vier Einzelbüros unter Verwendung von Rigips-Ständerwerk. Zugleich wurde die Elektroinstallation im hierdurch notwendigen Umfang erneuert. Ab Juni 1997 wurden die so geschaffenen Räume an einen Steuerberater sowie an die Fa. „A” GmbH vermietet.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 (Streitjahr) machte die Klägerin die hierdurch entstandenen Kosten in Höhe von 30.672 DM als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. In dem nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid vom 26.3.1998 wich das Finanzamt nicht von der Erklärung ab.
Eine im August 2002 unter anderem für das Streitjahr durchgeführte Betriebsprüfung gelangte zu der Ansicht, dass es sich bei dem nunmehr mit 29.586 DM bezifferten Aufwand um nur im Wege der AfA berücksichtigungsfähige nachträgliche Herstellungskosten gehandelt habe. Im Anschluss daran erließ das Finanzamt unter dem 11.12.2002 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Feststellungsbescheid für 1997, gegen den sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage richtet.
Mit ihrer hier wegen der Einzelheiten der Begründung in Bezug genommenen Klagebegründung macht die Klägerin, wie bereits im Einspruchsverfahren, geltend, dass die durchgeführten baulichen Maßnahmen nicht als Herstellung im Sinne der insoweit auch für die Besteuerung maßgeblichen handelsrechtlichen Definition anzusehen seien. Erst mit einer Änderung der Zweckbestimmung werde nämlich ein neues Wirtschaftsgut geschaffen. Im Übrigen habe auch die Finanzverwaltung anerkannt (BMF-Schreiben vom 16.12.1996, IV B 3 - S 2211 - 69/96, BStBl. I 1996, 1442), dass ein neuer Gebäudebestandteil auch dann regelmäßig die bisherige Funktion erfülle, wenn er dem Gebäude lediglich deshalb hinzugefügt werde, um bereits eingetretene Schäden zu beseitigen oder einen konkret drohenden Schaden abzuwenden. Der im Streitfall eingetretene Schaden habe in der Nichtvermietungsfähigkeit des Großraumbüros gelegen. Eine Steigerung der Mieteinnahmen sei ausweislich der der Klagbegründung beigefügten Mietverträge entgegen der Darstellung des Betriebsprüfers nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass die von der Betriebsprüfung als Herstellungskosten behandelten Aufwendungen i.H.v. 29.586 DM steuerlich als sofort abzugsfähige Werbungskosten behandelt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2003 vertritt das Finanzamt die Auffassung, dass Herstellungsaufwand schon deshalb anzunehmen sei, weil durch die erstmals eingezogenen Wände eine Substanzvermehrung erfolgt sei. Dass die nutzbare Fläche nicht vergrößert worden sei, sei unter diesen Umständen ohne Belang.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
1) Das Finanzamt war verfahrensrechtlich zur Änderung des angefochtenen Bescheides befugt. Denn die Tatsache, dass ein Großraumbüro in Einzelbüros umgebaut worden ist, ist dem Finanzamt erst anlässlich der Betriebsprüfung und damit nachträglich im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt geworden. Da die Klägerin ihr diesbezügliches Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren in der Klagebegründung nicht mehr aufgreift, geht das Gericht davon aus, dass insoweit unter den Beteiligten kein Streit mehr besteht. Nur vorsorglich weist das Gericht deshalb darauf hin, dass der Inhalt der über die streitigen Umbaumaßnahmen erstellten Rechnungen ausweislich ihres in der Bp-Handakte wiedergegebenen Inhalts keinen näheren Aufschluss über die Art der durchgeführten Arbeiten gibt. Die Tatsache des Umbaus ist dem Finanzamt somit nicht bereits im Veranlagungsverfahren bekannt geworden.
2) In materiellrechtlicher Hinsicht hat das Finanzamt zutreffend den Standpunkt vertreten, dass es sich bei dem streitigen Aufwand nicht um sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern um nachträgliche Herstellungskosten handelt.
Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2004, IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543 m.w.N.). Danach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes (Wirtschaftsguts), seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.
a) Allerdings handelt es sich bei den durchgeführten Maßnahmen nach Ansicht des Gerichts nicht um eine „Herstellung” im Sinne des § 255 Abs. 2 HGB. Zwar kann auch bei einem vorhandenen Wirtschaftsgut eine Herstellung anzunehmen sein, sofern durch bauliche Maßnahmen zumindest ein Gebäudeteil eine Funktions- oder Wesensänderung erfährt (BFH-Urteil vom 23.11.2004, a.a.O. mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung). Die im Streitfall von dem Umbau betroffene Teiletage ist ihrer Funktion nach weiterhin zur Vermietung an gewerbliche Mieter bestimmt. Ebenso wenig lässt sich aus dem Umstand, dass nunmehr statt eines Großraumbüros vier Einzelbüros vermietet werden können, eine Wesensänderung begründen.
b) Vielmehr liegen im Streitfall unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung nachträgliche Herstellungskosten vor. Um solche handelt es sich, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden (Substanzmehrung) und dies eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes zur Folge hat (BFH-Urteil vom 14. 7. 2004, IX R 52/02, BStBl. II 2004, 949 m.w.N.).
Durch den Einbau der Rigipswände ist die Substanz des Gebäudes zweifellos vermehrt worden. Dabei ist es unerheblich, dass der nachträgliche Einbau von Rigipswänden einen vergleichsweise geringen bautechnischen Aufwand erfordert und in aller Regel ohne eine Neuberechnung der Statik möglich sein dürfte. Denn jedenfalls handelt es sich um die erstmalige und auf Dauer angelegte Schaffung einzeln vermietbarer Räume, die zuvor nicht vorhanden waren. Anders als ein durch schlichte Raumteiler gegliedertes Großraumbüro bieten diese Räume neben einem separaten Zugang die für eine Vermietung an verschiedene Mieter unerlässliche optische, akustische und stromversorgungstechnische Individualität.
Unabhängig davon, dass die im Streitfall geschaffenen vier Einzelbüros tatsächlich nur an zwei verschiedene Mieter vermietet worden sind, geht mit der Schaffung der Einzelbüros auch eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit einher. Nunmehr ist nämlich die Vermietung an Gewerbetreibende und Freiberufler unterschiedlicher Branchen möglich, was eine flexiblere Anpassung an die Bedürfnisse des Marktes ermöglicht. Die Möglichkeit, Vermietungseinkünfte zu erzielen, wird zudem dadurch gefördert, dass bei ungünstiger Marktlage zumindest die Vermietung zwar nicht aller, aber doch einzelner Büros zu Einnahmen führt, während insoweit zuvor eine Alles-oder-Nichts-Situation zu fürchten war. Nicht entscheidungserheblich ist dabei, dass im Streitfall nicht nur keine Steigerung der Mieteinnahmen zu verzeichnen war, sondern sogar deren Verminderung, denn auf die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit hat dies keinen Einfluss. Zudem sah sich die Klägerin bei einer Beibehaltung des Großraumbüros nach ihrem eigenen Vorbringen sogar mit der Nichtvermietbarkeit der Fläche, also einem völligen Mietausfall, konfrontiert.
Der Umstand, dass die sich Umbaukosten im Streitfall mit ca. 30.000 DM noch in einem Rahmen bewegen, der in anderen Fällen durch unstreitigen Erhaltungsaufwand weit überschritten wird, gebietet keine andere Beurteilung. Denn die rechtliche Einordnung des Aufwands kann nicht davon abhängen, ob es sich um die Umgestaltung einer Teiletage handelt oder um die mit einem Vielfachen des hier streitigen Aufwandes einhergehende Umgestaltung mehrerer Vollgeschosse in einem Gebäude.
Nur ergänzend weist das Gericht abschließend darauf hin, dass die Fallgestaltungen, in denen laut BMF-Schreiben vom 16.12.1996 die Aufwendungen für neu hinzugefügte Gebäudebestandteile zu Erhaltungsaufwand führen, weil diese neuen Gebäudebestandteile der Vermeidung von (weiteren) Schäden dienen, nicht dem Streitfall entsprechen. Als Schäden im Sinne dieser Verwaltungsanweisung sind ausweislich der dort in Tz. 2.3 a.E. genannten Beispiele vielmehr zweifelsfrei ausschließlich Schäden am Gebäude zu verstehen.
3) Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.