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  • 15.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130499

    Oberlandesgericht Hamburg: Beschluss vom 05.12.2012 – 7 WF 117/12

    Es ist mutwillig im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts nach § 240 FamFG erstrebt, nachdem der Unterhaltsgläubiger ihm mitgeteilt hat, künftig nur noch den reduzierten Unterhalt zu verlangen.

    Für ein Verzichtsverlangen im Sinne von § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG (bzw. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG) genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in der der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringerer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren. Die Vorlage von Belegen dafür, dass das Herabsetzungsverlangen begründet sei, ist nicht erforderlich.


    OLG Hamburg, 05.12.2012

    7 WF 117/12

    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Familiengerichts Hamburg vom 24. September 2012, Az 632 F 251/12, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Dem Antragsteller wird für das Verfahren erster Instanz Verfahrenskostenhilfe gewährt, soweit er begehrt, den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf vom 14. 8. 2009, Az. 414 FH 4/09 dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller dem Antragsgegner für die Monate April und Mai 2012 einen Kindesunterhalt - Zahlbetrag - in Höhe von monatlich € 85,00 schuldet.

    Raten aus dem Einkommen oder Leistungen aus dem Vermögen sind nicht zu erbringen.

    Rechtsanwältin C wird beigeordnet.

    Der weitergehende Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.

    Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf € 629,00; davon entfallen auf den die Beschwerde zurückweisenden Teil € 555,00.
    Gründe

    Die sofortige Beschwerde, mit der der Kindesvater einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Herabsetzung des für seinen minderjährigen Sohn zu zahlenden Unterhalts begehrt, ist zulässig; sie ist aber nur zu einem geringen Teil begründet.

    Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, soweit der Kindesvater eine Abänderung des Unterhaltstitels mit Wirkung schon ab dem 1. März 2012 begehrt. Insoweit fehlt der beabsichtigten Rechtsverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO schon deswegen, weil nach § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG die Herabsetzung des durch gerichtlichen Beschluss titulierten Unterhalts erst für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Verzichtsverlangen folgenden Monats begehrt werden kann, der Antragsteller die Abänderung aber erst mit Schreiben vom 27. März 2012 (Anlage AS 3) verlangt hat.

    Unbegründet ist die sofortige Beschwerde auch, soweit der Kindesvater seinen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe darauf stützt, dass für die Zeit ab dem 1. Juni 2012 - zu den Monaten April und Mai 2012 siehe unten - allein durch die Schaffung eines neuen Titels der bisherige, auf Zahlung höheren Unterhalts gehende Titel beseitigt werden könne. Insoweit ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung als mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO anzusehen; denn der Vertreter des Antragsgegners hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juni 2012 (Anlage AS 6) mitgeteilt, dass er mit Wirkung ab dem 1. Juni 2012 nur noch den reduzierten Unterhalt verlange. Bei dieser Sachlage würde ein verständiger Beteiligter, der seine Verfahrenskosten selbst aufzubringen hätte, ein gerichtliches Verfahren auf Herabsetzung des titulierten Unterhalts nicht betreiben. Dazu besteht umso weniger Anlass, als der Kindesvater, wenn er denn tatsächlich die Befürchtung hegen sollte, später aus dem Titel auf Nachzahlung auch der Differenz in Anspruch genommen zu werden, die kostensparende Möglichkeit hätte, eine Jugendamtsurkunde erstellen zu lassen, in der er sich vollstreckbar zur Leistung des nunmehr niedrigeren Unterhaltsbetrags verpflichtet, und dem Antragsgegner den Austausch des bisherigen Titels gegen diese Urkunde anzubieten. Erst wenn der Unterhaltsgläubiger einen solchen Austausch der Titel verweigerte, hätte der Unterhaltsschuldner hinreichenden Anlass, in einem gerichtlichen Verfahren die Abänderung des bisherigen Titels zu erstreben.

    Begründet ist die sofortige Beschwerde aber, soweit der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe begehrt, um zu einer gerichtlichen Abänderung des Unterhaltstitels für die Monate April und Mai 2012 zu gelangen. Für diese Monate verlangt der Antragsgegner, wie sich aus seinem Schreiben vom 7. Juni 2012 ergibt, noch die Zahlung des höheren Unterhalts. Darauf hat er indessen keinen Anspruch, weil für diese Monate bereits die Umstände vorlagen, aus denen sich ein vom Kindesvater zu zahlender Unterhalt in der geringeren Höhe ergibt, und der Kindesvater bereits mit seinem Schreiben vom 27. März 2012 ein entsprechendes Verzichtsverlangen an den Vertreter des Antragsgegners gerichtet hat. In diesem Schreiben hat er ausgeführt, dass er inzwischen Vater eines weiteren, in die Unterhaltsberechnung einzustellenden Kindes geworden sei, und im Übrigen seine Einkommensverhältnisse dargelegt, aus denen sich die - in ihrer Höhe inzwischen unstreitige - geringere Höhe des dem Antragsgegner geschuldeten Unterhalts ergibt. Damit erfüllt dieses Schreiben die Voraussetzungen eines Verzichtsverlangens im Sinne von § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG bzw. der gleichlautenden Regelung in § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG. Der Antragsteller hat zwar, worauf das Amtsgericht in seiner Entscheidung abgestellt hat, dem Verlangen des Antragsgegners, die geltend gemachten Gründe für die Herabsetzung des Unterhalts durch Einreichen geeigneter Unterlagen zu belegen, erst im Mai 2012 entsprochen; gleichwohl ist im Rahmen des § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG auf das Herabsetzungsverlangen vom März 2012 abzustellen. Das Verzichtsverlangen soll nach der Konzeption des Gesetzgebers (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 16/6308 vom 7. 9. 2007, S. 258) "spiegelbildlich" einer Mahnung entsprechen und im Sinne einer "negativen Mahnung" die an den Unterhaltsgläubiger gerichtete Aufforderung bilden, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in der der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringerer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren. Die Vorlage von Belegen dafür, dass das Herabsetzungsverlangen begründet sei, ist dafür ebenso wenig erforderlich wie bei einer auf die Zahlung eines erhöhten Unterhalts gerichteten Mahnung, für die die Konkretisierung der Forderung und ihre schlüssige Darlegung ebenfalls ausreicht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. 5. 1994, Az. 11 UF 393/92, FamRZ 1995, S. 106 F., 107). Besteht über die in dem Verzichtsverlangen enthaltenen Angaben Streit, sind diese ggf. im gerichtlichen Verfahren zu klären. Da der Antragsteller im März 2012 unter schlüssiger Darlegung der für die Unterhaltshöhe maßgeblichen Tatsachen den Antragsgegner aufgefordert hatte, ihm zu bestätigen, dass er Unterhalt in der nur noch geringeren Höhe schulde, kann er die Herabsetzung des Unterhalts mit Wirkung ab April 2012 verlangen.

    Die Kostenentscheidung für diesen Beschluss folgt aus §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO, Ziff. 1912 letzter Absatz der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG.

    Hinweise

    Die Entscheidung ist rechtskräftig.

    RechtsgebietFamFGVorschriften§ 240 FamFG § 76 Abs. 1 FamFG