14.06.2013 · IWW-Abrufnummer 132096
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 17.04.2013 – 5 K 156/12
Die Kosten eines in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten
britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang
stehenden Reisekosten sind als außergewöhnliche
Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig,
soweit sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen
Gestaltungsspielraum zu stellen hatte, das Verfahren nicht mutwillig
oder ohne Aussicht auf Erfolg war, die Höhe der vereinbarten
Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen sind und
keine Kostenerstattung erfolgt.
Gegen den Nichtanwendungserlass des BMF vom 20.12.2011 (BStBl I 2011,
1286).
Tatbestand
Die Kläger begehren die Anerkennung von Anwaltskosten
als außergewöhnliche Belastung.
Der Kläger war von August 1992 bis Januar 2006 mit A
in Großbritannien verheiratet. Aus der Ehe sind zwei in
1994 und 1997 geborene Kinder hervorgegangen. In 2004 trennten sich
die Eheleute. Sie schlossen am 29. Dezember 2004 eine privatschriftliche
Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden
Angelegenheiten. Die Ehe wurde am 24. Januar 2006 vor einem englischen
Gericht geschieden. Im Hinblick auf die bestehende privatschriftliche
Vereinbarung wurden keine weiteren, über die Scheidung
hinausgehenden Regelungen getroffen. Seit Ende 2006 ist der Kläger
in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet.
Mit Datum vom 6. Februar 2009 erhielt der Kläger ein
Anwaltsschreiben der Sy., mit welchem er aufgefordert wurde, umfangreiche
Auskünfte zu erteilen. Der Kläger bemühte
sich in der Folgezeit ohne Einschaltung des von seiner geschiedenen
Ehefrau beauftragten Rechtsanwaltsbüros um eine gütliche
Regelung der Angelegenheit (Schreiben des Klägers vom 15.
Mai 2009). Schließlich kündigte die von der geschiedenen
Ehefrau des Klägers beauftragte Kanzlei mit Schreiben vom
23. März 2010 die Fortführung des Verfahrens an.
Der Kläger wurde im März 2010 vom zuständigen
Gericht zur Abgabe einer eidesstattlichen Vermögenserklärung
bis zum 4. Mai 2010 aufgefordert und zu einem anberaumten Termin
am 8. Juni 2010 geladen.
Der Kläger suchte nunmehr einen Anwalt, der ihn in der
Sache vertreten könnte. Maßgeblich hierbei waren
im Wesentlichen Kenntnisse des Anwalts in der deutschen Sprache,
praktiziertes Familienrecht und Rechtssicherheit im englischen und
deutschen Recht. Dazu wandte sich der Kläger zunächst
an die ihm bekannte Rechtsanwältin A, die in einem Außenbezirk
X zu einem Stundensatz von 250 GBP zuzüglich Umsatzsteuer
praktizierte, in der Sache aber nicht tätig werden konnte,
da sie in einer anderen Angelegenheit zuvor die geschiedene Ehefrau
des Klägers vertreten hatte. Frau A empfahl dem Kläger Rechtsanwalt
B, mit welchem der Kläger am 16. Juni 2010 einen Anwaltsvertrag
schloss. Dieser Vertrag sah u. a. eine Vergütung von 275
GBP zuzüglich Umsatzsteuer vor. Zwar bemühte sich
der Kläger auch in örtlicher Nähe zum Gerichtsort
Y in einen Anwalt zu finden. So sprach der von dem Kläger
angesprochene Rechtsanwalt Mr. C zwar deutsch, kam aber für
den Kläger deswegen nicht in Betracht, weil er sich nur
im englischen Recht auskannte und kein Familienrechtler war. Der
Stundensatz des Rechtsanwaltes N. hätte 205 GBP zuzüglich
Umsatzsteuer betragen.
Streitig vor dem Gericht in Y waren Ansprüche auf Kindesunterhalt
der Höhe nach, Fragen des Versorgungsausgleichs, Fragen
des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau des Klägers
und Fragen des Vermögensausgleichs.
Im November 2010 fand in Y eine Verhandlung statt, im Rahmen
derer die Forderungsklage der geschiedenen Ehefrau des Klägers
auf die Zahlung von Kindesunterhalt reduziert und deutlich wurde,
dass die Frage des Versorgungsausgleichs ggf. vor einem deutschen
Gericht zu verhandeln sei. Das Erscheinen des Klägers zu
dem Termin am 8. November 2010 war angeordnet (Ladung vom 28. September
2010: „You and your legal representative, if you have one, must
attend the appointment.”). Letztlich schlossen die Beteiligten
am 8. Oktober 2012 vor dem zuständigen Gericht einen Vergleich,
wonach sich der Kläger verpflichtete, je Kind einen Monatsunterhalt
in Höhe von 320 € zu entrichten. Alle anderen
Zahlungsansprüche wurden ausgeschlossen. Die Pensionsberechnung
findet in Deutschland statt. Die Kosten des Verfahrens wurden gemäß Ziffer
7 des Vergleichs gegeneinander aufgehoben („That there
be no Order for Costs.”).
Mit der Einkommensteuererklärung für 2010 vom
4. November 2011 machten die Kläger außergewöhnliche
Belastungen in Höhe von 20.853 € geltend. Das
Finanzamt folgte den Klägern insoweit und wegen anderer
Punkte nicht und erließ am 24. Januar 2012 einen Einkommensteuerbescheid
für 2010, welchen es nach einem Einspruch der Kläger
vom 5. Februar 2012 aus hier nicht streiterheblichen Gründen
durch Bescheid vom 3. August 2012 änderte. Den Einspruch
der Kläger wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom
7. August 2012 zurück. Im Wesentlichen führt das
Finanzamt aus, dass soweit sich die Kläger auf das BFH-Urteil
vom 12. Mai 2011 (Az.: VI
R 42/10 BStBl. II 2011, 1015) beriefen, das
Bundesministerium für Finanzen mit Datum vom 20. Dezember
2011 einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht habe (BStBl. I 2011,
1286). Dem Finanzamt sei eine Anwendung des von den Klägern
herangezogenen BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall
hinaus untersagt. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung
Bezug genommen.
Die nunmehr mit der Klage geltend gemachte Anerkennung außergewöhnlicher
Belastungen in Höhe von 19.431 € für
Anwaltskosten errechnet sich wie folgt:
Vorauszahlungen und Rechnungen
des Klägers für den Anwalt vom 7. Juli 2010, Juli
2010, August 2010, September 2010 und Oktober/November
2010 in Höhe von insgesamt 18.000 €
Reisekosten des Klägers 13. Juli 2010: 191,08 €
Stornokosten für Reise vom 2. August 2010:
167,98 € wegen kurzfristig am 30. Juli 2010 abgesagten
Gerichtstermins
Reisekosten vom 7. bis 9. November 2010 in Höhe
von 471,27 €
vom Finanzamt nicht bestrittene, aber bislang nicht
steuerwirksam gewordene außergewöhnliche Belastungen
wegen Krankheitskosten in Höhe von 600 €.
Die zunächst geltend gemachten Beträge für
Verpflegungsmehraufwendungen für die Reisen am 13. Juli
2010 und 7. bis 9. November 2010 in Höhe von 40,00 € bzw.
84,00 € verfolgen die Kläger, wie in der mündlichen
Verhandlung vom 17. April 2013 erklärt, nicht weiter.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass für
ihn, den Kläger, die Einschaltung eines Anwalts aus zwei
Gründen unabweislich gewesen sei: Zum einen wäre
die wirtschaftliche Belastung bei negativem Ausgang des Verfahrens
für ihn existenzbedrohend gewesen. Zum anderen seien die
von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche
im Grunde bzw. der H öhe nach unberechtigt gewesen. Er sei
auf sachgerechte anwaltliche Vertretung angewiesen gewesen. Im schlechtesten
Fall hätte er damit rechnen müssen, dass sein
Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der geltend gemachten
Sicherheitszahlungen um rd. 3.000 € auf rd. 1.800 € gesunken
wäre. Hinzugekommen wäre die Belastung aus dem
Vermögensausgleich in Höhe von rd. 20.000 €. Diese
Situation vor Augen hätte er befürchten müssen,
die Wohnimmobilie nicht halten zu können. Er habe damit
rechnen müssen, für Kindesunterhalt einen Monatsbetrag
in Höhe von 1.021 €, eine Pension ab 2032 in Höhe
von 450 € monatlich, Unterhaltszahlungen für die
geschiedene Ehefrau in Höhe von rd. 1.500 € im
Monat und einen Zugewinnausgleich in Höhe von rd. 30.000 € zahlen
zu müssen. Sowohl die Finanzierung bzw. Ansparung der Pensionszahlungen
bzw. Zugewinnausgleiches hätten ihn monatlich mit rd. 300 € bzw.
600 € belastet. Er habe einen britischen Anwalt mit guten
britischen familienrechtlichen Kenntnissen, guten internationalen
familienrechtlichen Kenntnissen und Grundkenntnissen in der deutschen
Sprache benötigt, weil er zwar englisch spreche, sich dem
Juristenenglisch aber nicht gewachsen fühle. Seine Klage
sei auch nicht mutwillig gewesen. Dies habe schon die erste Verhandlung
am 8. November 2010 gezeigt, in welcher die Forderungsklage auf
Kindesunterhalt reduziert worden und klargestellt worden sei, dass
Fragen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich nicht vor dem
britischen Gericht, sondern in Deutschland zu verhandeln seien.
Auch der schließlich am 8. Oktober 2012 protokollierte
Vergleich bestätige dies.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid vom 3. August 2012 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 17. August 2012 dergestalt zu ändern,
dass außergewöhnliche Belastungen vor Abzug der
zumutbaren Belastungen in Höhe von 19.431 € berücksichtigt
werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf seine
Einspruchsentscheidung.
Der Kläger ergänzte in der mündlichen
Verhandlung, dass die Besprechung mit seinem Rechtsanwalt in Großbritannien
aus seiner Sicht unabdingbar gewesen sei. Nur so habe sichergestellt
werden können, dass die rechtlich und persönlich
komplexe Materie richtig verstanden worden sei. Außerdem
habe er den für ihn tätigen Rechtsanwalt auch
im Hinblick auf ein notwendiges Vertrauensverhältnis persönlich
kennenlernen müssen. Die Teilnahme am Verhandlungstermin
sei ihm nicht freigestellt gewesen. Es habe zuvor ein anderer Termin
stattgefunden, in welchem Fragen nicht hätten beantwortet
werden können, weil er nicht teilgenommen habe. Dies habe
dann zu zahlreichen weiteren Rückfragen zwischen dem vor
Gericht tätigen B. und seinem Anwalt (S.) und zu weiteren
erheblichen Kosten geführt.
Eine Anfrage des Berichterstatters an die Deutsch-Britische Juristenvereinigung
e. V. vom 15. Februar 2013 beantwortete deren Präsidentin
mit Schreiben vom 18. Februar 2013. Sie wies darauf hin, dass eine
Anfrage bei der Schwestervereinigung in London gestellt werden möge,
und dass nach ihrer unmaßgeblichen persönlichen
Einschätzung ein Stundensatz in Höhe von 275 GBP
zuzüglich Umsatzsteuer nicht zu hoch angesetzt zu sein
scheine.
Eine Anfrage des Berichterstatters an die British-German Jurists’ Association
vom 28. Februar 2013 wurde mit Schreiben vom 11. April 2013 durch
die Honorary Chairman der British-German Jurists’ Association
dergestalt beantwortet, dass nach Rücksprache mit Kollegen
aus der Familienrechtsabteilung der Kanzlei D, in der sie Partnerin
sei, bestätigt werden könne, dass der vereinbarte
Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer
für einen im Familienrecht und im internationalen Familienrecht
tätigen Anwalt in X als angemessen anzusehen sei.
Aus einem Merkblatt der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
London mit Stand vom Februar 2013 ergibt sich Folgendes: „Rechtsanwaltsgebühren
sind nicht amtlich geregelt, sondern richten sich nach dem zeitlichen Aufwand.
Bei guten Rechtsanwaltskanzleien ist durchaus mit einem Stundensatz
von mindestens 300 GBP zu rechnen. Spitzenwerte in London liegen
sogar deutlich höher. Die Vereinbarung von Erfolgshonoraren
(…) ist üblich. …”
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die dem Kläger aus Anlass des Scheidungsantrages seiner
geschiedenen Ehefrau entstandenen Anwaltskosten sind unter den vorliegenden
Bedingungen als außergewöhnliche Belastung im
Sinne des § 33 EStG anzuerkennen.
Auf Antrag wird die Einkommensteuer gemäß § 33
Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG -- in bestimmten Umfang
ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig
größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl
der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse,
gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes,
erwachsen. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig,
wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder
sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs.
2 Satz 1 EStG).
Nach der früheren Rechtsprechung war für die
Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten auf die Unausweichlichkeit
des dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses
abzustellen. In Bezug auf eine Scheidung wurden nur die mit dem
Gerichtsverfahren zusammenhängenden Anwaltskosten für
den sogenannten Zwangsverbund (Scheidung und Versorgungsausgleich, § 623
Abs. 1 ZPO) als zwangsläufig angesehen, da die Ehe nur durch
Urteil geschieden werden kann (§ 1564 BGB). Andere mit
der Scheidung zusammenhängende Kosten, z. B. die Kosten
der Scheidungsfolgesachen (vermögensrechtliche Regelungen,
Ehegatten- und Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht) galten
als nicht zwangsläufig, weil sie nur kraft Antrags der
Ehegatten in den prozessualen Zwangsverbund fallen und sich die
Ehegatten außergerichtlich einigen konnten (vgl. Schmidt-Loschelder,
EStG, 32. Aufl., § 33 Rn. 35 „Ehescheidung” m.w.N.).
Zutreffend weist der 1. Senat des Gerichts in seinem Urteil vom 21.02.2012
(1 K 75/12, EFG 2013, 523)
darauf hin, dass diese Rechtssprechung nicht mehr aktuell sei und
führt weiter aus: „Durch Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFH/NV
2011, 1612 hat der BFH neue Rechtsgrundsätze aufgestellt
und erkannt, dass Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf
das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand
des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig
erwachsen. Unausweichlich seien derartige Aufwendungen jedoch nur,
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint
und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet.” Diese
Auffassung wird in der Literatur geteilt (vgl. Schmidt-Loschelder,
EStG, 32. Aufl., § 33 Rn. 35 „Ehescheidung”;
Kirchhof-Mellinghoff, EStG, 12. Aufl., § 33 Rd. 54 „Ehescheidung”).
Auch der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Zivilprozesskosten
sind dann nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht
reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich
sein wie ein Misserfolg. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das
zur Entscheidung berufene Gericht im Wege einer summarischen Prüfung zu
untersuchen. Der Höhe nach sind Zivilprozesskosten nur
insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen
Betrag nicht überschreiten (§ 33 Abs. 2 Satz 1
EStG). Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung
sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen
(BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, a. a. O.). Entsprechendes
gilt nach Auffassung des Senats für Kostenerstattungen,
da die Belastung dann keine dauerhafte sondern nur eine vorübergehende
wäre.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist
der Senat nach Würdigung der Gesamtumstände des
Einzelfalles der Auffassung, dass die geltend gemachten Kosten für
den Rechtsanwalt und die damit in Zusammenhang stehenden Reisekosten
als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind.
Auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau und wegen der letztlich
von ihr rechtshängig gemachten Klage musste sich der Kläger
-- wie es der 1. Senat in seinem Urteil vom 21.02.2012 a.a.O. treffend
formuliert -- dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum
stellen. Ein Versuch des Klägers, eine gütliche
Einigung herbeizuführen, hatte keinen Erfolg. Die Einwände
des Klägers gegen die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend
gemachten Ansprüche erscheinen weder ohne Aussicht auf
Erfolg noch mutwillig. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Verhandlung
vom 8. November 2010 und dem gerichtlichen Vergleich vom 8. Oktober
2012, dass für den Kläger hinreichende Erfolgsaussichten
bestanden. Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche
konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich
auf die Höhe des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der
Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.
Die Rechtsanwaltskosten können auch der Höhe
nicht als unangemessen qualifiziert werden. Dies folgt bereits aus
dem Umstand, dass es gerichtsbekannt in Großbritannien
kein mit der Bundesrepublik vergleichbares System von Rechtsanwaltsgebühren
gibt, sondern grundsätzlich Stundensätze vereinbart
werden (vgl. insoweit auch das Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland London vom Februar 2013 „Rechtsberatung und Rechtsverfolgung
in Großbritannien”), und dass nach der Bestätigung
der British-German Jurists’ Association vom 28. Februar
2013 der vereinbarte Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich
Umsatzsteuer für einen im Familienrecht und im internationalen
Familienrecht tätigen Anwalt in London als angemessen anzusehen
sei. Eine entsprechende Einschätzung unterstreichen auch
die Stellungnahme der Präsidentin der Deutsch-Britischen
Juristenvereinigung e. V. vom 15. Februar 2013 und schließlich
der Inhalt des Schreibens der Deutschen Botschaft London a.a.O.
Für den Senat nachvollziehbar hatte der Kläger
einen in England tätigen, im internationalen Familienrecht
bewanderten, englisch und deutsch sprechenden Anwalt zu beauftragen.
Die geltend gemachten Anwaltskosten sind der Höhe nach
durch Rechnungen belegt und nicht streitig. Die Anwaltskosten sind
den Klägern dauerhaft, also nicht nur vorübergehend
entstanden. Eine Erstattung der Kosten durch die Gegenpartei hat
nicht stattgefunden. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben.
Eine Rechtsschutzversicherung bestand nicht.
Auch die Reisekosten teilen in diesem Einzelfall nach Überzeugung
des Senats das Schicksal der Anwaltskosten. Die wesentlichen Verfahrenshandlungen
fanden in England statt. Der Kläger war verpflichtet, persönlich
zum Prozess zu erscheinen. Auch im Fall der kurzfristigen Aufhebung
des Verhandlungstermins hatte sich das wirtschaftliche Risiko für
den Kläger bereits so weit konkretisiert, dass ihm die
als Stornokosten geltend gemachten Reisekosten aus den dargelegten
Gründen im Sinne des § 33 EStG zwangsläufig
entstanden und der Höhe nach angemessen sind. Im Hinblick
auf die besonderen Umstände des Falles, dass n ämlich
der Kläger ohne eigene Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeit
Beklagter vor einem britischen Zivilgericht in einer vielschichtigen
Familiensache wurde und sich Forderungen von nicht unerheblicher
Höhe und wirtschaftlichem Risiko ausgesetzt sah, aber auch
aus den in der Natur der Sache liegenden Umständen einer
familienrechtlichen Auseinandersetzung hält der Senat auch
den Anteil der Reisekosten des Klägers nach § 33
EStG berücksichtigungsfähig, der im Zusammenhang
mit der Besprechung der Angelegenheit mit seinem Rechtsanwalt am
13. Juli 2010 in Höhe von 191,08 € entstanden
ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3
FGO. Die nicht weiter verfolgten Verpflegungsmehraufwendungen in
Höhe von 124 € betragen lediglich 0,64% der
ursprünglich geltend gemachten Summe in Höhe von 19.555 €.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708
Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Im Hinblick auf die Urteile des 1. Senats vom 21.02.2012 (1 K 75/11;
Revision anhängig VI R 70/12), des FG Düsseldorf
vom 20.2.2013 (15
K 2052/12 E, juris; Revision anhängig VI R 14/13)
und des FG München vom 21.8.2012 (10 K 800/10, EFG 2013, 451;
Revision anhängig VI R 69/12) war die Revision
nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.