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Geschenkte Immobilie: Sind Wertsteigerungen zu versteuern?
| Oft wird Immobilienvermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Später wird die Immobilie veräußert. Fraglich ist, ob Wertsteigerungen der Immobilie versteuert werden müssen. |
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1980 wurde eine Eigentumswohnung (ETW) gekauft und vor 8,5 Jahren zwei Brüdern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Diese soll nun veräußert werden. Sind Wertsteigerungen der ETW von 2015 bis jetzt zu versteuern? |
Nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgeschäfte steuerpflichtig, die sich auf Grundstücke und Rechte beziehen, die dem Grundstücksrecht des BGB unterliegen (z. B. auch Wohnungseigentum und Erbbaurechte, nicht hingegen Wohn- oder Nießbrauchrechte). Dies gilt aber nur, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung nur zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass der Eigentümer die Wohnung allein, mit seinen Angehörigen oder einem Dritten bewohnt und einen selbstständigen Haushalt führt. Es reicht, wenn er die Wohnung nur zeitweise bewohnt, sofern ihm diese in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Gelegentliche besuchsweise Aufenthalte reichen aber nicht. Folglich können unter § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen fallen, die bei einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Die Nutzung beginnt mit Bezugsbeginn.
Der An- und Verkauf von Grundstücken kann aber zu versteuern sein, wenn mehr als drei Objekte innerhalb bestimmter Zeiten angeschafft und veräußert werden, also ein Fall des gewerblichen Grundstückshandels vorliegt, § 15 EStG.
Beachten Sie | Der Schenkungs- oder Erbfall selbst ist keine Anschaffung i. S. v. § 23 EStG. Der Erbe tritt in die abgabenrechtliche Rechtsposition des Erblassers ein, § 1922 BGB, § 45 AO (sog. Fußstapfentheorie). Entscheidend ist, wie lange dem Schenkenden die Immobilie gehörte und ob er sie selbst genutzt hat. Es gilt das Kaufdatum des Schenkenden, nicht die Übertragung an die Beschenkten. Man erhält neben der Immobilie auch die daran geknüpfte Spekulationsfrist, § 23 Abs. 1 S. 3 EStG. Wenn der Erblasser die Immobilie mehr als zehn Jahre besessen hat, fällt keine Steuer an, da sich die Frist des § 23 EStG von der Anschaffung durch den Rechtsvorgänger bis zur Veräußerung durch den Rechtsnachfolger berechnet. Selbiges gilt im Fall einer Eigennutzung.
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Die Brüder müssen nichts ‒ auch nicht die Wertsteigerung ‒ versteuern. (KW) |