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  • · Nachricht · Blitzlicht Mandatspraxis

    Stiefelternteile haben das kleine Sorgerecht

    | Immer mehr Familien in Deutschland leben in der Form der Stieffamilien zusammen. Fraglich ist daher, welche Rechte und Pflichten Stiefelternteile gegenüber ihren Stiefkindern haben. |

     

    Nach § 1687b BGB = § 9 Abs. 1 bis 4 LPartG werden die Entscheidungsbefugnisse der Stiefeltern auf „Angelegenheiten des täglichen Lebens“ des Kindes beschränkt. Dies sind Angelegenheiten, die häufig vorkommen, keine schwierig abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben und jederzeit wieder abänderbar sind. I. d. S. sind Angelegenheiten des täglichen Lebens, z. B. Alltagsfragen wie das schulische Leben des Kindes, Schlafenszeiten, Essensfragen, TV-Konsum, Umgang mit Freunden, Höhe des Taschengeldes, z. T. auch gewöhnliche medizinische Fragen. Voraussetzung für das kleine Sorgerecht ist eine wirksame Ehe bzw. eingetragene Lebenspartnerschaft mit dem anderen Elternteil.

     

    MERKE | Dem nicht ehelichen Partner steht das kleine Sorgerecht nicht zu. Eine analoge Anwendung auf die nicht eheliche Lebensgemeinschaft wird abgelehnt (Veit in: Bamberger/Roth, BGB, 4. Aufl., § 1687b Rn. 2).

     

    Weitere Voraussetzung ist, dass der andere Elternteil, mit dem der Stiefelternteil zusammenlebt, das alleinige Sorgerecht hat. In den meisten Fällen gibt es auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht. Auch in diesen Fällen besteht das sog. kleine Sorgerecht nicht.

     

    Ferner muss es eine Hausgemeinschaft von Kind und Stiefelternteil geben. Bei alldem muss zwischen dem Stiefelternteil und dem sorgeberechtigten Elternteil Einvernehmen bestehen. Damit sollen beide den gemeinsamen Willen zur Elternverantwortung im Bereich der Angelegenheiten des täglichen Lebens übernehmen (Veit, a. a. O. § 1687b BGB Rn. 6). Dieses Einvernehmen kann ausdrücklich erklärt werden oder konkludent geschehen. Das Gesetz spricht von „Mitentscheidung“. Daraus wird gefolgert, dass der Stiefelternteil in den einschlägigen Fallgestaltungen das Kind und nicht den allein sorgeberechtigten Elternteil nach außen vertritt. Daraus wird wiederum als praktische Konsequenz gefolgert, dass der Stiefelternteil z. B. mit dem Kind Routinearztbesuche durchführen oder Entschuldigungen für die Schule schreiben kann.

     

    Bei Gefahr in Verzug wird dem Stiefelternteil ein Notvertretungsrecht eingeräumt. Der Stiefelternteil darf allein handeln und entscheiden, er muss nur den sorgeberechtigten Elternteil unverzüglich unterrichten, § 1687b Abs. 2 BGB.

     

    Nach § 1687b Abs. 3 BGB kann das Familiengericht die Befugnisse des Stief-elternteils einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegründung sollen fortlaufende Streitigkeiten der Eltern genügen, soweit sie dem Wohl des Kindes zum Nachteil gereichen, um die Eingriffsschwelle für das Familiengericht zu erreichen. In der Praxis sind aber Entscheidungen hierzu kaum zu finden, weil eine Trennung der Partner gem. § 1687b Abs. 4 BGB das kleine Sorgerecht beseitigt.(St)

    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 3 | ID 49739772