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  • · Fachbeitrag · Umgangsrecht

    Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils

    von VRiOLG a.D. Dr. Jürgen Soyka, Meerbusch

    | Nach dem paritätischen Wechselmodell lebt ein Kind annähernd gleich bei den Elternteilen. Der BGH hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen dieses Modell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann ( BGH 1.2.17, XII ZB 601/15, Abruf-Nr. 192446 ). Dazu im Einzelnen. |

    Sachverhalt

    Der Vater (V) und die Mutter (M) des im April 2003 geborenen Sohnes (S) sind geschieden. Sie sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der S besucht alle 14 Tage den V am Wochenende. Außerdem vereinbarten die Eltern den Umgang in den Ferien. Der V erstrebt die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells als Umgangsregelung. Er will den S im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Montag nach Schulschluss bis zum folgenden Montag zum Schulbeginn zu sich nehmen. Außerdem begehrt er die gleiche Aufteilung der Ferien und Feiertage sowie eine gegenseitige Information der Eltern über die Belange des S. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde blieb erfolglos. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

     

    • a) Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht. Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.
    • b) Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.
    • c) Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes.
    • d) Das Familiengericht ist im Umgangsverfahren zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs dem Kindeswohl am besten entspricht. Dies erfordert grundsätzlich auch die persönliche Anhörung des Kindes.