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  • · Fachbeitrag · Ehegattenunterhalt

    Haager Unterhaltsprotokoll: Berücksichtigung der Einrede nach Art. 5 in der Revisionsinstanz

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    • 1. Das Begehren eines Ehegatten, die Auflösung des Scheidungsverbunds vor einer abschließenden Entscheidung über eine Folgesache in der Rechtsmittelinstanz zu verhindern, vermag die für ein Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch erforderliche Beschwer nicht zu begründen (im Anschluss an FamRZ 87, 264).
    • 2. Die erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einrede nach Art. 5 HUP ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und des danach berufenen Sachrechts auf einem Verfahrensfehler beruht, die der Einrede zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig sind und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die eine ausnahmsweise Berücksichtigung neuer Tatsachen nach der Rechtsprechung des BGH in der Revisionsinstanz zulassen (im Anschluss an FamRZ 09, 1990 Rn. 27 und FamRZ 02, 318, 319 m.w.N.).
    • 3. Gibt der aus dem Ausland stammende Unterhaltsberechtigte ehebedingt seine Erwerbstätigkeit auf und wird er später erwerbsunfähig, ist die fiktive Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach Rückkehr in sein Heimatland so zu bemessen, als hätte er dort bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit durchgehend gearbeitet und einen entsprechenden Rentenanspruch erworben (im Anschluss an FamRZ 13, 534 Rn. 24).
    • 4. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist ein Erwerbstätigenbonus nicht zu berücksichtigen.

    (BGH 26.6.13, XII ZR 133/11, FamRZ 13, 1366), Abruf-Nr. 132415)

     

    Sachverhalt

    Die Antragsgegnerin begehrt vom Antragsteller nachehelichen Unterhalt sowie einen vermögensrechtlichen Ausgleich. Der Antragsteller ist Deutscher, die Antragsgegnerin ist Schweizerin. Vor ihrer Heirat schlossen sie einen notariellen Ehevertrag. Darin haben sie Gütertrennung vereinbart und geregelt, dass der Ehegatte, der im Beruf oder Gewerbe des anderen erheblich mit gearbeitet hat, eine Entschädigung erhalten soll. Zum nachehelichen Unterhalt haben sie einen Verzicht für den Fall vereinbart, dass beide bis zum Zeitpunkt des Getrenntlebens berufstätig waren und keine gemeinsamen Kinder vorhanden sind. Hat ein Ehegatte wegen Kindererziehung seinen Beruf zeitweise nicht ausgeübt, ist ihm Unterhalt zu zahlen, der sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemisst, wenn er durch die Erziehung der Kinder bedingt in seinem Beruf noch nicht oder nicht voll tätig ist. Dieser Unterhalt ist so lange zu zahlen, bis sich der Ehegatte ohne Gefährdung der Kindererziehung und des Kindeswohls selbst unterhalten kann.

     

    Die Parteien lebten bis zur Trennung in Deutschland. Anschließend verzog die Antragsgegnerin in die Schweiz. Aus der Ehe ist ein 1990 geborener Sohn hervorgegangen, der bei ihr lebt. Die Antragsgegnerin arbeitete bis zur Eheschließung in der Schweiz. Nach der Heirat war sie im Unternehmen des Antragstellers angestellt. Er zahlte ihr neben Lohn und Haushaltsgeld monatliche Beträge zur freien Verfügung. Die Antragsgegnerin übernahm die Betreuung des gemeinsamen Kindes und die Haushaltsführung. Sie ist erwerbsunfähig. Der Antragsteller ist Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH, Präsident der Handwerkskammer und Mitglied des Aufsichtsrats einer Landesmesse und einer weiteren Unternehmensgruppe.

     

    Das AG hat die Ehe mit Zustimmung der Antragsgegnerin geschieden. Ferner hat es den Versorgungsausgleich (VA) durchgeführt und dabei Rentenanwartschaften auf ihr Versicherungskonto übertragen. Zudem hat es den Antragsteller nach deutschem Recht verurteilt, nachehelichen Unterhalt und einen Einmalbetrag zu zahlen. Auf die Berufung der Parteien hat das OLG den Unterhalt heraufgesetzt und die Einmalzahlung reduziert. Im Übrigen hat es den Scheidungsausspruch und die Entscheidung zum VA bestätigt. Dagegen wenden sich die Parteien mit ihren Revisionen. Das Rechtsmittel zum Scheidungsausspruch hat der BGH verworfen und im Übrigen auf die beiderseitigen Revisionen die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Revision des Antragstellers ist teilweise begründet, die der Antragsgegnerin ist teilweise unzulässig und soweit zulässig nur teilweise begründet.

     

    Revision gegen den Scheidungsausspruch ist unzulässig

    Zwar ist ein zum Zweck der Aufrechterhaltung der Ehe eingelegtes Rechtsmittel auch ohne formelle Beschwer des Rechtsmittelführers zulässig. Dieser muss aber das Ziel, die Ehe aufrecht zu erhalten, eindeutig und vorbehaltlos verfolgen. Dies ist hier nicht der Fall. Denn die Antragsgegnerin hat sich die Rücknahme ihrer Zustimmung zur Scheidung für den Fall vorbehalten, dass im Revisionsverfahren Folgesachen zu ihrem Nachteil entschieden würden. Damit fehlt es am vorbehaltlosen Festhalten an der Ehe. Eine Beschwer ist nicht darin zu sehen, dass sie die Auflösung des Scheidungsverbunds vor einer abschließenden Entscheidung über die Folgesachen verhindern möchte. Der Grundsatz des Scheidungsverbunds, dass die Scheidung erst ausgesprochen werden darf, wenn die mit ihr zusammenhängenden Folgesachen geklärt werden, gilt nur für die erste Instanz. Werden mehrere Folgesachen isoliert angefochten, gilt der Verbund nur für diese.

     

    Unerheblich ist, dass der Scheidungsausspruch nicht erkennen lässt, auf wessen Antrag die Scheidung erfolgt ist. Darin besteht keine Rechtsbeeinträchtigung, weil sich dies nicht für die Ehegatten auswirkt.

     

    Unterhalt wegen Krankheit nicht ausgeschlossen

    Zu billigen ist, dass das OLG einen Ausschluss des Unterhalts wegen Krankheit aufgrund des Ehevertrags verneint hat. Denn ein Ausschluss soll nur für den Fall gelten, dass beide Ehegatten bis zum Zeitpunkt des Getrenntlebens berufstätig gewesen und keine gemeinsamen minderjährigen Kinder vorhanden seien. Damit ergibt sich aus dem Wortlaut, dass der Ausschluss nicht gelten soll, wenn ein Ehegatte nicht bis zum Zeitpunkt des Getrenntlebens berufstätig war. Die Eheleute haben nicht an einen Unterhalt wegen Krankheit gedacht. Daher ist der Ehevertrag ergänzend auszulegen.

     

    Es greift deutsches Recht

    Das OLG hat zu Unrecht Schweizer Sachrecht angewandt. Es greift deutsches Recht. Offenbleiben kann, ob das HUP im Verhältnis zur Schweiz dem Grunde nach bzw. bezogen auf die entsprechenden Übergangsvorschriften hier grundsätzlich unanwendbar und deshalb nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen 1973 (HUÜ 73) deutsches Recht anzuwenden ist. Jedenfalls hätte der Antragsteller sich für den Fall einer Anwendung des HUP erfolgreich auf Art. 5 HUP berufen, wonach ohnehin deutsches Sachrecht berufen wäre.

     

    Die Schweiz ist dem HUP nicht beigetreten. Gemäß Art. 15 EG-VO Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit sowie das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18.12.08 (EuUnthVO) bestimmt sich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht für die Mitgliedsstaaten, die durch das HUP gebunden sind, nach jenem Protokoll. Die EuUnthVO ist gemäß Art. 76 Abs. 3 seit dem 18.6.11 anwendbar. Der Beschluss des Rates vom 30.11.09 über den Beitritt zum HUP sieht die innergemeinschaftliche Billigung des HUP, die Ermächtigung zu seiner rechtsverbindlichen Unterzeichnung, die vorläufige Anwendung ab dem 18.6.11 sowie eine intertemporale Übergangsregelung in Abweichung zum HUP vor. Ausweislich Art. 18 HUP ersetzt dieses Protokoll im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten das HUÜ 73. Da das HUP zwar auch im Verhältnis zu nicht Vertragsstaaten anwendbar ist, die Schweiz aber nicht beigetreten ist, ist streitig, ob es gleichwohl auf sie anwendbar ist:

     

    • Eine Meinung stellt maßgeblich auf Art. 18 HUP ab und lehnt deswegen eine Anwendung im Verhältnis zur Schweiz ab.

     

    • Eine Gegenansicht beruft sich auf Art. 2 HUP. Danach ist das vom Übereinkommen bestimmte Recht unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit anzuwenden, auch wenn es das Recht eines Nicht-Vertragsstaats ist.

     

    Der Streit kann offenbleiben, weil unabhängig davon deutsches Recht greift. Nach Art. 8 HUÜ 73 ist für die Unterhaltspflicht zwischen Geschiedenen das auf die Scheidung angewandte Recht maßgebend. Das ist deutsches Recht, Art. 17 Abs. 1 S. 1 i.V. mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB. Bei Anwendung des HUP ist auch deutsches Sachrecht anzuwenden. Art. 5 HUP regelt Folgendes: Art. 3 HUP, der für Unterhaltspflichten das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten als maßgeblich anordnet, greift nicht, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet. Zudem muss das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, zur Ehe eine engere Verbindung aufweisen.

     

    Der Antragsteller hat sich erst in der Revisionsinstanz auf Art. 5 HUP berufen. Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist neues Tatsachenvorbringen in dieser Instanz grundsätzlich unbeachtlich. Dies ist aber einschränkend auszulegen, wenn es sich um Tatsachen handelt, die unstreitig sind oder deren Vorliegen in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten sind und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Daher ist die Berufung auf Art. 5 HUP zuzulassen. Zwar hätte der Antragsteller die Einrede früher erheben können. Dass er dies nicht getan hat, beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler. Denn das Berufungsgericht hat nicht darauf hingewiesen, dass es beim Unterhalt nicht das HUP und damit Schweizer Sachrecht zugrunde legen werde. Dies ist ein Verstoß gegen die Hinweispflicht, § 139 ZPO. Daher war es dem Antragsteller verwehrt, sich im Berufungsverfahren auf Art. 5 HUP zu berufen. Er muss dies daher in der Revisionsinstanz nachholen können.

     

    Antragsgegnerin hat Anspruch auf Krankheitsunterhalt

    Der Krankheitsunterhalt bemisst sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern nach dem angemessenen Lebensbedarf der Berechtigten. Denn nach dem Ehevertrag soll ihr kein Unterhalt zustehen, wenn sie bis zum Zeitpunkt der Trennung vollschichtig erwerbstätig ist. Ihr soll demnach das zustehen, was sie aufgrund ihrer Erwerbsmöglichkeit verdienen konnte. Dies richtet sich nach der Rente, die sie in der Schweiz bezogen hätte, wenn sie dort ununterbrochen erwerbstätig gewesen wäre. Zutreffend hat das OLG eine entsprechende Rente ausgerechnet. Problematisch ist aber die Steuerlast. Maßgebend ist der Grundtarif für Alleinstehende, weil die Antragsgegnerin ohne die Ehe kinderlos geblieben wäre. Dies kann aber dahinstehen. Denn das OLG ist davon ausgegangen, dass der Antragsteller wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit nur einen geringeren Unterhalt zahlen muss als denjenigen, der sich nach der Lebensstellung der Unterhaltsberechtigten ergeben würde. Zutreffend hat das OLG die Einkünfte aus der ehrenamtlichen Tätigkeit in die Einkommensermittlung bei der Leistungsfähigkeit einbezogen, selbst wenn es sich dabei um einen Karrieresprung gehandelt hat. Bei der Leistungsfähigkeit sind sämtliche Einkünfte zu beachten, unabhängig davon ob sie eheprägend sind oder nicht.

     

    Das OLG hat den Unterhalt zu Recht zurzeit nicht begrenzt. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf scheidet aus, da die Ehefrau ihren Bedarf ohnehin nur nach ihrer eigenen Lebensstellung bemessen darf, sodass der eheangemessene Bedarf überhaupt nicht auszugleichen ist.

     

    Eine Befristung ist auch abzulehnen, weil der Unterhalt den ehebedingten Nachteil widerspiegelt, der sich daraus ergibt, dass die Antragsgegnerin sich in der Ehe um Haushaltsführung und Kinderbetreuung gekümmert hat.

     

    Zwar wäre die Antragsgegnerin auch ohne die Ehe erwerbsunfähig geworden. Darin besteht kein ehebedingter Nachteil. Ihr sind aber die Renteneinbußen auszugleichen, die ihr aufgrund der Ehe bei Erwerbsunfähigkeit entstanden sind. Sie muss sich nicht auf einen Rentenbezug in Deutschland verweisen lassen, da sie ohne Eheschließung in der Schweiz geblieben wäre. Es ist zwar grundsätzlich kein ehebedingter Nachteil mehr gegeben, wenn sich der VA auswirkt, was auch bei der Erwerbsunfähigkeitsrente gegeben ist. Voraussetzung ist aber, dass der VA zum angemessenen Ergebnis geführt hat. Dies ist hier nicht der Fall. Denn die Altersvorsorge des Antragstellers als Selbstständiger unterfiel im Wesentlichen dem Zugewinnausgleich, der ausgeschlossen war.

     

    Unerheblich ist der Vortrag des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente hätte, wenn sie absprachegemäß nach der Kleinkindbetreuung wieder gearbeitet hätte. Denn es ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen. Dabei handelt es sich um objektive Umstände, die es nicht zulassen, dass bei der Abwägung nach § 1578b BGB eheliches Fehlverhalten aufgearbeitet wird. Daher kann der Unterhaltspflichtige nicht einwenden, dass er den Berechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten hat.

     

    Unerheblich ist ferner, dass die Antragsgegnerin mit den Barmitteln keine entsprechende Altersversorgung aufgebaut hat. Denn die Barbeträge sind ihr zur freien Verfügung geleistet worden.

     

    Antragsteller ist leistungsfähig

    Bei der Leistungsfähigkeit ist kein Erwerbstätigenbonus abzuziehen.

     

    Die nach der Trennung aufgenommenen Tätigkeiten sind bei der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, da es nicht darauf ankommt, ob es sich um eheprägende oder nicht eheprägende Einkünfte handelt. Denn bei der Leistungsfähigkeit sind sämtliche Einkünfte zu berücksichtigen. Das OLG hat aber zutreffend die Tätigkeit des Antragstellers im Aufsichtsrat der Landesmesse und als Präsident der Handwerkskammer als überobligatorisch angesehen und nur zur Hälfte zugrunde gelegt.

     

    Das OLG hätte daher auch den Wohnvorteil des Antragstellers in die Unterhaltsberechnung einbeziehen müssen.

     

    Einer Verpflichtung, die Zahlung in Schweizer Franken zu tenorieren, steht § 308 Abs. 1 ZPO entgegen, weil die Antragsgegnerin beantragt hat, ihr den Unterhalt in Euro auszuzahlen. Die in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld und eine auf die inländische Währung lautende Geldschuld sind nicht gleichartig. Daher muss der Klageantrag auch eindeutig bestimmen, in welcher Währung die Schuld entrichtet werden soll.

     

    Auslegung des Ehevertrags zum Vermögensausgleich ist zutreffend

    Die Auslegung, dass die Zahlung zur freien Verfügung als eine Ausgleichszahlung zur Vermögensbildung gemeint ist, ist nicht zu beanstanden. Denn die Antragsgegnerin konnte aufgrund der Kindererziehung eigenes Vermögen nicht in dem Maße aufbauen wie der Antragsteller. Dieser hat die Zahlungspflicht auch erfüllt, weil er ihr Haushaltsgeld, Lohn und einen Betrag zur freien Verfügung gezahlt hat. Dies entsprach der langjährigen Übung der Parteien. Es ist davon auszugehen, dass sie die Beträge als vertragsgemäß angesehen haben. Das OLG durfte daher die Angemessenheit der geleisteten Zahlungen nicht nachträglich abweichend von den Vorstellungen der Parteien beurteilen, zumal die Eheleute keinen festen Betrag vereinbart haben.

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BGH enthält interessante Ausführungen zur Auslegung eines Ehevertrags, zur Unterhaltsbegrenzung und zur Leistungsfähigkeit.

     

    Zur Auslegung des Ehevertrags

    Da nach dem Ehevertrag ein Unterhaltsverzicht nur für den Fall gelten sollte, dass beide Ehegatten bis zum Getrenntleben berufstätig waren, hat der BGH den Vertrag wie folgt ausgelegt: Eine Teilhabe an den besseren Einkünften des anderen sollte grundsätzlich ausgeschlossen werden. Darin liegt ein Verzicht auf den Aufstockungsunterhalt. Dies hat der BGH bei der Anpassung des Ehevertrags berücksichtigt. Diese war erforderlich, weil die Berechtigte mittlerweile erwerbsunfähig ist und zum Zeitpunkt des Getrenntlebens nicht mehr berufstätig war. Daher hat der BGH ihren Bedarf nach ihrem eigenen angemessenen Bedarf bemessen. Grenze des Bedarfs ist das Einkommen, das sie bei einer vollschichtigen Tätigkeit verdienen könnte. Dabei war auch zu beachten, dass sie erwerbsunfähig ist. Da auch der Unterhalt wegen Krankheit ausgeschlossen war, konnte man aufgrund der Auslegung davon ausgehen, dass sich die Eheleute auch angemessen für den Fall der Krankheit abgesichert haben. Daher hat der BGH den angemessenen Bedarf danach bemessen, welche Einkünfte die Berechtigte erzielen würde, wenn sie ohne die Eheschließung in der Schweiz verblieben wäre. Dies ist nicht plausibel. Diese Betrachtungsweise wäre gerechtfertigt, wenn bei Abschluss des Ehevertrags festgestanden hätte, dass beide in der Schweiz leben und sie ihre Erwerbstätigkeit dort fortsetzen würden. Dies ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Die Frage, welches Einkommen die Ehefrau in der Schweiz erzielen würde, ist maßgebend für die Frage des ehebedingten Nachteils. Sie ist nicht entscheidend dafür, welcher angemessene Lebensbedarf nach dem Ehevertrag zugrunde gelegt worden ist, wenn eine Beteiligung an den besseren Einkünften des anderen ausgeschlossen sein sollte.

     

    Daran knüpft auch die Besteuerung der Erwerbsunfähigkeitsrente an. Die Steuerlast eines nicht verheirateten Steuerpflichtigen ist bedeutsam für den ehebedingten Nachteil, nicht aber für die Frage, welche Einkünfte die Eheleute im Ehevertrag als auskömmlich zugrunde gelegt haben. Hier hätten die Einkünfte aufgrund der Eheschließung und die dadurch bedingte andere (deutsche) Steuerlast berücksichtigt werden müssen, weil die Eheleute ihre Einkünfte im Ehevertrag unter Berücksichtigung der Eheschließung berechnet haben. Auch darüber verhält sich die Entscheidung nicht eindeutig.

     

    Zum ehebedingten Nachteil und zur Unterhaltsbegrenzung

    Der BGH knüpft beim angemessenen Lebensbedarf der Unterhaltsberechtigten an seine Entscheidung vom 16.1.13 (FuR 13, 271; 171 und 293) an. Danach richtet sich dieser Bedarf beim ausländischen Ehegatten, der wegen der Ehe sein Heimatland verlassen hat, nach seinen Einkünften, die er im Heimatland beziehen würde, hätte er die Ehe nicht geschlossen. Die Erwerbsunfähigkeit war hier kein ehebedingter Nachteil. Der BGH hat die Problematik angesprochen, wenn der Berechtigte hypothetische Karriereverläufe geltend macht, die zur höheren Erwerbsunfähigkeitsrente geführt hätten. Er bleibt dabei, dass der VA, der sich auf die Erwerbsunfähigkeitsrente auswirkt, ehebedingte Nachteile abschließend regelt. Diese sind bei § 1578b BGB nicht mehr zu beachten. Hier hat der BGH anders entschieden, weil der VA nicht zum angemessenen Ergebnis geführt hat, da der Ehemann als Selbstständiger keine Anwartschaften auf eine Altersrente erzielt hat. Bei der Leistungsfähigkeit ist kein Erwerbstätigenbonus anzusetzen. Damit folgt der BGH der überwiegenden Ansicht.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 22 | ID 42374773